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Spuren der Macht

16. Juli 2009

Herlinde Koelbl gelingt es in ihren Werken, Menschen unglaublich nah zu kommen. In Berlin ist nun die erste Werkschau der Fotografie-Ikone zu sehen. Über 450 Fotografien dokumentieren ein Stück Zeitgeschichte.

Herlinde Koelbl vor ihren Bildern der Kanzlerin Merkel im Gropiusbau in Berlin (Foto: AP)
Herlinde Koelbl vor ihren Bildern der Kanzlerin Merkel im Gropiusbau in BerlinBild: AP

Herlinde Koelbl hat "Feine Leute" genauso fotografiert wie nackte Männer, Kinder, Punks und ein Rentnerpaar, das auf einer Kreuzfahrt schmust. Bekannt sind vor allem ihre Bilder von Joschka Fischer, Gerhard Schröder und Angela Merkel aus der Serie "Spuren der Macht". Darin zeigt die Künstlerin, wie sich Menschen im Amt psychisch und physisch verändern.

Als ein Meilenstein gelten ihre "Deutschen Wohnzimmer" von 1980, die noch heute Bühnenbildner und Filmschaffende inspirieren. Die erste Retrospektive zu ihrem Werk ist von diesem Freitag (17.07.2009) an bis zum 1. November im Berliner Martin-Gropius-Bau sehen.

Auch unbekannte Koelbl-Werke ausgestellt

Die Ausstellung "Herlinde Koelbl. Fotografien 1976-2009" richte den Blick in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, sagte die Fotokünstlerin in Berlin. Gezeigt werden 450 Fotografien aus ihrer gesamten Schaffenszeit. In der Ausstellung werde sehr viel bislang Unbekanntes präsentiert, so Koelbl.

Koelbl vor ihrer Foto-Serie "Spuren der Macht" von 1999Bild: picture-alliance/ dpa

Die 1939 geborene Fotokünstlerin wurde vor allem durch ihre Serien "Spuren der Macht", "Wohnzimmer" oder auch "Schlafzimmer" bekannt. In ihrem 2003 erschienenen Buch "Jüdische Portraits" hat Koelbl Überlebende des Holocaust fotografiert.

Die Voraussetzung für ihre Arbeit sei, so Koelbl, dass "mich Menschen an ihrem Leben teilhaben lassen". Sie betont: "Ich interessiere mich für Menschen. Aber es muss weiter gehen als unter die Oberfläche."

Gegen den Trend und der Zeit voraus

Koelbl sei eine "Feldforscherin in der Fotografie", erklärte Ausstellungskurator Hans-Michael Koetzle. Es seien immer soziale Phänomene, die die Fotokünstlerin beschäftigten. Sie eile "stets der Zeit voraus" und setze Themen "gegen den Trend". Seit Mitte der 70er Jahre arbeite die bei München lebende Fotografin "an visuellen Langzeitprojekten in geistiger Nähe zu Soziologie, Alltags- und Kulturgeschichte".

Neben Fotografien sind in der Ausstellung auch vier Filme der Künstlerin zu sehen. Außerdem werden Reportagefotografien und Porträtaufnahmen abstrakten Arbeiten und Videoprojekten gegenübergestellt. Koetzle wies darauf hin, die Ausstellung verdeutliche, wie und mit welchen Prinzipien die Fotografin arbeite. Koelbls Stil sei durch "couragierte Offenheit und eine schnörkellose Klarheit" gekennzeichnet.

Den Menschen nahe kommen

Als Autodidaktin begann Herlinde Koelbl 1976 ihre Karriere als Fotografin. Davor widmete sie sich hauptsächlich ihrer Familie und der Erziehung ihrer vier Kinder. Aus Leidenschaft für das Medium und die Möglichkeit, Menschen damit besonders nahe zu kommen, habe sie Projekte auf eigenes Risiko und ohne Absicherung durch Verträge oder Stipendien realisiert, sagt Koetzle. Für ihr Werk wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2006 mit dem Günter-Fruhtrunk-Preis und 2001 mit dem Dr.-Erich-Salomon-Preis. (nem/kle/epd/dpa/ap)