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Das unerträgliche Leben mit einem Narzissten

26. Juli 2019

Menschen mit einer narzisstischen Störung sind schwierige Beziehungspartner. Bei allem Verständnis für die geschundene Seele hinter dem aufgeblähten Ego: Wer sich nicht selbst verlieren will, geht besser schnell!

Symbolbild Narzissmus
Bild: picture-alliance/dpa/S. Pilick

"Schatz, ruh dich aus, ich gehe heute einkaufen." Ein Satz, den Sarah von ihrem Partner nie gehört hat. Nicht bevor sie mit dem gemeinsamen Sohn schwanger war, nicht währenddessen und schon gar, als der Kleine dann geboren war. Die Welt ihres Mannes, so erzählt es die 39-Jährige, dreht sich genau um einen Menschen: ihn selbst. 

Vor einigen Monaten hat Sarah die Beziehung beendet. Eine Beziehung, von der sie heute sagt, dass sie selbst wahrscheinlich jeder Freundin schon viel früher geraten hätte: "Geh! Der Typ zerstört dich." Seit der Trennung ist Sarah in einer Therapie. Die Therapeutin hat sie in ihrer Vermutung bestärkt: Fünf Jahre lang hat sie mit einem Narzissten zusammen gelebt.

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Wenig Empathie, viel Aggression

"Narzissten zeichnen sich durch Empathielosigkeit aus", sagt Bärbel Wardetzki. Sie ist Psychotherapeutin und Autorin einiger Bücher zum Thema Narzissmus. Narzisstische Menschen hören selten richtig zu, erzählen am liebsten von sich selbst und besitzen in Konfliktsituationen nur eine sehr geringe Frustrationstoleranz, sagt die Expertin.

Das war es auch, was Sarah als erstes auffiel. "Er hat bei ganz normalen Meinungsverschiedenheiten vollkommen überreagiert und Dinge gesagt wie 'wenn du das jetzt nicht auf sich beruhen lässt, dann ist es aus mit uns'. Ich fand das sehr merkwürdig und unangemessen." Wenn sie ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht extrem deutlich verbalisierte, dann seien die schnell unter den Tisch gefallen. Von sich aus hat er nicht danach gefragt, sagt Sarah.

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Sein Selbstbewusstsein, sein eigener Wille und seine Fähigkeit, ihr etwas entgegen zu setzen - das hat Sarah anfangs so an ihm fasziniert. Er imponierte ihr. Bewunderung ist das Lebenselixier der Narzissten. Wehe dem, der sie ihnen versagt! "Sie können übermäßig aggressiv reagieren, wenn jemand etwas tut, was nicht ihren Vorstellungen entspricht", sagt Wardetzki. Narzissten würden entweder bewundert oder wirkten einschüchternd. Statt zu loben und wertzuschätzen werten sie andere ab.

Trotz dieser für Narzissten typischen Verhaltensweisen ist der Begriff nicht leicht zu definieren, sagt Wardetzki. Der Übergang von positivem zu krankhaftem Narzissmus sei fließend. "Menschen, die sagen 'ich finde mich gut' haben einfach ein positives Selbstwertgefühl. Sie kennen auch Selbstzweifel, sind aber immer wieder in der Lage, sich innerlich zu regulieren und sich selbst zu trösten und zu unterstützen. Sie wissen um ihre Fähigkeiten und auch um ihre Grenzen."  

Großes Ego, nichts dahinter

Krankhafter Narzissmus speist sich hingegen aus einem schwer gestörten Selbstwertgefühl, so die Psychotherapeutin. Die tiefen Selbstzweifel müssen "durch den Aufbau eines übergroßen Selbst kompensiert werden."

Wie so häufig werden die entscheidenden Weichen in der Kindheit gestellt. Bei Narzissten handelt es sich um "emotional verwahrloste Kinder", wie Wardetzki sagt. Diese Verwahrlosung habe zwei Gesichter. "Entweder werden diese Kinder enorm überhöht und verwöhnt", erklärt die Psychotherapeutin. Laut Wardetzki sei dies ein beliebtes Erziehungsmittel unsere Zeit. Manch ein Kind könne nicht einen simplen Strich auf ein Blatt Papier zeichnen, ohne dass sich die Eltern vor Begeisterung überschlagen.

Die andere Seite der Medaille sei die permanente Entwertung des Nachwuchses. "Diese Kinder haben immer das Gefühl, nicht gut genug zu sein und nicht wirklich geliebt zu werden." 

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Das Ergebnis ist dasselbe: Wer ständig auf einen Thron gehoben oder aber andauernd zum Verlierer degradiert wird, fühlt sich nicht gesehen und angemessen gespiegelt. Ein Kind, das auf diese Weise aufwächst, entwickelt kein gesundes Selbstwertgefühl. Kein "es ist gut - so wie ich bin".

Sarah sagt über die Mutter ihres Ex-Partners, sie sei "eiskalt, ohne Emotionen". Der Sohn wurde früh abgegeben und wuchs bei seiner Tante auf. "Seine Tante war keine gute Person, er ist mit vielen Schlägen groß geworden." Seinen Vater habe er nie kennengelernt.

Ein Narzisst für mich? 

Sarah beschreibt sich selbst als eine "Kümmer-Natur", die immer helfen und die Dinge für andere regeln möchte. Der Mann sei ihr Projekt gewesen. Jemand, dem sie über die schlimmen Erfahrungen der Kindheit hinweg helfen und zeigen wollte, was wirkliche Liebe ist. "Ich habe mir eingebildet, dass, wenn ich nur lange genug durchhalte, es bei ihm 'klick' macht und er merkt, dass ich die einzig richtige Person für ihn bin."

Der Schuss ging gründlich nach hinten los. Die Weigerung ihres Ex-Partners, sich mit Sarahs Bedürfnissen auseinanderzusetzen, spitzte sich in der Schwangerschaft zu. "Er hatte kein Verständnis, wenn es mir mal nicht gut ging, und er hat auch generell kein Interesse gezeigt. Ich hatte den Eindruck, dass diese Zeit für ihn nur nervig und belastend war." 

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Die werdende Mutter bittet um mehr Rücksicht - vergeblich. Sie wird laut. Das ist der Moment, in dem er doch hellhörig wird. "Du schreist mich immer an, dann musst du dich auch nicht wundern, wenn ich dich nicht gut behandle." Das sei seine Lieblingsreaktion gewesen. "Weil ich ihm nicht die Anerkennung gegeben habe, die ihm seiner Meinung nach zusteht, hatte er außerdem ständig Affären", erzählt Sarah. Sei mal wieder eine seiner Lügen aufgeflogen, habe er alles abgestritten und seine Partnerin für verrückt erklärt. 

Mann oder Frau - wer lügt besser?

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Ein Fass ohne Boden

Der Umgang mit Narzissten ist eine Herausforderung an das eigene Selbstwertgefühl, sagt Bärbel Wardetzki. "Sie schaffen es in kürzester Zeit, dass man sich entwertet und mickrig fühlt, und nicht mehr die Person ist, die man eigentlich ist." Es sei wichtig, Position zu beziehen und sich nicht einschüchtern zu lassen.

Mit der Trennung hat Sarah diese Position bezogen und dem narzisstischen Mann damit seine verlässlichste Quelle der Bewunderung entzogen. Der kann ihre Entscheidung kaum fassen. "Er glaubt nicht, dass ich es ernst meine", sagt Sarah. Nun umarme er sie häufig und erzähle, dass sie und ihre kleine Familie genau das seien, was er braucht. "Ich glaube ihm, dass er das braucht. Aber er braucht noch mehr: Er ist nicht zufrieden mit dem, was er hat."

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Menschen mit einer narzisstischen Störung sind wie ein Fass ohne Boden, sagt Wardetzki. "Zuspruch kann innerlich nicht gespeichert werden und es muss immer mehr Bestätigung von außen kommen."

Mehr Anerkennung, mehr Bewunderer, alles für das gestörte Selbstwertgefühl. "Er braucht diese Frauen, die ihn toll finden. Das ändert sich nicht, nur weil er feststellt, dass er jetzt doch seine Familie haben möchte. Das Problem bleibt ja dasselbe." Sarah arbeitet mit ihrer Therapeutin daran, dass es in Zukunft nicht mehr ihr Problem sein wird.

 

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