Debakel mit 737 MAX reißt Boeing in die roten Zahlen
29. Januar 2020
Dass die Bilanz von Boeing schlecht ausfallen würde, davon war nach dem Flugverbot für die 737 Max auszugehen. Jetzt liegen die Zahlen auf dem Tisch. Und die sind dramatisch.
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Der US-Luftfahrtriese Boeing hat wegen der Krise um den mit Flugverboten belegten Unglücksjet 737 Max seinen ersten Jahresverlust seit mehr als zwei Jahrzehnten erlitten. Das vergangene Geschäftsjahr wurde mit einem Minus von 636 Millionen Dollar (578 Millionen Euro) abgeschlossen, wie der Konzern am Mittwoch in Chicago mitteilte. Es ist das schlechteste Ergebnis seit 1997. Im Vorjahr hatte der Airbus-Rivale noch 10,5 Milliarden Dollar verdient. Der Umsatz brach um 24 Prozent auf 76,6 Milliarden Dollar ein.
Insgesamt rechnet Boeing nun damit, dass sich der anhaltende Produktionsausfall, Mehrkosten in der Produktion und finanzielle Zugeständnisse an die ungeduldig wartenden Kunden des einstigen Verkaufsschlagers auf fast 19 Milliarden Dollar summieren werden. "Wir erkennen, dass wir viel Arbeit zu erledigen haben", sagte Boeings neuer Vorstandschef Dave Calhoun.
Vorgänger Dennis Muilenburg war im Dezember nach starker Kritik an seinem Krisenmanagement und Spannungen mit der US-Flugaufsicht FAA gefeuert worden.
"Unter Calhoun wird Boeing nun zunehmend realistischer hinsichtlich des Zeitplans und packt auch gegenüber den Aufsichtsbehörden endlich alle skandalösen Fakten auf den Tisch", meint Wolfgang Donie von der Landesbank NordLB. "Sicher ist aber: auf Boeing kommen weiter gigantische Kosten zu." Bei einer Freigabe der 737 Max zur Jahresmitte 2020 sei mit Belastungen von mindestens 30 Milliarden Dollar zu rechnen.
Flugerlaubnis noch nicht in Sicht
Zwei Boeing-737 Max-Maschinen waren innerhalb weniger Monate in Äthiopien und Indonesien abgestürzt und hatten 346 Menschen mit in den Tod gerissen. Seit Frühjahr 2019 gilt für das Modell praktisch weltweit ein Flugverbot, Boeing hat die Produktion vorübergehend eingestellt. Erzrivale Airbus profitiert indes von Boeings Schwäche. Mit 768 neuen Aufträgen und 863 ausgelieferten Verkehrsfliegern übernahmen die Europäer 2019 die Weltmarktführerschaft vom US-Konkurrenten.
Wann die Maschinen wieder abheben dürfen, ist unklar. Boeing ging zuletzt von "Mitte 2020" aus, doch die Entscheidung liegt bei den Aufsichtsbehörden. Das Unternehmen hatte die Produktion des Bestsellers diesen Monat bis auf Weiteres gestoppt. "Wir konzentrieren uns darauf, die 737 Max sicher wieder in den Betrieb zurückzuführen und das langjährige Vertrauen in die Marke Boeing wiederherzustellen", erklärte Konzernchef Calhoun.
Als eine entscheidende Ursache der Abstürze von Oktober 2018 und März 2019 gilt ein Fehler in der Steuerungssoftware, den Boeing eigentlich schon vor mehr als einem Jahr mit einem Update beheben wollte. Im vierten Quartal nahmen die Probleme rund um die 737 Max noch weiter zu, wie der Geschäftsbericht nun zeigte. Der Umsatz sank wegen der gestoppten Auslieferungen der 737 Max - Boeings bis zu den zwei verheerenden Abstürzen bestverkauften Flugzeugmodells - um 37 Prozent auf 17,9 Milliarden Dollar. Damit fielen die Zahlen deutlich schlechter aus als von Analysten erwartet. Die Marktreaktion fiel trotzdem positiv aus - die Aktie legte vorbörslich zunächst zu.
Zudem dämpft der Handelskrieg zwischen den USA und China auch die Nachfrage nach dem Langstrecken-Jet 787 Dreamliner. Schon im Oktober hatte Boeing die Produktion auf zwölf von 14 Maschinen pro Monat gedrosselt, von Anfang 2021 an sollen nun für zwei Jahre nur noch zehn 787 Dreamliner gebaut werden. Immerhin gelang am vergangenen Wochenende der Erstflug der Boeing 777X, eine Weiterentwicklung der 777-Baureihe.
50 Jahre Jumbo-Jet: Eine Ikone feiert Geburtstag
Vor 50 Jahren hob erstmals eine Boeing 747 ab. Schnell wurde der Jumbo-Jet zum dominierenden Passagierflugzeug der Welt - und erschloss für die Airlines neue Dimensionen.
Bild: picture-alliance/imageBroker/J. Tack
Der Spitzname leuchtet ein
Ein Jumbo Jet der British Airways im Anflug auf den Flughafen Heathrow. Das Bild veranschaulicht, warum das Boeing-Flugzeug mit der Typ-Bezeichnung 747 bereits kurz nach der Markteinführung vor 50 Jahren schnell seinen Spitznamen "Jumbo" verpasst bekam: Der viermotorige Düsenjet ist einfach gigantisch.
Bild: Reuters/T. Melville
Alte Freunde
Boeing-Präsident Bill Allen und der Chef der US-Fluggesellschaft Pan Am Juan Trippe (rechts) am 9. Februar 1969 nach dem Jungfernflug der ersten 747. Die beiden verband eine langjährige Freundschaft. Trippe soll Allen beim Angeln auf die Pläne zu dem neuen Großraumflugzeug angesprochen haben: "Wenn Du es baust, kaufe ich es". Die Antwort: "Wenn Du es kaufst, baue ich es".
Bild: picture-alliance/dpa/Boeing
Reisen mit Glanz und Glamour
Die neue 747 wurde nicht nur wegen ihrer technischen Innovationen gerühmt, sie verbreitete auch Glamour. Mit einer Lounge, in der Cocktails serviert wurden, versprach sie ein elegantes und entspanntes Reiseerlebnis. Mit mehr als 70 Meter Länge und einer Flügelspannweite von fast 60 Metern bot sie - je nach Bestuhlung - zwischen 366 und 550 Passagieren Platz.
Bild: picture-alliance/dpa/Boeing
Katastrophen
Der Jumbo ist auch mit großen Unglücken verbunden. Der Absturz einer Lufthansa-Maschine 1974 kurz nach dem Start in Nairobi kostete 59 Menschen das Leben. 1977 stießen auf dem Flughafen von Teneriffa zwei Jumbos zusammen - 583 Tote. 270 Menschen wurden 1988 beim Absturz eines Jumbos nach Explosion einer Terror-Bombe an Bord über dem schottischen Lockerbie getötet (s. Foto).
Bild: Roy Letkey/AFP/Getty Images
Großes Maul
Charakteristisch für den Jumbo ist der "Buckel", das Oberdeck, in dem sich unter anderem auch das Cockpit befindet. Diese Konstruktion ermöglicht für die Frachtversion der Maschine ein Bugtor, das eine großzügige Beladung erlaubt. Boeing verkauft das vierstrahlige und damit spritschluckende Flugzeug inzwischen praktisch nur noch in der Frachtversion.
Bild: Imago/Russian Look/L. Faerberg
Shuttle Carrier
Die US-Raumfähre Discovery reitet huckepack auf unserem Riesen - ein Foto aus dem Jahr 2012. Die Shuttle Carrier Aircraft (SCA) waren zwei modifizierte Flugzeuge vom Typ 747-100 zum Transport der Raumfähren der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA. Sie wurden zum Rücktransport der Shuttles zum Kennedy Space Center genutzt, sofern die Shuttle-Landung auf einem alternativen Landeplatz erfolgte.
Bild: picture-alliance/dpa
Siegerflieger
Die Lufthansa ließ es sich im Juli 2014 nicht nehmen, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit dem Weltmeister-Pokal im Gepäck vom Endspielort Rio de Janeiro nach Berlin zu fliegen. Die 747-8 war kurzerhand umlackiert worden zum "Siegerflieger der Fanhansa".
Bild: picture-alliance/dpa
Iron Maiden's Ed Force One
Die britische Heavy Metal Band Iron Maiden landet im Mai 2016 mit ihrer gecharterten Boeing 747 auf dem Flughafen Düsseldorf. Metalheads und Planespotter sichern sich die besten Plätze, um d a s Flugzeug zusehen, die "Ed Force One" - benannt nach dem Maskottchen der Band, dem Monster Eddie. Geflogen wurde die Maschine übrigens vom Leadsänger Bruce Dickinson höchstpersönlich.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Young
Dinosaurier der Lüfte
Wie der noch größere Airbus-Jet A380 (im Vordergrund) entspricht die 747 nicht mehr den ökonomischen Anforderungen der Fluggesellschaften, die auf den Langstrecken lieber Zweistrahler wie die A350 oder die Boeing-Modelle 777 und 787 einsetzen. Im vergangenen Jahr gab es für den Jumbo noch ganze 18 Neubestellungen, in den Büchern stehen nur 24 nicht abgearbeitete Aufträge.
Bild: picture-alliance/dpa
Air Force One
Zu den 1548 ausgelieferten 747-Maschinen werden wohl nur noch wenige dazukommen, wenngleich US-Präsident Donald Trump auch die nächste Präsidentenmaschine "Air Force One" auf der Basis der 747 bestellt hat. Auch der japanische Kaiser und der Sultan von Brunei wissen die "Königin der Lüfte" als Regierungsmaschinen zu schätzen.