Datenschutz-Skandal bei der Bahn
28. Januar 2009Drei Viertel der damals gut 240.000 Mitarbeiter wurden von der Deutschen Bahn heimlich ausspioniert. Daten wie Wohnadressen, Telefonnummern und Bankverbindungen seien mit jenen von 80.000 Firmen abgeglichen worden, zu denen die Bahn Geschäftsbeziehungen hatte. Das räumte der Bahn-Antikorruptionsbeauftragte Wolfgang Schaupensteiner am Mittwoch (28.01.2009) im Verkehrsausschuss des Bundestages ein.
Rasterfahndung bei der Bahn
Ausschussteilnehmern zufolge sagte der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix, die Bahn müsse wegen Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen in mindestens zwei Fällen mit Geldbußen von 250.000 Euro rechnen. Die Mitarbeiter seien ohne konkreten Verdacht überprüft und auch im Nachhinein nicht informiert worden. Die Überprüfungen hatten nach Dix' Worten den Charakter einer Rasterfahndung.
Bei den Überprüfungen seien laut Schaupensteiner 300 Auffälligkeiten entdeckt worden, hieß es aus dem Verkehrsausschuss. In etwa 100 Fällen hätten sich tatsächlich Hinweise auf Korruption ergeben. Von den Führungskräften seien 774 kontrolliert worden sowie etwa 500 Ehepartner. Dabei habe es 12 Treffer gegeben, also Verdachtsmomente auf Korruption.
Entsetzen bei politischen Parteien
SPD, FDP und Grüne zeigten sich bestürzt über die Dimension der Aktionen. Die Bahn habe ihre Mitarbeiter unter einen Generalverdacht gestellt, kritisierten Abgeordnete von SPD und Grünen. Die FDP sprach nach der Sitzung von einem "Skandal mit völlig neuen Dimensionen". "Die Überprüfung fast der gesamten Konzernbelegschaft mit Korruptionsbekämpfung zu begründen, ist absurd. Der Großteil aller Bahnbeschäftigen hat mit Einkäufen und Auftragsvergaben überhaupt nichts zu tun", sagte der FDP-Abgeordnete Horst Friedrich.
Der SPD-Abgeordnete Uwe Beckmeyer sprach von "Abgründen". Die Grünen warfen der Bahn vor, massiv gegen "schutzwürdige Interessen" der Betroffenen verstoßen zu haben. Der CDU-Abgeordnete Dirk Fischer erklärte, es blieben Fragen nach der Zulässigkeit der Rasterfahndung und danach, wie es die Bahn mit der Informationspflicht der Betroffenen halte. Für endgültige Schlussfolgerungen sei es noch zu früh.
Fortsetzung folgt
Der Verkehrsausschuss des Parlaments will seine Befragung am 11. Februar fortsetzen und dazu auch die Leiter der Konzernrevision und der Konzernsicherheit einladen.
Die Affäre reicht zurück bis zum Sommer 2008. Damals hatte die Bahn eingeräumt, der Berliner Ermittlungsfirma Network Deutschland in den Jahren 1998 bis 2007 in 43 Fällen Aufträge erteilt zu haben. Network stand damals im Mittelpunkt des Bespitzelungsskandals bei der Deutschen Telekom. Recherchen des Magazins "Stern" ergaben vor einer Woche, dass mindestens 1000 Bahn-Führungskräfte von Kontrollen betroffen waren. (ako)