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Debatte über "exorbitante Neuverschuldung"

16. März 2010

Der Bundestag berät über den Haushaltsentwurf 2010. In dem Debattenmarathon nehmen die Abgeordneten die Etats aller Bundesministerien unter die Lupe. Es ist der erste Haushaltsentwurf der konservativ-liberalen Koalition.

Abgeordnete nehmen im Reichstagsgebäude in Berlin an einer Bundestagsdebatte teil (Archivfoto: ap)
Die Abgeordneten haben die höchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik zu verantwortenBild: AP

"Herr Bundesminister Schäuble, wir freuen uns, dass Sie wieder unter uns sind", mit diesen Worten hat SPD-Finanzexperte Carsten Schneider von der SPD am Dienstag (16.03.2010) die Debatte über den Haushaltsentwurf 2010 eröffnet. Sein Grußwort an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) fiel ein bisschen herzlicher aus als gewohnt, weil der querschnittgelähmte Schäuble seit mehreren Wochen vom Krankenbett aus seine Beteiligung an der Regierungsarbeit organisieren musste. Nach einer Operation im Januar kam es zu kleinen Problemen, eine zweite Operation ließ ihn nun sechs Wochen später als geplant ins Plenum zurückkehren.

SPD-Vorwurf: Steuergeschenke statt Sparen

Carsten Schneider kritisiert die hohe Verschuldung DeutschlandsBild: AP

Nach seiner freundlichen Begrüßung kam der haushaltspolitische Sprecher der SPD aber schnell auf den eigentlichen, ernsten Punkt seiner Rede: Die geplante Neuverschuldung der Bundesregierung. Dabei stellte Schneider nicht die Frage nach der Notwendigkeit. "In Zeiten der Finanzkrise war eine Neuverschuldung notwendig." Aber er rügte die anvisierte Höhe von rund achtzig Milliarden Euro. Diese höchste Neuverschuldung aller Zeiten (sie ist doppelt so hoch wie der bisherige Schuldenrekord aus dem Jahr 1996 unter Bundesfinanzminister Theo Waigel) sei vor allem durch unnötige Steuergeschenke der schwarz-gelben Koalition an Landwirte, Hotelbesitzer und reiche Erben notwendig geworden.

Außerdem hätte die Regierung die sinkenden Ausgaben für die Arbeitslosen-Unterstützung zur Schuldentilgung einsetzen müssen, erklärte Schneider. Zum Ende seiner Rede warf der SPD-Mann der Regierungskoalition vor, eine "Chaostruppe des permanenten Selbstwiderspruchs" zu sein.

Über 200 Redner bis Freitag

Auf Schneider folgte mit Norbert Barthle der Haushaltsexperte der CDU. Er ist der zweite von über 200 Redner aller Fraktionen, die sich in den nächsten vier Tagen an den Rednerpulten abwechseln. Barthle verteidigte das Budget, das Gesamtausgaben des Bundes in Höhe von 319,5 Milliarden Euro vorsieht. Das sind 9,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Finanzexperte der Union nannte den Etat 2010 ein "Gesamtkunstwerk". So würden Wachstumsimpulse gesetzt. Aus seiner Sicht, sei die Rekord-Neuverschuldung eine notwendige Folge der Krise. Sie falle nämlich niedriger aus als ursprünglich geplant, so Barthle. "Die Koalition zeigt, dass sie in der Lage ist zu sparen."

Bundesfinanzminister Schäuble sprach ebenfalls zum Etat seines Ministeriums. Er begann seine Rede mit dem Hinweis, dass seine Ärzte ihm noch Schonung empfohlen hätten und er daher in den nächsten Tagen nicht an allen Debatten teilnehmen könne.

Selbst Schäuble spricht von "exorbitanter Neuverschuldung"

Thema der Debatte: die Etats von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und Bundesfinanzminister Wolfgang SchäubleBild: AP

Inhaltlich bekräftigte er den Willen der Koalition zu einem strikten Sparkurs . Die Neuverschuldung müsse in den kommenden Jahren wieder konsequent gesenkt werden. "Das werden wir auch tun." Die schwarz-gelbe Koalition habe die inzwischen bessere Konjunkturlage in Deutschland genutzt, um ein Sofortprogramm mit Steuererleichterungen ohne zusätzliche neue Kredite umzusetzen. Die zweifelsohne "exorbitante Neuverschuldung" sei dennoch gesenkt worden. Schäuble sprach sich erneut für einen allmählichen Ausstieg aus den staatlichen Hilfsprogrammen gegen die Krise aus.

Welchen Kurs die Regierung zur Krisenbekämpfung einschlägt, wird sich am Mittwoch in der Generaldebatte über den Etat des Kanzleramtes zeigen. Mit rund 1,8 Milliarden Euro macht der Etat des Bundeskanzleramts zwar nur etwa ein halbes Prozent des Bundeshaushalts aus. Doch die Parlamentsdebatte über diesen vergleichsweise marginalen Posten ist der traditionelle Höhepunkt der viertägigen Haushaltsberatungen im Bundestag. Seit Jahrzehnten nutzen Regierung und Opposition diesen Tagesordnungspunkt für einen grundsätzlichen Schlagabtausch über die Leitlinien der Bundespolitik.

"Elefantenrunde" am Mittwoch

Die Rednerliste der sogenannten Generaldebatte ist entsprechend prominent besetzt. Während die Debatten über Einzeletats wie Verkehr oder Verteidigung von den jeweiligen Fachpolitikern bestritten werden, treten hier die führenden politischen Köpfe ans Rednerpult. Deshalb wird auch gern von der "Elefantenrunde" gesprochen. Den Anfang macht traditionell der Regierungschef, in diesem Fall Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), ehe die Fraktionsvorsitzenden reihum das Wort ergreifen. Am Freitag wird der Bundestag das Haushaltsgesetz 2010 dann abschließend billigen.

Autorin: Marion Linnenbrink (rtr, dpa, apn)

Redaktion: Martin Schrader

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