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Mehr Soldaten!

Bernd Riegert (kas)28. November 2006

NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer drängt auf mehr Soldaten für Afghanistan. Es sei nicht akzeptabel, dass der Mission im Süden noch immer 20 Prozent der benötigten Kräfte fehlen.

de Hoop Scheffer spricht am Redner-Pult
Jaap de Hoop Scheffer forderte in Riga mehr KampfbereitschaftBild: AP

Während im Süden Afghanistans in den Tagen vor dem NATO-Gipfel wieder drei Soldaten der internationalen Schutztruppe starben, besteht der Generalsekretär der Allianz, Jaap de Hoop Scheffer, darauf, dass die Lage in Afghanistan trotz heftiger Gegenwehr der Taliban unter Kontrolle ist. Zum Auftakt der NATO-Tagung in Riga betonte er am Dienstag (28.11.2006) aber, die Einsatzbeschränkungen für NATO-Truppen seien insgesamt ein Hindernis für den Einsatz. Viele Mitgliedsstaaten, nicht nur Deutschland, hätten solche Einsatzvorbehalte.

Die Bundeswehr darf nur in Notfällen im umkämpften Süden Afghanistans eingesetzt werden. Einige NATO-Staaten, wie die USA, Großbritannien und die Niederlande hatten dies zumindest hinter vorgehaltener Hand kritisiert.

Bush verlangt Bündnis-Solidarität

US-Präsident George W. Bush sagte vor dem Gipfel, die NATO-Verbündeten müssten auch schwierige Aufgaben, also Kampfeinsätze übernehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dagegen deutlich gemacht, dass die 2800 Bundeswehr-Soldaten auch weiterhin nur für Aufbauaufgaben im Norden Afghanistan eingesetzt wird.

Zudem forderte Bush, die Verbündeten müssten die Mittel bereitstellen, die die NATO-Kommandeure verlangen. "Das Bündnis ist auf einem klaren Prinzip gegründet worden", sagte Bush. "Der Angriff gegen einen ist ein Angriff gegen alle. Dieses Prinzip gilt unabhängig davon, ob der Angriff auf heimischen Boden erfolgt oder gegen unsere Truppen im Ausland."

2500 Soldaten zu wenig

De Hoop Scheffer betonte in Riga, das Hauptproblem sei, dass insgesamt im Süden etwa 20 Prozent der zugesagten Truppen - also etwa 2500 Mann - fehlten. Das sei nicht länger hinnehmbar. Es geht also nicht um Einsatzbeschränkungen, sondern um zusätzliche Truppen. Ob die während des NATO-Gipfels aber von irgendjemand zusagt werden, beurteilen NATO-Diplomaten äußerst skeptisch. De Hoop Scheffer warnte davor, dass die NATO die Unterstützung in der Öffentlichkeit zuhause für die seit fünf Jahren andauernde ISAF-Mission unter NATO-Führung verlieren könnte.

NATO-Erweiterung

Die Staaten auf dem Balkan, die der NATO beitreten wollen, sollen in Riga aufgefordert werden, ihre Reformbemühungen fortzusetzen. Kroatien könne wahrscheinlich 2008 mit einer Einladung zum Beitritt rechnen. Danach seien Mazedonien und Albanien an der Reihe. Wann Bosnien-Herzegowina, Montenegro oder gar Serbien soweit seien, lasse sich noch nicht sagen.

Zweifel an der Aufnahmewilligkeit der Allianz wies De Hoop Scheffer zurück. "Ich sehe keine NATO-Müdigkeit, ich sehe aber bei der Europäischen Union eine Erweiterungsmüdigkeit. Ich habe versucht zu erklären, dass diese Müdigkeit nicht die NATO erfassen sollte. Natürlich muss jedes Land, das in die NATO möchte, die Kriterien erfüllen."

Ein NATO-Beitritt Georgiens steht nach Angaben aus NATO-Kreisen im Moment nicht zur Debatte. Mit der ehemaligen Sowjetrepublik, deren Spannungen mit Russland gegenwärtig zunehmen, soll ein intensiver Dialog zur Heranführung die NATO fortgesetzt werden. Nach dem Regierungswechsel in der Ukraine ist unklar, ob das Land weiter in die Verteidigungsallianz strebt. Die NATO ist eigentlich ganz froh, dass sie dadurch ein wenig Zeit gewonnen hat. Von einem klaren Signal für die Beitrittsländer, das noch im Frühjahr in Aussicht gestellt worden war, ist in Riga nicht mehr die Rede. Konkrete Entscheidungen verschob de Hoop Scheffer auf den Jubiläumsgipfel zum 60. Geburtstag der NATO im Jahr 2009.

Irak - nur ein Randthema

Für den amerikanischen Präsidenten George W. Bush ist der knapp 20-stündige Besuch in Riga nur ein Zwischenstopp auf dem Weg in den Nahen Osten. Bush sucht nach einer politischen Lösung für die verfahrene Lage im Irak, der die blutigsten Wochen seit dem Einmarsch der amerikanisch geführten Koalitionstruppen erlebt.

Die NATO schweigt zum Irak. Das sei eine Sache der Amerikaner, heißt es dazu aus Diplomatenkreisen. Wegen des Desasters im Irak und der verlorenen Kongresswahlen in den USA ist die Durchsetzungskraft von George W. Bush im Bündnis stark eingeschränkt.

Drei Tage frei

Die lettische Hauptstadt ist wie ausgestorbenBild: AP

Es ist das erste Mal, dass die Allianz in einer ehemaligen Sowjetrepublik zusammenkommt. Das 2004 der NATO beigetretene Lettland betreibt einen ungeheuren organisatiorischen Aufwand für den Gipfel, den die lettische Präsidentin Vaira Vike-Freiberga als historisches Ereignis für ihr Volk bezeichnete. Die Bevölkerung von Riga hat drei Tage arbeitsfrei bekommen. Die Innenstadt ist weiträumig abgesperrt und so gut wie menschenleer.

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