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Politik

CDU und Maaßen: Parteiausschluss? Nicht doch...

17. August 2019

Die Personalie könnte sich für die CDU noch zu einer Art Stinkbombe entwickeln. Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen passe nicht mehr zu den Christdemokraten, sagt deren Chefin. Stunden später muss sie ihre Aussagen erklären.

Bilkombo Annegret Kramp-Karrenbauer und Hans-Georg Maaßen
Hans-Georg Maaßen und Annegret Kramp-Karrenbauer

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat im Fall des umstrittenen Ex-Verfassungsschutzchefs und CDU-Mitglieds Hans-Georg Maaßen ein Parteiausschlussverfahren ins Spiel gebracht. "Es gibt aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus einer Partei auszuschließen. Aber ich sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet", sagte Kramp-Karrenbauer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). Sie antwortete auf die Frage, ob sie über einen Parteiausschluss Maaßens nachdenke. Als ehemalige Landesinnenministerin des Saarlands sei sie "froh, dass Herr Maaßen keine Verantwortung mehr für den deutschen Verfassungsschutz" habe. Die CDU halte es aus, "wenn unterschiedliche Meinungen geäußert werden. Aber: Die CDU ist auch eine Partei, die von einer gemeinsamen bürgerlich-konservativen Haltung getragen wird".

Ist die Debatte zu steuern?

Die Erklärung birgt Zündstoff, aus mindestens drei Gründen. Der Ex-Verfassungsschutzchef, dem ein zu lasches Vorgehen gegen Rechtsextremismus in Deutschland vorgehalten wurde, genießt mit seinen Positionen weiterhin die Unterstützung konservativer Kreise. Außerdem erinnert die Personalie stark an die Mühen der Sozialdemokraten, den Buchautor und früheren Berliner Senator Thilo Sarrazin in ihren Reihen zu ertragen. Und schließlich könnte es sein, dass die - auch intern kritisch beäugte - CDU-Chefin sich hier einen Bärendienst erweist, wenn sie eine Debatte lostritt, die sie nicht mehr steuern kann.

"Weder im Interview noch an anderer Stelle ..."

Wenige Stunden später nahm Kramp-Karrenbauer in Berlin erneut Stellung und erklärte ihre eigenen Äußerungen: "Ich habe weder im Interview noch an anderer Stelle ein Parteiausschlussverfahren gefordert", sagte die Parteichefin, die auch Verteidigungsministerin ist, in Berlin. "Die CDU ist eine Partei mit über 400.000 Mitgliedern. Dass jeder seine eigene Meinung haben kann, das macht uns aus, das macht uns auch interessant."

 

Was Thilo Sarrazin für die SPD ist, könnte Maaßen für die CDU werden ...Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Zuvor hatte der Mann, um den es geht, die Vorhaltungen seiner Parteichefin zurückgewiesen. "Nicht ich habe mich von den Positionen meiner Partei entfernt, sondern die CDU ist unter der früheren Parteivorsitzenden (Angela Merkel) weit nach links gerückt", sagte er. Die CDU sei im Gegensatz zu den dogmatischen Parteien des linken Spektrums immer eine Partei der Vielfalt gewesen. "Dass AKK (Annegret Kramp-Karrenbauer) mit dieser Tradition brechen will, glaube ich nicht. Es würde mich sehr enttäuschen, denn ich hatte immer Hochachtung vor ihr."

Mit den ausländerfeindlichen Übergriffen in Chemnitz nahm die "Causa Maaßen" ihren AnfangBild: Alihassan S.

Maaßen gehört der konservativen CDU/CSU-Splittergruppe Werte-Union an. Er war im Spätsommer 2018 als Präsident des Bundesverfassungsschutzes in die Kritik geraten, nachdem er die Echtheit eines Videos bezweifelt hatte, das nach der Tötung eines Mannes in Chemnitz eine Attacke gegen Migranten zeigt. Im November 2018 versetzte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Maaßen in den einstweiligen Ruhestand, nachdem dieser laut einem Redemanuskript von teils "linksradikalen Kräften in der SPD" gesprochen hatte. Versuche, Maaßen zunächst mit einem Posten im Innenministerium zu versorgen, scheiterten und brachten sowohl der Kanzlerin als auch der damaligen SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles scharfe Kritik ein.

"Herr Maaßen steht für die Hoffnung ..."

Der Vorsitzende der Werte-Union, Alexander Mitsch, sagte der Deutschen Presse-Agentur, ein Parteiausschlussverfahren wäre nicht nur unbegründet, sondern würde der CDU auch massiv schaden. "Herr Maaßen steht für die Hoffnung vieler Bürger und Unionsmitglieder auf die notwendige Politikwende, insbesondere für mehr Innere Sicherheit."

Maaßen hatte zuletzt in einem Interview der "Rheinischen Post" gesagt, ihn schockiere die Harmoniebedürftigkeit in der CDU. "Der Karlsruher Parteitag 2015 war für mich ein Damaskus-Erlebnis." Die damalige CDU-Vorsitzende Merkel habe dort eine überwältigende Mehrheit bekommen und neuneinhalb Minuten Applaus. "Niemand hat sie mit Blick auf die Flüchtlingspolitik kritisiert. Obwohl viele Politiker, die dort waren, mir gesagt hatten: So geht es nicht weiter." Dies sei einer Volkspartei unwürdig.

Möglicherweise hatte man in der CDU-Zentrale schnell erkannt, wie brisant die Debatte werden könnte. Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bemühte sich, klarzustellen, dass Kramp-Karrenbauer nicht explizit einen Ausschluss des umstrittenen Christdemokraten gefordert habe.  "In der CDU als Volkspartei der Mitte mit über 400.000 Mitgliedern werden unterschiedliche Meinungen vertreten - und das ist auch gut so", schrieb Ziemiak im Kurznachrichtendienst Twitter. In einem zweiten Tweet fügte Ziemiak hinzu: "Damit wir aus unterschiedlichen Meinungen gemeinsam erfolgreiche Politik machen, muss die innerparteiliche Auseinandersetzung auf Basis gemeinsamer Haltung erfolgen und im respektvollen Umgang miteinander!"

Sehr ähnlich klang dann das relativierende Statement seiner Chefin am Nachmittag. Doch der Geist der Debatte war da schon aus der Flasche.

ml/uh (dpa, rtr, afp) 

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