Wegen der Corona-Pandemie fällt das Oktoberfest in der ursprünglichen Form am altbekannten Platz aus. Aber es lebt in anderer Weise und an anderen Orten. Ein Blick nach Bayern - und darüber hinaus.
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O'zapft is…bisher noch nicht. Zumindest nicht in München. Dort ist es gute Tradition, dass der Oberbürgermeister zum Start des Oktoberfests den Anstich des ersten Bierfasses mit den Worten "O'zapft is" übernimmt. Zu hochdeutsch: Es ist angezapft. Damit wird seit Jahrzehnten das größte Volksfest der Welt offiziell eröffnet - bis zu diesem Jahr. Corona hat dem bierseligen Brauchtum einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Das Münchner Oktoberfest - mit mehr als sechs Millionen Besuchern jährlich ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Stadt und die Region - wurde abgesagt. Zwar ist es seit seinem Ursprung 1810 bereits 24 Mal abgesagt worden - unter anderem wegen Kriegen und Cholera-Epidemien -, seit gut 70 Jahren allerdings nicht mehr. Dann kam Corona.
Kein Oktoberfest in diesem Jahr
Jetzt ist es offiziell: Die Wiesn, eines der größten Volksfeste der Welt, wird in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Fans sind traurig, Wirte besorgt, Politiker entschlossen.
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München ohne Oktoberfest
Leere Bierbänke, verwaiste Zelte: Das Oktoberfest muss in diesem Jahr eine Zwangspause einlegen. Sonst tummeln sich hier über sechs Millionen Besucher, im vergangenen Jahr kamen Gäste aus 45 Ländern für das Fest nach München. In diesem Jahr zeichnet sich ein einsames Bild ab.
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Keine leichte Entscheidung
Das Oktoberfest lebe von der Stimmung in den vollen Zelten, von vielen gemeinsam feiernden Menschen – aber man müsse auf die bayerische Bevölkerung und natürlich auf die Besucher aus aller Welt aufpassen, so begründete Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (r.) die Absage. Aber er zeigte sich auch optimistisch: 2021 werde man aller Voraussicht nach besonders schön und intensiv zusammen feiern.
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Nicht die erste Absage
Das wohl bekannteste Bierfest der Welt steigt seit 1810 in der bayerischen Landeshauptstadt München. Die diesjährige Pause ist nicht die erste in der Geschichte des Volksfestes: Wegen der Cholera wurden die Wiesn 1854 und 1873 abgesagt. Auch während der Weltkriege wurde das Fest gestrichen, ebenso 1923 in der Phase der Hyperinflation.
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Viele Branchen betroffen
Für Landwirte, Taxifahrer, Einzelhändler, Bierbrauer und viele andere Branchen ist das Oktoberfest ein Riesengeschäft. Die Absage ist ein schwerer Schlag und mit großen Einbußen verbunden. Über 1,2 Milliarden Euro Umsatz hat das feucht-fröhliche Volksfest im vergangenen Jahr eingebracht. Zwischen 10,80 und 11,80 Euro kostete 2019 die Maß. Dieses Jahr wird hingegen trocken werden.
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Verständnis trotz Enttäuschung
Die Wiesnwirte reagierten mit großem Bedauern, aber auch Verständnis. Die Absage berühre die Wirte auch emotional, sagte der Sprecher der Wiesnwirte, Peter Inselkammer (Foto, aufgenommen beim Oktoberfest 2019) , aber "die Gesundheit unserer Gäste liegt uns besonders am Herzen und hat oberste Priorität."
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Positiv denken
Die Wiesn hätte vom 19. September bis 4. Oktober stattfinden sollen. Noch ist der Terminkalender auf der offiziellen Webseite des Oktoberfestes nicht aktualisiert. Die Betreiber werden sie bald überarbeiten müssen - so voll werden die Bierzelte voraussichtlich erst wieder 2021 sein.
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Eigentlich hätte es, wie üblich, in der zweiten September-Hälfte beginnen sollen. Aber bereits am 21. April hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verkündet, dass das Oktoberfest wegen der Corona-Pandemie ausfallen muss. Wer heute auf der offiziellen Internetseite des Oktoberfests schaut, findet dort den sehr deutlichen Hinweis: "Das Oktoberfest 2020 findet aufgrund der Corona-Pandemie nicht statt und wird ersatzlos gestrichen." Wirklich ersatzlos gestrichen?
Der Ersatz ist kein Ersatz
Stattdessen gibt es in diesem Jahr erstmals in München die Veranstaltung "Sommer in der Stadt". Dabei gibt es neben vielen Ständen und Buden auch Fahrgeschäfte über das Münchner Stadtgebiet verteilt - darunter auch zwei Riesenräder und die größte transportable Wildwasserbahn der Welt. Wer allerdings bei der Stadt München anruft und den Satz beginnt mit "Statt des Oktoberfests gibt es ja nun 'Sommer in der Stadt'…" wird sofort korrigiert. "Sommer in der Stadt" sei kein Ersatz für das Oktoberfest, sondern mal ein Experiment. Auch gut.
Bei "Sommer in der Stadt" wird auf die Corona-Hygiene- und -Abstandsregeln geachtet. Die Fahrgeschäfte und Buden sind über die Stadt verteilt, damit es erst gar nicht zum Oktoberfest-typischen Gedränge kommt. Die Veranstaltung, die am 24. Juli begonnen hat und mindestens bis zum 6. September läuft, soll auch die durch die Corona-Pandemie arg gebeutelten Schausteller unterstützen. Was bei den meisten Jahrmärkten bisher völlig undenkbar war, ist hier normal: Die Schausteller müssen keine Standgebühr für ihre Buden und Fahrgeschäfte zahlen. Für die Schausteller ist das gut.
Schausteller in Not
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Aber angesichts der über Straßen und Plätze verteilten Attraktionen und den Abstands- und Hygieneregeln wird wohl beim Besucher kein richtiges Oktoberfest-Feeling aufkommen. Soll es ja aber auch nicht. Ist ja schließlich kein Oktoberfest. Aber vielleicht gibt es da ja doch einen Oktoberfest-Ersatz?
Das Original-Oktoberfest in Mini
Berühmt ist das Münchner Oktoberfest ohnehin weniger für Süßigkeitenstände und Karussells als vielmehr für die zahlreichen riesigen Bierzelte, die Münchner Wirte betreiben. Und die haben sich nun einen Ersatz, nein: eine Alternative - also, sagen wir: etwas völlig Neues einfallen lassen. Die Wirtshauswiesn. Die soll am 19. September starten. Da hätte eigentlich das Oktoberfest beginnen sollen. Angedacht ist, dass die Gaststätten in der Innenstadt eine Art Mini-Oktoberfest veranstalten mit Wiesenbier, Hähnchen, Haxen und Brezeln - vielleicht sogar mit typischer Blasmusik.
Aber eigentlich ist das Mini-Oktoberfest ohnehin kein Ersatz, sondern eine Veranstaltung, die vielleicht näher am Original ist als das "echte" Oktoberfest. Gregor Lemke, Sprecher der Münchner Innenstadtwirte, sagte der Münchner Zeitung "tz": "Als 1810 die erste Wiesn stattgefunden hat, gab es keine Zelte. Es gab nicht diese Verpflegungsmöglichkeiten auf der Theresienwiese. Die Menschen sind danach in die Stadt gezogen, in die Wirtshäuser. Da haben wir eine Analogie zur Wirtshauswiesn." Aha. Durch Corona kehrt die Ursprungswiesn zurück. Naja, vielleicht ein wenig. Aber auch hier gilt: Abstand, Maske, Desinfektion. Nicht grade echtes Oktoberfest-Feeling. Das gibt es gerade woanders - gut 8000 Kilometer entfernt.
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Größtes Oktoberfest der Welt in Qingdao
Wer hätte gedacht, dass das größte Oktoberfest der Welt in diesem Jahr wegen Corona nicht im Ursprungsland des Oktoberfests, sondern im Ursprungsland des Coronavirus stattfindet? Ironie der Pandemie, könnte man es nennen. Bisher galt das Qingdao Beer Festival in der ostchinesischen Stadt Qingdao - mit vielen Anleihen ans Münchner Oktoberfest - als das zweitgrößte Oktoberfest der Welt. Da in diesem Jahr wegen Corona nicht nur das größte der Welt in München, sondern auch viele andere Oktoberfeste, die dem Münchner nacheifern, abgesagt wurden, nicht aber das in Qingdao, wird es in diesem Jahr wohl erstmals den Titel des größten Oktoberfests der Welt ergattern.
Das größte Bierfest Chinas, das die Veranstalter selber gerne als "Chinas Oktoberfest" bezeichnen, hat bereits begonnen und geht noch bis zum 23. August. Einige Hunderttausend Menschen werden erwartet. Sie müssen sich registrieren, beim Betreten des Geländes Masken tragen und ihre Körpertemperatur messen lassen. Das scheint sich nicht nachteilig auf die Besucherzahlen auszuwirken. Laut chinesischen Staatmedien sind zum Auftakt mehr Besucher gekommen als im vergangenen Jahr.
Zwei Konzepte - keine Lösung
Fassen wir zusammen: Das Oktoberfest in München findet nicht statt. Es ist frühzeitig abgesagt worden. Stattdessen gibt es nun mit "Sommer in der Stadt" und Wirtshauswiesn gleich zwei neue Veranstaltungen - mit Abstand- und Hygieneregeln und damit naturgemäß mit wenig Oktoberfest-Feeling.
Im chinesischen Qingdao hingegen findet das Oktoberfest statt, fast als wäre nichts gewesen. Auch wenn es hier Schutzmaßnahmen gibt, an der Menschenmenge scheint man sich dort nicht zu stören.
Weder der bayerische noch der chinesische Weg dürfte Fans des echten Oktoberfests in München zufriedenstellen. Am meisten Hoffnung macht noch die offizielle Seite des Oktoberfests. Dort steht unter der Überschrift "Wann findet das Oktoberfest im Jahr 2021 statt?" folgendes: "Der traditionelle Wiesn-Anstich ist am Samstag, den 18. September 2021, um 12 Uhr mittags". Hoffentlich bleibt es dabei.
Internationaler Tag des Bieres: So trinkt Deutschland
Heute feiert die Welt Internationalen Tag des Bieres. Perfekte Gelegenheit also für einen Blick auf Deutschlands Bierkult(ur).
Bild: picture-alliance/dpa/S. Pieknik
Bayern - Wiege des Reinheitsgebots
In Bayern stehen deutschlandweit die meisten Brauereien - rund 650 derzeit - außerdem liegt das größte Anbaugebiet für Hopfen in diesem Bundesland. Hopfen gilt als das Gewürz des Bieres. Kein Wunder also, dass das Reinheitsgebot 1516 hier erlassen wurde. Es legt fest, dass des Deutschen liebstes Getränk nur vier Zutaten enthalten darf: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe.
Bild: Kloster Weltenburg
Craftbeer - modernes Brauhandwerk
Neben den traditionellen Brauereien gibt es immer mehr experimentierfreudige junge Brauer wie Georg Schmidt mit seiner Mikrobrauerei "BrauStil" in Frankfurt am Main (Foto). Sie stellen neue, aromaintensive Sorten in geringen Mengen her, häufig mit Bio-Zutaten und starkem regionalem Bezug. Auch in Hamburg und Berlin boomt die sogenannte Craftbeerszene.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst
Phantastische Vielfalt - Qual der Wahl
Fakt ist: Deutschland ist Bierland. Mit nur vier Zutaten haben es deutsche Brauereien geschafft, mehr als 5500 Biermarken zu kreieren. Und es werden immer mehr: Jede Woche kommt mindestens ein neues Bier auf den Markt. Und es geht nicht nur um Klasse, sondern auch um Masse: Deutschland ist laut BarthHaas-Bericht weltweit die fünftgrößte Bierbrau-Nation. Auf Platz eins liegt China.
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm
Biergärten - Gemeinsam genießen
In Deutschland trinken viele ihr Bier in Gemeinschaft. Zum Beispiel im Biergarten. Biergärten sind in der Corona-Pandemie beliebt wie nie - durch die frische Luft und möglichen Abstand. Sie entstanden Anfang des 19. Jahrhunderts in Bayern. Die Brauer schenkten damals das Bier direkt aus ihren Kühlkellern am Ufer der Isar aus. Die Gäste saßen an einfachen Tischen und Bänken.
Bild: Ralph Peters/IMAGO
Eckkneipe - Tempel deutscher Bierkultur
Hier kann man auch drinnen genießen: Berliner Eckkneipen wie das "Willi Mangler" im Bezirk Schöneberg sind heute Kult. Die Mischung aus stickig-verbrauchter Luft, bodenständiger Hausmannskost und Stammpublikum macht den ganz speziellen Charme dieser Institutionen aus. Touristen kehren eher selten ein, hier trinken Kiezbewohner ihr Feierabend-Bier: frisch gezapft und unschlagbar günstig.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert
Trinkhallen - nie versiegende Quellen
Was dem Ruhrpott die Trinkhalle, ist dem Mainzer sein Büdchen und dem Berliner der Späti: Verkaufsstellen, an denen neben Zeitungen, Tabak und Süßigkeiten ganz sicher auch Bier zu haben ist. Sie entstanden vor mehr als 150 Jahren für den Verkauf von Wasser. Heute dienen sie dem großstädtischen Biertrinker als erweiterter Kühlschrank, denn der nächste Späti ist nie weit weg und fast immer offen.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kusch
Fußball und Bier - eine Symbiose
Bier sorgt bei den Fußball-Fans für Feierlaune oder tröstet bei Niederlagen der Mannschaft. Eigentlich. Doch Corona hat auch das zeitweilig geändert: War Publikum überhaupt in Stadien erlaubt, galt meist ein striktes Alkoholverbot. Bierselige Fangesänge waren daher seltener zu hören.
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Volksfeste - gehen nicht ohne
Schlager, Blasmusik und Rummelbuden - Zutaten für ein typisches deutsches Volksfest. Für viele schwer zu überstehen ohne Bier. Doch dann kam Corona und die Volksfeste pausierten. 2022 wird das größte deutsche Volksfest wieder stattfinden, wie der Oberbürgermeister von München erklärte. Die dortige "Wiesn" lockte in den Jahren vor der erzwungenen Pause jeweils um die sechs Millionen Besucher an.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Hörhager
Bier - geht eigentlich immer
Ob Hochzeitfeier, Ausstellungseröffnung oder Abhängen im Park - Bier passt in Deutschland zu fast jedem Anlass und darf auch in der Öffentlichkeit konsumiert werden. Lange galt es als Männergetränk, doch inzwischen ist es auch bei den 19- bis 24-Jährigen Frauen das beliebteste alkoholische Getränk.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Hein
Bierbrau-Seminare - So wird's gemacht
Wer sich über das Trinken hinaus für Bier begeistern kann, findet in Deutschland mehr als 30 Biermuseen, Angebote für Bierwanderungen und Bierbrau-Seminare. Hier kann man sein eigenes Bier kreieren. Teilnehmer lernen außerdem Biersorten und ihre Geschichte kennen, erfahren mehr über deutsche Brautradition und natürlich wird das Reinheitsgebot erklärt.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Hitij
Jedem Bier sein Glas - und Prost!
Bierglas ist nicht gleich Bierglas. Wer in München Bier bestellt, bekommt "eine Maß", also einen Glaskrug, der heute genau einen Liter fasst. In Köln muss man einige "Kölsch" trinken, um auf dieselbe Menge zu kommen. Vom Hefeweizen gibt es meist einen halben Liter - auf dem Foto ist das Glas ganz links mit einem dunklen Weißbier befüllt. Doch egal, ob klein oder groß, Bier schmeckt nur gekühlt.