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Politik

Das Wahlmännerkollegium

Spencer Kimball / cr8. November 2016

Alle vier Jahre wählen die USA einen Präsidenten, aber die Wähler haben nicht das letzte Wort. Das Wahlmännerkollegium wählt letztlich den Präsidenten, einen Monat nachdem die Bürger ihre Stimme abgegeben haben.

USA Präsidentschaftswahl durch Wahlmänner
Bild: Getty Images/C. Somodevilla

Sogar für Amerikaner ist das System schwer zu verstehen. US-Bürger über 18 Jahre können am 8. November 2016 den nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten wählen. Das Votum des amerikanischen Volkes bestimmt jedoch nicht direkt das Ergebnis der Präsidentenwahl.

Eine Institution namens "Electorial College" - auf Deutsch etwa: Wahlmännerkollegium - hat das letzte Wort in der Frage, wer das höchste Amt des Staates bekleiden wird. Das Kollegium besteht aus 538 Wahlmännern.

Jedem der 50 US-Bundesstaaten wird ein Teil der Wahlmänner zugeordnet, je nachdem wie stark der Staat in den beiden Kammern des Kongresses vertreten ist. Im Repräsentantenhaus wird jeder Staat proportional zu seiner Bevölkerung vertreten. Im Senat sitzen für jeden Staat zwei Senatoren.

Ein Beispiel: Der Bundesstaat New York hat 27 Abgeordnete und zwei Senatoren. Aufgrund einer festgelegten Formel können die Republikaner und die Demokraten des Staates New York 29 Wahlmänner für die Präsidentenwahl nominieren.

"Das sind in der Regel treue Parteianhänger, ihnen wird damit eine symbolische Auszeichnung verliehen", sagt George Edwards III, Experte für das US-Wahlsystem an der Texas A&M University.

Indirekte Demokratie

Wenn die Amerikaner ihren Präsidenten wählen, entscheiden sie in Wirklichkeit, welche der beiden politischen Parteien ihre Wahlmänner in das Kollegium sendet.

Die Stimmen der Wahlmänner werden dem Kongress übergebenBild: Getty Images/C. Somodevilla

Ende Dezember, über einen Monat nachdem die Bürger ihre Stimme abgegeben haben, kommen die Wahlmänner in den Hauptstädten der jeweiligen Bundesstaaten zur eigentlichen Präsidentenwahl zusammen. Der Kongress erhält die Stimmen der Wahlmänner aller 50 Bundesstaaten und Washington D.C. im Januar und zählt sie aus.

Der Kandidat der mindestens 270 Wahlmännerstimmen bekommt, wird Präsident. Normalerweise stimmt das Wahlergebnis der Bürger mit dem der Wahlmänner überein. Das passiert aber nicht immer, in einem solchen Fall zählt das Ergebnis des Wahlmännerkollegiums.

So kam es bereits dreimal in der Geschichte der Vereinigten Staaten dazu, dass ein Kandidat Präsident wurde, obwohl er weniger Stimmen als der Gegner hatte. Zuletzt passierte das im Jahr 2000. Der demokratische Kandidat Al Gore bekam 500.000 Stimmen mehr als sein republikanischer Gegener George W. Bush.

Dennoch bekam Bush 271 Wahlmännerstimmen und wurde Präsident.

Unzufriedenheit der Wähler

Das Electoral Collge ist das Ergebnis einer Übereinkunft der Männer, die die US-Verfassung entwarfen, die 1788 in Kraft trat. Damals war Demokratie eine seltene Staatsform, mit der es wenig Erfahrung gab. Einige der Verfassungsautoren fürchteten, dass eine direkte Wahl des Präsidenten zu einer Herrschaft des Pöbels führen könnte.

Die USA haben sich stark verändert über die Jahrhunderte. Das Electoral College gibt es jedoch noch immer, obwohl die Mehrheit der Amerikaner es am liebsten abschaffen würde. Laut einer Gallup-Umfrage würden mehr als 60 Prozent der Bürger den Präsidenten lieber direkt wählen.

Obwohl er weniger Stimmen als sein Gegner Al Gore erhielt, wurde George W. Bush PräsidentBild: AFP/Getty Images/Saul Loeb

In 48 Bundesstaaten ist das Electoral College ein "Winner-Takes-All"-Sytem. In Kalifornien etwa wählt die Mehrheit zuverlässig die Demokraten bei den Präsidentenwahlen. Das bedeutet, dass alle Stimmen der Wahlmänner an den demokratischen Kandidaten gehen. Die Minderheit, die die Republikaner gewählt hat, wird von den Wahlmännern nicht repräsentiert.

Das bedeutet, dass Kalifornien für die Demokraten eine sichere Sache ist und die Republikaner sie dort gar nicht erst herausfordern. Gleiches gilt für Texas, nur umgekehrt: Hier gewinnen mit ziemlicher Sicherheit die Republikaner.

Blick auf 7 Bundesstaaten 

Der Fokus des Wahlkampfs liegt deshalb auf den so genannten Swing States. In diesen Bundesstaaten haben beide Parteien und somit beide Kandidaten die Chance, die Mehrheit der Stimmen zu bekommen. Laut der Nachrichtenwebseite Politico gibt es bei dieser Wahl sieben Swing States: Colorado, Florida, Nevada, Ohio, Virginia, Iowa und New Hampshire.

Zwar wollen die meisten Amerikaner das System gerne ändern, aber eine Reform ist schwierig. Die mit einer Verfassungsänderung verbundene Abschaffung des Electoral College würde eine Zweidrittelmehrheit im Kongress und eine Dreiviertelmehrheit der Bundesstaaten benötigen.