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Das passiert beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch

Gudrun Heise
4. November 2022

Möchte eine Frau eine Schwangerschaft abbrechen, kann das operativ geschehen oder mithilfe der Abtreibungspille. Also einfach eine Tablette schlucken und das war's? Ganz so einfach ist es nicht.

Abtreibungspille Mifegyne
Ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch ist eine Alternative zu einer operativen AbtreibungBild: Manoocher Deghati/AFP/Getty Images

Der Schwangerschaftsabbruch mit der Abtreibungspille geschieht ohne Vollnarkose oder örtliche Betäubung. Vor einer operativen Abtreibung haben einige Menschen Angst. Für sie ist der Schwangerschaftsabbruch mithilfe der Abtreibungspille eine Alternative.

In Deutschland muss, genau wie bei einer operativen Abtreibung, vorher eine ausführliche Beratung durch eine Medizinerin oder einen Mediziner stattfinden. Sie klären zunächst durch eine Ultraschall-Untersuchung ab, in welcher Phase die Schwangerschaft ist, ob es medizinische Einwände gegen die Methode gibt, und klären die Schwangere über mögliche Nebenwirkungen und Kontraindikationen auf.

Zu letzteren gehört beispielsweise der Verdacht auf eine Eileiterschwangerschaft oder eine Blutgerinnungsstörung. Auch bei denjenigen, die Asthma haben, muss vor der Einnahme der Abtreibungspille sichergestellt sein, dass die Tabletten risikolos verabreicht werden können.  

In Deutschland ist eine ausführliche Beratung vor einem Abbruch verpflichtendBild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

Wie verläuft ein Abbruch?

Ist alles in Ordnung und es gibt keine Bedenken, muss die Schwangere als erstes das Medikament Mifegyne einnehmen. Es enthält den Wirkstoff Mifepriston, ein künstliches Hormon, das die Wirkung von Progesteron blockiert. Progesteron hilft im Körper dafür zu sorgen, dass eine Schwangerschaft bestehen bleibt. Nach der Einnahme von Mifygene wird der Gebärmutterhals weich und öffnet sich, Gebärmutterschleimhaut löst sich. Dabei stirbt der Embryo ab.

In Deutschland muss das Medikament unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden (während der Corona-Pandemie wurde eine Ausnahme gemacht - dazu später mehr). In Ländern wie den USA, wo die rechtliche Lage das Aufsuchen einer Arztpraxis für einen Schwangerschaftsabbruch problematisch macht, werden die Pillen auch nach Hause geschickt. Doch selbst das kann in Ländern wie Polen rechtliche Konsequenzen haben. 

Eingenommen werden kann das Mifepristonpräparat bis zum 63. Tag nach Beginn der letzten Monatsblutung. Übergibt sich die Schwangere nach der Einnahme innerhalb von 30 Minuten, muss sie erneut eine Tablette nehmen, da der Wirkstoff in diesem Fall möglicherweise nicht mehr im Körper ist.  

Patientinnen erhalten außerdem Informationen zu Ansprechpartnern, die helfen können, falls es zu unerwarteten Begleiterscheinungen kommt. Mediziner und Medizinerinnen raten dazu, zusätzlich eine Vertrauensperson zur Unterstützung in der Nähe zu haben. Wie bei jedem Eingriff in den Körper kann es auch bei der Einnahme der Abtreibungspille zu Komplikationen kommen. Das ist allerdings selten der Fall.  

Etwa 24 Stunden nachdem die Schwangere die Abtreibungspille eingenommen hat, kann es zu Blutungen und zu Krämpfen kommen, die denen während der Menstruation ähneln. Bei jeder vierten Schwangeren, die sich einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch unterzieht, kann das länger als 24 Stunden dauern. Gynäkologinnen und Gynäkologen raten dazu, bei Schmerzen ein Schmerzmittel einzunehmen. Bei einigen wenigen Personen wird der Embryo bereits zu diesem Zeitpunkt über eine stärkere Blutung abgestoßen.  

Bei der Einnahme der Abtreibungspille kann es zu Schmerzen kommenBild: picture-alliance/Keystone/C. Beutler

Was bewirken Prostaglandine? 

36 bis 48 Stunden nach der Einnahme von Mifegyne wird ein Prostaglandin-Präparat gegeben. Es löst Wehen aus, und die Gebärmutterschleimhaut sowie der darin eingenistete Embryo werden durch eine Blutung ausgestoßen, genau wie bei einer Fehlgeburt. Bis zur siebten Woche erhält die Schwangere das Präparat in Form von Tabletten, die geschluckt werden. Wenn die Schwangerschaft schon weiter fortgeschritten ist, werden die Tabletten vaginal eingeführt. 

Ist die Schwangere während des Prozesses unter ärztlicher Beobachtung und es kommt zu Nebenwirkungen wie etwa Durchfall, Unterbauchschmerzen oder Übelkeit und Erbrechen, werden entsprechende Medikamente gegeben.  

Es ist wichtig, etwa einen Monat nach dem medikamentösen Abbruch einen Schwangerschaftstest durchzuführen. Er gibt sie Sicherheit, dass die Schwangerschaft nicht fortbesteht. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass sich trotz korrekter Tabletteneinnahme noch Restgewebe in der Gebärmutter befindet, wird dieses dann durch einen operativen Eingriff entfernt. 

Gibt es Nebenwirkungen oder Komplikationen? 

Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sind häufige Nebenwirkungen, die bei einer medikamentösen Abtreibung auftreten. Gynäkologinnen und Gynäkologen raten dazu, Fachpersonal zu konsultieren, wenn die Symptome nicht innerhalb einer Woche verschwunden sind. Die Blutung nach einem medikamentösen Abbruch kann allerdings auch einige Wochen anhalten. Es kann auch zu Infektionen kommen, beispielsweise, wenn Tampons gegen die Blutungen eingesetzt werden.

Schwerwiegende Komplikationen nach einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch sind selten. Die natürliche Periode setzt meist innerhalb von vier bis sechs Wochen nach Einnahme der Medikamente wieder ein. Bereits zehn Tage nach dem Abbruch kann es zum Eisprung kommen, die Frau kann wieder schwanger werden. Entsprechend sollte auf jeden Fall verhütet werden.  

Ist Schwangerschaftsabbruch per Telemedizin möglich? 

Während der Corona-Pandemie war es für Frauen äußerst schwierig, einen Termin für einen Schwangerschaftsabbruch zu bekommen. Viele gynäkologische Praxen und Kliniken waren geschlossen. Um Frauen auch unter diesen ungewöhnlichen Umständen einen Schwangerschaftsabbruch zu ermöglichen, startete in Deutschland ein Pilotprojekt. Dahinter standen die Beratungsstelle pro familia, das Beratungszentrum balance und der Verein Doctors for Choice.

Das Ganze läuft per Videoschalte ab. Auf diese Weise können die Schwangeren mit einer Gynäkologin sprechen und sich beraten lassen. Das Medikament wird dann mit der Post zugeschickt. Noch ist allerdings nicht vorgesehen, dass aus der Initiative, die aus der Not geboren wurde, ein Standardverfahren wird. In Deutschland müssen die meisten Schwangeren also für eine medikamentöse Abtreibung vorerst weiterhin einen Arzt aufsuchen.

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