Ihr Altersdurchschnitt ist 68, ihre Bandgeschichte bald 50 Jahre alt. Nach vielen wechselvollen Jahrzehnten sind Deep Purple nun mit neuer Platte am Start und gehen noch einmal auf Tour. Ein letztes Mal. Vielleicht.
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Deep Purple - eine Band wie in Stein gemeißelt
Sie feiern ihr 50-jähriges Bestehen und sind auf großer Abschiedstournee - Deep Purple halten ihren Sound immer noch hoch und gehören zu den ältesten Hardrock-Bands der Welt.
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The Presidents of Hard Rock
Die britische Rockszene Ende der 60er Jahre: Die Stones sind böse Jungs, Black Sabbath sind Teufel, Led Zeppelin schreiben die besten Songs und Pink Floyd machen psychodelischen Kram. Deep Purple aber sind die "Lauteste Popgruppe der Welt". Mit Hammondorgel, harten Gitarrenbrettern und dem markanten Gesang von Ian Gillan gehören Deep Purple zu den Urvätern des Hard Rock und Heavy Metal.
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Frischlinge aus Leicester
Im April 1968 gründen Rod Evans, Jon Lord, Richie Blackmore, Nicky Simper und Ian Paice die Band, machen sofort ein Album und landen mit der Single "Hush" direkt einen Hit, auch in den USA. Nach zwei weiteren LPs macht die Band einen Cut, wechselt Plattenfirma und Personal. Ian Gillan ersetzt Evans am Gesang, für Bassist Simper kommt Roger Glover. Die legendäre "Mark II"-Besetzung ist am Start.
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"Concerto for Group and Orchestra"
In dieser Besetzung setzen Deep Purple am 24. September 1969 ein Zeichen: Ein Konzert in der Royal Albert Hall, begleitet vom Royal Philharmonic Orchestra. Noch nie hat eine Rockband dort gespielt. Deep Purple können es, weil sie eine neue Kombination aus Rock und Klassik bieten - dafür sorgt vor allem der klassisch ausgebildete Keyboarder Jon Lord. Das "Concerto" wird Purples erstes Live-Album.
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Mit Gold überhäuft
Das "Concerto" war schön und gut. Doch damit keine falschen Vorstellungen über die musikalische Ausrichtung der Band entstehen, gehen Deep Purple ab sofort einen härteren Weg. Auf dem Album "In Rock" zeigen sie in Songs wie "Speed King" und "Child in Time", wo der Hammer hängt: knallharter Rock mit klassischen Elementen, dazu Gillans explosiver Gesang. Weltweiter Durchbruch und vielfach Gold.
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Die Band fällt in sich zusammen
Mit der preisgekrönten Doppel-LP "Made in Japan" haben Deep Purple 1973 den Zenit der "Mk II"-Phase erreicht. Nach jahrelanger harter Arbeit implodiert die Band - Glover und Gillan gehen. Neu am Mikro ist David Coverdale. Die Besetzung "Mk III" funktioniert keine zwei Jahre. Dann geht Blackmore, der Coverdale nicht leiden kann. Sein Ersatz kann die Lücke nicht füllen. Die Band löst sich 1976 auf.
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1984 - die Rückkehr der Kultbesetzung
Das legendäre "Mk II"-Line-up ist wieder zusammen - angeblich hat eine Plattenfirma jedem Musiker eine Stange Geld geboten. Die Jungs schaffen direkt Tatsachen: Das Album "Perfect Strangers" liefert alten Purple-Sound mit frischen Impulsen - die Fans sind dankbar, die Platte ist überall Top Ten. Die Band tourt, alles läuft gut - bis Gillan und Blackmore sich erneut in die Haare kriegen.
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Das Hin und Her mit Ian Gillan
Ian Gillan verlässt die Band nach vier Jahren erneut. Ein neuer Sänger kommt. Doch so langsam geht der Truppe die Luft aus. Der ständige Personalwechsel irritiert auch die Fans. Das 1990er Album "Slaves & Masters" bekommt wenig Zuspruch, der neue Sänger muss wieder gehen. Die Band bemüht sich wieder um Gillan - gegen den Willen Blackmores. Und tatsächlich kommt Gillan noch ein letztes Mal zurück.
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Joe kommt für Richie
Die Band rauft sich zusammen. Und schafft es tatsächlich nochmal, ein gutes Album zu produzieren. Doch mitten zwischen zwei Touren steigt Blackmore endgültig aus. Für ihn kommt Joe Satriani und spielt die Japan-Tour. Das lustige Spiel mit dem wechselnden Personal geht auch danach noch weiter. Die Band produziert weiter Platten und tourt - bis heute.
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Wacken im Sonnenuntergang
Natürlich zeigt man sich auf dem größten Metalfestival der Welt. 2013 eröffnen Deep Purple ihren Gig vor 75.000 Leuten mit "Highway Star" und hauen gleich auf die Zwölf. Nun ja, so wie das halt in diesem Alter noch geht. Ian Gillan wirkt etwas kraftlos. Dennoch ist das Live-Album "From the Setting Sun..." entstanden, zeitgleich erscheint "...to the Rising Sun" - mit einem Livemitschnitt aus Japan.
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Stammgäste beim berühmten Jazzfestival
Montreux ist bekannt dafür, dass es die Grenzen des Jazz sprengt. So sind Deep Purple bis heute gern gesehene Gäste dort. Das waren sie auch, als 1971 beim Konzert von Frank Zappa ein Feuer ausbrach. Daraufhin schrieben Deep Purple ihren größten Hit: "Smoke on the Water". Bis heute hat es neben "Satisfaction" das berühmteste Gitarrenriff aller Zeiten. Unzählige Gitarren wurden damit malträtiert.
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Betagt aber agil
Die alten Deep Purple-Recken Ian Gillan, Ian Paice und Roger Glover sind auch heute noch dabei. Für den 2012 verstorbenen Jon Lord sitzt Don Airey am Keyboard, an der Gitarre ist Steve Morse. Die neuen Bandmitglieder haben den Altersdurchschnitt kaum gesenkt. Na und? Sie rocken immer noch. Das Foto ist von 2016.
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Neues Album und Welttournee
2017 kommt mit "inFinite" ein neues Album von Deep Purple (Bild: Roger Glover (r) und Ian Paice). Zu hören ist nichts Überraschendes - Purple liefern ihren Sound aus Rock, Klassik, Chorälen und sogar ein bisschen Jazz. Die Grundlautstärke ist immer noch vorhanden. Davon können sich derzeit die Fans in den USA auch live überzeugen - auf der aktuellen "Abschiedstour" der Band.
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Alte Herren? Sich dieses Attribut immer wieder anhören zu müssen, ist das Schicksal betagter Rockmusiker, die die Bühne auch mit gut 70 Jahren noch nicht verlassen wollen. Es gehört zum Älterwerden von Rockstars dazu, dass die Mähne grau und schütter wird, die kräftige Stimme von einst etwas brüchig und der Bauch ein bisschen fülliger. Dass man die gefühlten letzten zwanzig Jahre eine Abschiedstournee nach der anderen gibt und dann doch noch nicht aufhört - wahrscheinlich so lange, bis einer tot von der Bühne kippt oder einen ehrlichen Rockstar-Tod stirbt wie Lemmy Kilmister von Motörhead.
So geht es den Rolling Stones oder AC/DC, so geht es Udo Lindenberg - und Deep Purple geht es auch so. Deren Musiker haben zum Teil schon die untrüglichen Zeichen dafür erhalten, dass sie langsam mal kürzer treten sollten: Drummer Ian Paice (68) hat im vergangenen Jahr einen leichten Schlaganfall erlitten. Steve Morse (62) leidet an Arthrose in den Fingern. Ganz schlecht für einen Gitarristen. Bassmann Roger Glover (71) deutete schon an, dass man wohl nicht mehr ewig weitermachen werde.
Ein laaaaanger Abschied
Und so betiteln Deep Purple ihre anstehende Welttournee in weiser Voraussicht mit "The Long Goodbye". Da bleibt Spielraum - denn so eine "Abschiedstournee" kann unendlich in die Länge gezogen werden. In diesem Jahr schonen sich die Rock-Silberrücken nicht. Fest stehen schon mal diese Tourdaten: In Europa geht's am 13. Mai in Bukarest los - und ab dann spielen sie fast jeden Tag. In Deutschland besuchen sie am 19. Mai München, am 30. Mai Hamburg, und vom 6. bis 14. Juni sind sie fast täglich in einer anderen deutschen Stadt. Anfang Juli machen sie eine Pause, dann geht's einen Monat später in die USA. Und damit nicht genug: Alle Tourdaten gibt es hier.
Deep Purple und ihr neues Album
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Öfter mal was Neues...
Deep Purple sind die Urgesteine des Hardrock - sie gelten als Gründerväter des Heavy Metal und sind vielleicht die letzte echte Rockband des Planeten. Sie vereinen alte und ganz junge Rockfans und sie werden niemals diesen einen Song loswerden: "Smoke on the Water". Sie spielen ihn bei jedem Konzert - und lästig ist der Song ihnen nie geworden. Der Trick: Sie variieren ihn jedesmal ein wenig.
Varition zieht sich durch die Bandgeschichte wie bei kaum einer anderen Truppe. In fast 50 Jahren wurde die Besetzung zehn mal gewechselt. Um den besseren Überblick zu behalten, wurden die verschiedenen Besetzungsphasen durchnummeriert: "Mk I" bis "Mk VIII". Die berühmteste war "Mk II" - mit den Gründungsmitgliedern Richie Blackmore, Ian Paice und Jon Lord, sowie mit Ian Gillan und Roger Glover. Die Besetzung war so erfolgreich, dass sie nach ihrem ersten Zerfall noch zweimal reaktiviert wurde.
Jetzt sind nur noch Ian Gillan, Roger Glover und Ian Paice dabei - Richie Blackmore hat sich bereits 1993 endgültig von der Band getrennt und Jon Lord ist 2012 an Krebs gestorben.
Das 20. Studioalbum: in alter Frische
Jetzt ist das Album "inFinite" da. Deep Purple zeigen sich auf den Fotos im Booklet als Expeditionsteam im Ewigen Eis, ausgerüstet wie die großen Entdecker Anfang des 20. Jahrhunderts mit Fellmänteln, Holzskiern und Schlittenhunden. Ebenso klassisch der Sound auf dem Album: Deep Purple, das Original. Orgel- und Gitarre sind da, wo sie hingehören, die Drums treiben und Ian Gillan singt altersgemäß - er versucht sich gar nicht erst an seinem explovsiven Gesang von früher. So zeigen Purple direkt beim Opener "Time for Bedlam", wo es musikalisch lang geht: Es rockt, und es rockt hart.
Viele Songs klingen zwar, als stammten sie direkt aus den 70ern. Aber keinem haftet das leicht verblichene 70er-Feeling an - so wie bei einem alten Farbfoto. Songs wie "The Surprising" überraschen mit vielen Elementen, die man von einer Rockband in der heutigen Zeit nicht erwartet. Das Album kommt dennoch mit einer Frische daher, die man von den - pardon - Rocksenioren nicht erwartet hätte.
"Hip Boots" holt ein wenig Jimi Hendrix-Sound ins Jetzt, bei dem Blues-Rock-Kracher "One Night in Vegas" kommt man aus dem Kopfnicken nicht mehr raus. In "Birds of Prey" denkt man bei dem knackig-funkigen Groove zuerst ein bisschen an die Band "Rage Against the Machine" - doch dann singt Gillan mit elektronisch verfremdeter Stimme eine Hymne über endlosen Kriegswahn und das Ende aller Zeiten. Und schließlich wartet "inFinite" mit einem waschechten klassischen Blues auf: In einem Song, der gar nicht anders heißen darf als "Roadhouse Blues", mit kratziger Gitarre, Honkytonk-Klavier und Bluesharp, heißt es stilecht auch "Let it roll, baby roll". Es macht Spaß, das Album zu hören - und der letzte Song scheint zu bestätigen, was Deep Purple-Fans insgeheim glauben: Dass es noch sehr lange mit der Band weitergeht. Wenn alle gesund bleiben.