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Fortschritt nach Rücktritt?

Die Fragen stellte Martin Schrader16. Februar 2007

In den Palästinensergebieten wird mit der Bildung einer Einheitsregierung begonnen. DW-WORLD sprach mit dem Nahost-Experten Reiner Bernstein über die Rolle der Saudis und die Zukunft des Nahost-Quartetts.

Mahmud Abbas hat Ismail Hanija
Mahmud Abbas hat Ismail Hanija mit der Bildung einer Einheitsregierung beauftragt (Archivbild)Bild: AP

DW-WORLD.DE: Signalisiert der neue Auftrag zur Regierungsbildung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas an den Ministerpräsidenten Ismail Hanija eine neue Einigkeit zwischen Hamas und Fatah?

Reiner Bernstein: Wenn man sich die Vereinbarung von Mekka anschaut, dann scheint es sich dabei um einen Formel-Kompromiss zwischen Fatah und Hamas zu handeln. Es sind vier Punkte genannt worden, die darauf hinauslaufen, die Verständigung zwischen Hamas und Fatah neu zu konstituieren. In dem Brief, den Abbas an Hanija geschickt hat, wird deutlich, dass es jetzt darauf ankommt, eine neue Regierung zu bilden. Dafür wird Hanija jetzt fünf Wochen Zeit haben. Entscheidend werden nicht die Punkte sein, die in Mekka vereinbart worden sind, sondern das Regierungsprogramm, das Hanija auf die Beine stellen wird. Dabei kommt es insbesondere auf die personelle Zusammensetzung an, in der Hanija die Regierung vorstellt.

Besteht jetzt die Möglichkeit, dass sich etwas substantiell ändert?

Ja, die gibt es. Die Hamas hat in den vergangenen Wochen eine lange Strecke zurückgelegt, indem sie Realitäten anerkannt hat. Es ist mehrfach von der Hamas gesagt worden, dass die Existenz des Staates Israel unbestritten ist. Das ist ein wichtiger Punkt. Ob nun in Mekka eine Anerkennung der von der PLO unterschriebenen Vereinbarung zum Ausdruck kommt, mag dahingestellt bleiben. Tatsache ist zunächst einmal, dass sich die Hamas bewegt hat.

Welche Probleme wird Hanija bei der Regierungsbildung haben?

Ich denke, es wird die Innenpolitik sein. Die wichtige Frage wird sein, wer über die Sicherheitsdienste gebietet. Da gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Es ist vereinbart worden, dass der neue Innenminister von Hanija benannt wird. Der muss aber von Abbas abgesegnet werden. Dies wird der größte Stolperstein sein. Wenn beide Seiten auf ihre jeweiligen personellen Vorstellungen bestehen, wird es an dieser Stelle den größten Krach geben.

Wie beurteilen Sie die Rolle der Saudis in den Verhandlungen zwischen Fatah und Hamas?

Die Saudis haben, nachdem die Ägypter gescheitert sind, den Versuch unternommen, das Heft in die Hand zu nehmen und eine Verständigung unter den Palästinensern herbeizuführen. Das Problem in den vergangenen Monaten war, dass durch den Boykott des Nahost-Quartetts die Iraner stärkeren Einfluss auf Hamas genommen haben. Das konnte den Saudis nicht recht sein, weil der Export der schiitischen Revolution das Regime in Riad bedroht. Durch die saudische Initiative ist der Konflikt regionalisiert worden. Die "internationale Gemeinschaft" spielt in der aktuellen Phase keine entscheidende Rolle.

Was kann das Nahost-Quartett gegen ein Abgleiten in die Bedeutungslosigkeit tun?

Das Nahost-Quartett ist gespalten. Die Amerikaner stehen auf der Seite Israels und möchten die drei Grundvoraussetzungen erfüllt sehen: Die Anerkennung Israels, ein Verzicht auf Gewalt und die Anerkennung unterschriebener Vereinbarungen. Bei den anderen Quartett-Mitgliedern, insbesondere Frankreich und Russland, gibt es deutliche Akzentveränderungen. Sie wollen den Boykott der Hamas-Regierung sofort beenden. Deshalb wird es auch innerhalb des Quartetts eine neue Diskussion darüber geben, wie man mit der Vereinbarung von Mekka umgehen wird. Die Quartett-Mitglieder müssen jetzt Farbe bekennen und sagen, was sie eigentlich wollen. Sie können die Dinge nicht einfach laufen lassen.

Am Montag (19.2.2007) treffen sich Condoleezza Rice, Mahmud Abbas und Ehud Olmert in Jerusalem. Wird man dort Fortschritte erzielen können?

Die Voraussetzungen scheinen nicht besonders günstig zu sein. Es gibt keine Tagesordnung. Die Themen, die Mahmud Abbas vorgeschlagen hat, nämlich die Jerusalem-Frage und das Flüchtlingsproblem, stehen nicht auf der Tagesordnung, weil sie von der israelischen Regierung abgelehnt wurden. All das deutet darauf hin, dass es eine Verhärtung von Hamas geben könnte, wenn es am Montag nicht zu einem Durchbruch kommt. Es kommt jetzt darauf an, wie die Israelis auf die Vereinbarung von Mekka reagieren werden und ob sie darin auch eine politische Substanz erkennen können. Sowohl die Israelis als auch die Amerikaner sind gegenüber dem Mekka-Dokument sehr zurückhaltend. Ich halte das für einen Fehler.

Reiner Bernstein ist Gründungsmitglied des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises für Frieden im Nahen Osten und arbeitet als freier Publizist und Autor.

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