Der Airbus, ein Kunststoff-Gigant
18. Januar 2005Zwei Mal steht ein A 380 während der Fertigung in Hamburg-Finkenwerder: ganz zu Beginn und ganz zum Schluss. Zuerst werden in der "Major Component Assembly"-Halle Bug und Heck vorgefertigt. Dann gehen die Teile auf die Reise - per Schiff ins französische Saint Nazaire und von dort per Lkw über Land weiter nach Toulouse. "Wenn dort der Flieger als grünes Flugzeug fertig ist, kommt er wieder hierher und bekommt hier sein Äußeres gemalt und seine Innenausstattung", erklärt Airbus-Ingenieur Matthias Spengler.
Heck aus Hamburg, Kabel aus Toulouse
In einer riesigen Produktionshalle auf dem Flughafen Toulouse Blagnac schließlich, fast völlig verdeckt von gelben Stahlgerüsten, steht der grün grundierte Rumpf des A 380 mit der Seriennummer MSN 001. Einige Techniker verlegen Kabel, ab und zu sind Akkuschrauber zu hören.
Dieser Jet ist fast fertig. Im März 2005 wird er seinen Erstflug absolvieren, 73 Meter lang, 80 Meter breit 24 Meter hoch, durchgehend doppelstöckig. 560 Tonnen Abflugmasse wird das Flugzeug auf die Waage bringen. "Das Flugzeug ist sicherlich das größte zivile Verkehrsflugzeug, was derzeit im Bau und im Dienst ist", sagt Airbussprecher David Voskuhl.
Deutsche Forschung fliegt mit
Der A 380 ist nicht nur Pionier in seinen Dimensionen. Seit das Programm unter dem Namen A 3xx konzipiert und aufgelegt wurde, sind auch viele Neuerungen in der Logistik, Ausstattung und Fertigung in den Produktionsprozess eingeflossen. Dazu hat die deutsche Forschung maßgeblich beigetragen.
"Eigentlich war von Anfang an klar, dass wir es hier mit einer außergewöhnlichen Herausforderung zu tun haben, was die Größe, die Kosten, Emissionen, Lärm etcetera betrifft", sagt Joachim Szodruch, Vorstand für Luftfahrt und Energie beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. "Und wir haben frühzeitig angefangen - sowohl im DLR als auch in der Forschung -, uns mit diesen Themen zu beschäftigen." Stichwort Verbundbauweise.
Fasern und Harz
Wo früher Niethämmer ratterten, wird heute bildlich gesprochen die Klebepistole eingesetzt, sagt Airbus-Sprecher Voskuhl. Statt aus Aluminium seien Flugzeuge heute zunehmend aus Kunststoff. "Das sind Verbundwerkstoffe, sprich eine Mischung aus Textilfasern und gehärtetem Industrieharz", erklärt Voskuhl. Beim A380 soll der Anteil von Verbundwerkstoffen gut 20 Prozent betragen.
Die oberen Rumpfschalen zum Beispiel werden aus einem neuartigen Material gefertigt, das bislang noch gar nicht serienmäßig verwendet worden ist: Es handelt sich um einen Komposit-Werkstoff aus mehreren Schichten Aluminium und Glasfasern, die miteinander verklebt werden. Das Material ist, je nach Bedarf, unterschiedlich dick: Dort, wo die Beanspruchung groß ist, etwa im Türrahmen, ist es über einen Zentimeter dick, an der Rumpfschale nur fünf Millimeter. Pro Flugzeug spart Airbus dadurch "gut eine halbe Tonne Gewicht", sagt Sprengler. Zwar wiegt das gesamte Flugzeug leer fast 250 Tonnen, "aber wir kämpfen um jedes Kilo".
Vermehren durch Sparen
Flügelmittelkasten, Leitwerkkasten, Höhenflosse und Höhenruder etwa, aber auch die Bodenträger für das obere Passagierdeck des Doppelstock-Flugzeugs sind vollständig aus CFK, kohlefaserverstärktem Kunststoff gefertigt. Dieser Werkstoff ist schon länger im Einsatz: Seiten- und Höhenleitwerke sind auch bei kleineren Airbussen aus Kohlefaser. Für den riesigen A 380 musste der Schwerpunkt der Tragflächen allerdings weit nach hinten verlegt werden. So konnten nicht nur Gewicht und Luftwiderstand (und damit der Lärm), sondern auch der Treibstoffverbrauch gesenkt werden. Schließlich soll der neue Airbus, im Vergleich zu einer Boeing 747, 15 bis 20 Prozent der Betriebskosten sparen – aber dafür weiter fliegen.