Davos: Von der Leyen warnt Trump vor Handelskrieg mit Europa
21. Januar 2025EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den neuen US-Präsidenten Donald Trump vor einem Handelskrieg mit Europa gewarnt und Verhandlungsbereitschaft signalisiert. "Es gibt keine anderen Volkswirtschaften in der Welt, die so eng miteinander verflochten sind wie wir", sagte die deutsche Spitzenpolitikerin beim Weltwirtschaftsforum in Davos.
Europäische Unternehmen beschäftigten in den USA 3,5 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner. Und eine weitere Million amerikanische Arbeitsplätze hingen direkt vom Handel mit Europa ab. "Das Handelsvolumen zwischen uns beläuft sich auf 1,5 Billionen Euro, was 30 Prozent des Welthandels entspricht. Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel", sagte von der Leyen.
Ein neuer Deal zum Flüssiggas?
Oberste Priorität der EU werde es daher sein, frühzeitig in Kontakt zu treten, gemeinsame Interessen zu erörtern und zu Verhandlungen bereit zu sein. Als ein mögliches Thema hatte von der Leyen bereits im November einen neuen Deal zum Ausbau amerikanischer Exporte von Flüssigerdgas (LNG) genannt.
Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, auf Importe neue Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent einführen zu wollen. Für chinesische Waren sollen sie sogar 60 Prozent betragen. Damit will er den Produktionsstandort USA stärken und das Handelsdefizit abbauen. Es ist Trump ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU.
Scholz: "Kein Nach-dem-Mund-Reden"
Bundeskanzler Olaf Scholz drückte in Davos die Hoffnung aus, dass die USA auch nach dem Amtsantritt von Trump für Deutschland einer der engsten Verbündeten bleiben. Dies liege im beiderseitigen Interesse, betonte der SPD-Politiker. Es dürfe jedoch kein "falsches Anbiedern oder Nach-dem-Mund-Reden" geben.
"Nicht jede Pressekonferenz in Washington, nicht jeder Tweet sollte Europa gleich in aufgeregte, existenzielle Debatten stürzen". Eine enge Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA sei unerlässlich für Frieden und Sicherheit weltweit und ein Motor für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung.
Für Steigerung von Europas Wettbewerbsfähigkeit
Von der Leyen kündigte beim Weltwirtschaftsforum ferner an, in der kommenden Woche einen Fahrplan zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas vorzulegen. Dabei soll es nach den Worten der deutschen Christdemokratin insbesondere um neue Investitionen, Bürokratieabbau und stabile und niedrige Energiepreise gehen.
In den vergangenen 25 Jahren habe sich Europa auf die wachsenden Welthandelsströme als Wachstumsmotor verlassen und auf billige Energie aus Russland gesetzt, sagte von der Leyen. Diese Tage seien aber vorbei, und für weiteres Wachstum im nächsten Vierteljahrhundert müsse Europa einen Gang höher schalten.
EU-weite Regeln für Unternehmen
Als Beispiel für eines der geplanten Projekte nannte die EU-Kommissionspräsidentin die Einführung von einheitlichen Regeln für Unternehmen. "Manchmal müssen sich Unternehmen mit 27 nationalen Regelungen herumschlagen. Wir werden innovativen Unternehmen die Möglichkeit bieten, in der gesamten Union tätig zu sein und dabei nur ein einheitliches Regelwerk beachten zu müssen", erläuterte von der Leyen. Dieses Projekt solle das Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht einbeziehen.
Ein weiterer Schwerpunkt werde ein Plan für europäische Spar- und Investitionsprodukte sein, die Kapital für Projekte in Europa mobilisierten. Derzeit fließt aus Sicht der EU-Kommission zu wenig privates Vermögen in europäische Unternehmen, weil der heimische Kapitalmarkt ineffizient und zersplittert sei.
"300 Milliarden Euro an Ersparnissen europäischer Familien werden im Ausland investiert - und das jedes Jahr. Das ist eines der größten Hindernisse für das Wachstum unserer Start-ups im Hightech-Bereich und für die Entwicklung unseres innovativen Sektors für saubere Technologien", sagte von der Leyen. Insgesamt würden die Ersparnisse europäischer Haushalte auf nahezu 1,4 Billionen Euro beziffert - verglichen mit gut 800 Milliarden Euro in den USA.
sti/jj (afp, dpa, rtr)