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Depressionen in Deutschland

Ann-Christin Herbe
29. November 2018

Depressionen können jeden treffen. Das Depressionsbarometer der Deutschen Stiftung Depressionshilfe zeigt, wie verbreitet die Erkrankung in Deutschland ist und welche Folgen das hat.

Symbolbild Depression
Viele wollen die Symptome einer Depression nicht wahrhabenBild: Irna

Antriebslosigkeit, innere Leere und Schlafstörungen – die Symptome einer Depression sind vielfältig, und die Erkrankung ist noch immer ein Tabuthema. Die Deutsche Stiftung Depressionshilfe hat in diesem Jahr zum zweiten Mal das Depressionsbarometer veröffentlicht. Es gibt Auskunft darüber, wie verbreitet die Erkrankung in Deutschland ist. 

Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden weltweit etwa 322 Millionen Menschen an Depressionen, die Dunkelziffer ist wesentlich höher. Das sind 4,4 Prozent der Weltbevölkerung. Für die Studie der Deutschen Stiftung Depressionshilfe wurden 5000 Menschen zwischen 18 und 69 Jahren befragt.

Typische Symptome

Die Anzeichen für eine Depression müssen mindestens über zwei Wochen permanent vorhanden sein. Es geht dabei nicht nur um eine gedrückte Stimmung. Menschen mit Depressionen sind unfähig, Freude zu empfinden, leiden unter einem dauernden Erschöpfungszustand, haben Schlafstörungen. "Diese Menschen können nicht einschlafen, obwohl sie erschöpft sind. Appetitstörungen mit Gewichtsverlust, Hoffnungslosigkeit und auch finstere Gedanken, sich etwas anzutun, gibt es häufig. Der Zustand der Depression unterscheidet sich deutlich von anderen Befindlichkeitsstörungen wie etwa Trauer oder Stress", erläutert Ulrich Hegerl, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Universität Leipzig .

Mehr zum Thema:  Podcast "Medizin & Gesundheit": Einsamkeit und Depressionen

Die Auswirkungen machen sich vor allem im sozialen Umfeld bemerkbar. 84 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich während ihrer Depression komplett aus dem sozialen Leben zurückgezogen haben. 72 Prozent sagten, sie hätten sich anderen Menschen nicht mehr verbunden gefühlt. Das enge soziale Umfeld ist am stärksten betroffen. Knapp 45 Prozent der an Depressionen Erkrankten trennen sich von ihrem Partner.

Bild: DW

Immer noch zu viel Unwissen

Die Deutsche Stiftung Depressionshilfe beklagt, dass Depressionen immer noch stigmatisiert sind und die Menschen zu wenig darüber informiert sind. 56 Prozent machen eine falsche Lebensführung für die Depression verantwortlich, und knapp 30 Prozent glauben, dass die Erkrankung durch Charakterschwäche ausgelöst wird.

Am Arbeitsplatz und in der Familie, bei Freunden und Verwandten - überall gibt es erhebliche Defizite beim Thema Depressionen, aber man spricht nicht darüber. Gerade Angehörige fühlen sich oft nicht in der Lage, angemessen mit den Betroffenen und ihren Problemen umzugehen. Laut Depressionsbarometer entwickeln außerdem über 73 Prozent der Angehörigen das Gefühl, für die Erkrankung des geliebten Menschen mit verantwortlich zu sein.

Die Angst vor Antidepressiva

Viele Formen von Depressionen lassen sich mit Antidepressiva behandeln. Doch gerade in Deutschland haben viele Patienten Angst davor, Antidepressiva einzunehmen. "In Deutschland muss man Patienten mit Engelszungen dazu überreden, dass sie ein solches Medikament ausprobieren", erklärt Ulrich Hegerl. "Und viele stellen dann fest, dass ihre oft seit Monaten bestehende Depression endlich abklingt. Viele haben auch Angst, dass Antidepressiva süchtig machen könnten. Hätte er selbst eine schwerere Depression, sagt Hegerl, würde er ohne Zögern Antidepressiva einnehmen, genauso wie Insulin bei einem schweren Diabetes.

Digitale Projekte sollen begleitend zu einer herkömmlichen Therapie unterstützenBild: picture-alliance/dpa/S. Gollnow

Das Smartphone als Gesundheitsbegleiter

Hilfe und Unterstützung finden Betroffene mittlerweile nicht nur in Form eines Therapeuten. Das Smartphone in der Hosen- oder Handtasche kann auch zum digitalen Helfer werden. Das Projekt "Steady" ist ein sensorbasiertes System, das die Therapie fördern und vor allem das Selbstmanagement bei Depressionen optimieren soll. Steady ermöglicht es den Patienten, dauerhaft mittels Smartphone und zum Beispiel mithilfe eines Fitness-Armbands Biosensordaten wie etwa Herzfrequenz, Schlaf, Stimme oder Bewegung zu sammeln und diese Information für das individuelle Selbstmanagement zu nutzen. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und das Institut für Angewandte Informatik in Leipzig koordinieren dieses Projekt.

"Die Patienten geben morgens und abends ein, wie ihre Stimmung und ihr Antrieb sind ", sagt Hegerl. "Es wird dann mit Hilfe von Algorithmen untersucht, wie diese mit den gemessenen Biosensordaten zusammenhängen. Dies wird dann so aufbereitet, dass der Patient etwas damit anfangen kann. So könnte Steady den Patienten schon frühzeitig auf Besserungen und Verschlechterungen von Stimmung und Antrieb hinweisen. Der Patient könnte dann schnell gegensteuern.

Eine wertvolle Ergänzung

"iFightDepression" -  "Ich kämpfe gegen die Depression" - ist ein Internet-basiertes Selbstmanagement-Programm, das in Deutschland von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe kostenfrei angeboten wird.  Es besteht aus verschiedenen Informationsmodulen, aus Arbeitsblättern und Übungen. Sie sollen den Patienten dazu anregen, negative Verhaltensmuster zu ändern, die eigenen Aktivitäten zu beobachten und auch verschiedene Stimmungen zu registrieren. Letztendliches Ziel ist es auch hier, die Depression in den Griff zu bekommen. Aber auch der behandelnde Arzt muss mitspielen. Er muss den Patienten bei der Nutzung des iFightDepression-Tools begleiten, das heißt nachfragen, ob es hilft und ob alles verstanden wird. Aber das iFightDepression-Tool ist eine Ergänzung und sollte kein Ersatz für eine reguläre Behandlung mit Antidepressiva oder Psychotherapie sein.

 

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