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Demokratie auf Rezept

Peter Philipp18. Februar 2003

Krieg oder Frieden? Um diese beiden Pole dreht sich zurzeit die Irak-Diskussion. Doch es gibt noch eine andere wichtige Frage: Wer soll das Land nach einem Sturz Saddam Husseins regieren?

Nur selten einig: die irakische Exil-OppositionBild: AP

Dem Irak Demokratie zu verordnen ist keine leichte Aufgabe. Diese Einsicht hat sich inzwischen auch in Washington durchgesetzt. Immer öfter geht es hier nicht nur um die Frage, wie der Irak militärisch am besten und schnellsten zu besiegen ist, sondern auch darum, wie es nach selbstverständlich siegreichem Krieg weitergeht. Soll es ein amerikanisches Besatzungsregime geben? Oder eine neue, US-freundliche Diktatur? Mit der Opposition im Exil ist jedenfalls kaum zu rechnen, denn sie ist zersplittert und hat keine demokratischen Hoffnungsträger zu bieten.

Irak nicht sich selbst überlassen

Auf dem ungarischen Luftwaffenstützpunkt Taszar geschehen seit Wochen ominöse Dinge: Im Ort heißt es, es seien irakische Oppositionelle eingeflogen worden, die nun dort für einen Einsatz während des Irak-Krieges oder auch danach gedrillt werden. Was konkret sie dort beigebracht bekommen, ist das Geheimnis der Amerikaner. Aber sie sollen wohl eingesetzt werden bei den Bemühungen, die nach einem Krieg einsetzen würden und deren Ziel es sein soll, einen neuen und möglicherweise demokratischen Irak zu schaffen.

Genau diese Aufgabe gestaltet sich aber wahrscheinlich noch schwieriger als der geplante Krieg. In Washington ist man deswegen bereits zur Einsicht gekommen, dass man den Irak nach einem Sieg über das Regime Saddam Husseins nicht sich selbst überlassen kann - und dass man bei einer geplanten Demokratisierung auch nicht mit der Hilfe irgendwelcher traditioneller Oppositionsgruppen rechnen kann. Zumindest keiner demokratischen Oppositionsgruppen, denn die gibt es faktisch nicht.

Ohne gemeinsames Ziel

Verschiedene irakische Gruppen hatten im Dezember ein 65-köpfiges Koordinationskomitee gegründet, um die Exil-Opposition besser zu organisieren. Doch eine erste Konferenz dieses Komitees wurde bereits viermal verschoben. Der neueste Termin für ein Treffen der Opposition ist für diesen Mittwoch (19.02.) anberaumt. Es soll im nordirakischen Kurdengebiet, in der Nähe der Stadt Erbil stattfinden. Doch selbst wenn das Treffen zustande kommen sollte: Es scheint höchst unwahrscheinlich, dass sich die vielen verschiedenen Gruppen auf eine Nachkriegsordnung einigen können. Denn mit der Opposition im Exil ist kaum ein neuer Anfang zu machen.

Da ist vor allem der "Irakische Nationalkongress" - die größte und seit Jahren von Washington ausgehaltene Exilorganisation, deren Führer, Ahmed Chalabi, sich wiederholt Hoffnungen auf die Rolle eines neuen Staatschef im Nach-Saddam-Irak gemacht hat. Chalabi gilt aber nicht gerade als verlässlich, und Washington hat offenbar auch keine Absichten, ihn in diese Position zu bringen - zumal andere Exilgruppen ihn auch nicht als ihren Führer akzeptieren.

Kurden und Schiiten

Die anderen, das sind zunächst einmal mehrere kleinere Gruppen im Londoner und Washingtoner Exil - deren politische Ausrichtung von Royalisten bis Kommunisten reicht -, und es sind aber vor allem die Kurden und die Schiiten des Irak. Die Kurden haben sich - nach internen Kämpfen in der Vergangenheit - in letzter Zeit einigermaßen zusammengerauft. Sie haben sich auch damit abgefunden, dass sie als Folge eines Irak-Krieges nicht die Unabhängigkeit bekommen würden, sondern bestenfalls ihre jetzige Autonomie beibehalten können. Diese sollen die Amerikaner aus kurdischer Sicht aber nicht nur gegenüber Bagdad verteidigen, sondern auch gegenüber Begehrlichkeiten türkischer Politiker, die immer wieder großes Interesse am ölreichen kurdischen Nordirak bekunden. Die Schiiten im Südirak wiederum sind den USA offenbar nicht so ganz geheuer, weil sie enge Kontakte zum Iran unterhalten und deswegen als unzuverlässige Verbündete betrachtet werden.

In Washington ist man unterdessen zu der Einsicht gekommen, dass man den Irak nach einem Sieg über das Regime Saddam Husseins nicht den Irakern selbst überlassen kann. US-Außenminister Colin Powell bestätigte, dass nach einem möglichen Krieg ein US-General die Geschicke des Landes vorübergehend lenken soll. Der General solle für mindestens zwei Jahre an der Spitze des Landes stehen und dabei die Infrastruktur der gegenwärtigen Regierung nutzen. Den US-Plänen zufolge würde ein "Rat unter Einschluss erfahrener irakischer Politiker" dem General zur Seite stehen.

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