Der Altmeister der französischen Küche: Paul Bocuse ist 90
Elena Klein, Aaron Skiba10. Februar 2016
Kenner bezeichnen ihn als den "Küchenpapst", er selbst revolutionierte die französische Küche und wurde zur Legende – seine "Nouvelle Cuisine" lebt bis heute. Jetzt feiert der Sternekoch seinen 90. Geburtstag.
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Die leckersten Food Trends der letzten Jahre
Ob Cronut oder Kohl: Jedes Jahr hat seine ganz eigenen Trendlebensmittel - und seine ganz eigene Esskultur. Wir zeigen die wichtigsten Entwicklungen unserer Lieblingsgerichte in den letzten Jahren.
Bild: https://avocadobanane.wordpress.com
Essen als Religion
Bocuse veränderte die französische Küche in den 70er Jahren maßgeblich. Doch was essen die Deutschen eigentlich am liebsten? Jedes Jahr prognostiziert das Zukunftsinstitut, wie sich die Essenskultur entwickeln wird. Für 2016 sagen sie drei große Trends hervor: Der erste ist "Spiritual Food". Ob vegetarisch, vegan, halal oder koscher - der Konsument achtet vermehrt auf ein ethisch sauberes Essen.
Bild: Imago
Qualität ohne lange Warterei
Schnell und trotzdem qualitativ hochwertig - das ist "Fast Good". Die vom Begriff "Fast Food" abgeleitete Kreation soll das schnelle Essen durch gesunde Komponenten wie Gemüse aufwerten. Frische Zutaten, möglichst aus der Region und ohne künstliche Zusätze stehen auf der Wunschspeisekarte. Als hilfreich beweisen sich hier vor allem hispanische, asiatische und arabische Einflüsse.
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Fahrbares Mittagessen
Essen - das kann man nicht erst seit Erfindung der "Food Trucks" immer und überall. Aber der Begriff "Infinite Food" dafür ist neu. Der Swagman-Truck (Foto) beispielsweise tourt mit langsam angebratenen Fleisch und hausgemachten Kartoffelstampf statt Currywurst und Pommes durch Bayreuth und Umgebung.
Bild: swagman
Gemeinsam schlemmen
Von ähnlich gutem Geschmack zeugen die "Street Food Festivals": Ob in Köln, Paris oder New York, ob drinnen oder draußen. Weltweit laden Veranstalter dazu ein, sich in gemütlicher Atmosphäre durch die Esskulturen dieser Welt zu probieren. Als Anbieter kommen alle zusammen, die besondere kulinarische Köstlichkeiten zu bieten haben - ob "Food Trucker", Hobby- oder Gourmet-Köche.
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Experimentierfreudiges Essen
Viele dieser Modeerscheinungen gibt es allerdings schon eine ganze Weile. 2013 war der New Yorker Cronut (Foto), eine Mischung aus Croissant und Donut, der absolute Renner. Dieses sogenannte "Hybrid Food", eine Kreuzung aus zwei Lebensmitteln, kennt seitdem kein Halten mehr. Ob ein Hamburger aus Ramen-Nudeln oder die Bulitta, eine Bulette mit Pita, - alles wird möglich.
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Lebensmittel online bestellen
Auch die Online-Anbieter haben erkannt, wie nervig es manchmal sein kann, stundenlang an der Supermarktkasse anzustehen. Deshalb bieten sie eine ganz einfache Lösung: Sie schicken Kochboxen direkt zu ihren Kunden nach Hause. Darin befinden sich die mundgerecht abgepackten Zutaten sowie einfache Kochrezepte - und schon kann man sich den Gang ins Geschäft sparen.
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Nahrungsmittel mit Zauberkraft
Eine genaue Definition für "Super Food" gibt es bis heute nicht. Sicher ist aber, dass der Begriff Lebensmittel bezeichnet, die besonders viele Nährstoffe enthalten. Gerade kleine Acai-Beeren gelten als Wundermittel beim Schutz gegen Krankheiten oder für ein langsameres Altern. Dabei schmeckt die südamerikanische Beere ganz anders als europäische Beeren: nämlich fettig, erdig und nussig.
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Das macht den Kohl auch nicht fett!
Aber nicht nur Exotisches, sondern auch Einheimisches fällt in die Kategorie "Super Food". Unscheinbare Kreuzblütler wie Kohl sind vollgepackt mit Vitamin C. Sie schmecken nicht nur zu Hackfleisch und Kartoffeln, sondern dienen auch als Boden für Pizza oder Quiche. Dabei wird mit ganz unterschiedlichen Kohlsorten experimentiert. Grün- oder Schwarzkohl lassen sich sogar als Smoothie trinken.
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Einladung zum Brinner statt zum Dinner
Brunchen, frühstücken zur Mittagszeit, hat sich in Deutschland mittlerweile etabliert. Seit letztem Jahr gibt es jedoch einen neuen Trend, der aus den USA rüberschwappt: Brinner, eine Mischung aus Breakfast und Dinner, sieht vor, die Frühstückslieblinge erst abends zu verspeisen. Wie wäre es beispielsweise mit einer Tortillapizza mit Rührei, Hash Browns, Frühstückswürstchen und Curryketchup?
Bild: cc-by-Arnold Gatilao-2.0.
Gesundes Snacken
Wer sich nach dem deftigen Abendessen dann noch gemütlich auf das Sofa haut, der liegt mit einem Snack besonders im Trend: Puffmais ist bei Stars und Sternchen schon lange nicht mehr nur ein Begleiter im Kinosaal. Denn Popcorn hat erstaunlich wenig Kalorien und ist so beispielsweise auch gut geeignet als Croûton-Ersatz für den Salat oder im Sommer womöglich sogar als eine neue Eis-Sorte?
Bild: Colourbox
Was koche ich heute?
Wer zum Kochen noch nach Inspirationen sucht, der klicke sich einfach durch Facebook. Foodvideos von diversen Plattformen boomen. Sie zeigen in kurzen Sequenzen mit knappen Beschreibungen, wie einfach man neue Gerichte zaubern kann. So zum Beispiel "Whisky Mince Pies" (Foto): Muffins gefüllt mit durch Whisky abgelöschtem Hackfleisch auf Blätterteigboden und einem Käsewürfel in der Mitte.
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Zu seinem runden Geburtstag reisen Fernsehteams aus der ganzen Welt an und das, obwohl er schon längst nicht mehr selbst den Kochlöffel schwingt. Der mit dem Ehrentitel "Jahrhundert-Koch" bedachte Bocuse gilt als Schöpfer der "Nouvelle Cuisine", die in den 1970er Jahren zum gastronomischen Standard in Frankreich erhoben wurde. Bocuse hat die Gastronomiewelt revolutioniert, indem er Gerichte klug abwandelte: Seine wenig opulente Kochweise setzt auf frische Zutaten, knappe Garzeiten, um die Mineralstoffe und Vitamine zu erhalten, und eine hohe Qualität des Endprodukts.
Der Kochlöffel war ihm quasi in die Wiege gelegt
Bocuse wurde am 11. Februar 1926 in eine französische Gastronomenfamilie geboren: Bereits im 18. Jahrhundert waren die Bocuse in diesem Metier tätig, Paul selbst stand bereits mit neun Jahren in der Küche. Anfang der 1940er Jahre verließ er das Gymnasium und begann eine Kochlehre in Lyon. Nach dem Krieg setzte er seine Ausbildung in verschiedenen Restaurants in Paris und Lyon fort. 1956 kehrte Bocuse schließlich in seinen Geburtstort Collonges-au-Mont-d'Or, nahe Lyon, in den Familienbetrieb zurück.
Drei Jahre später starb sein Vater. Bocuse baute das Traditionsgeschäft um und taufte das Restaurant "L'Auberge Paul Bocuse". Bereits innerhalb des ersten Jahres erhielt er den ersten Michelin-Stern. 1962 folgte der zweite und 1965 der dritte. Seither bestätigt der "Guide Michelin" dem mittlerweile in "L'Auberge du Pont de Collonges" umbenannten Restaurant jedes Jahr die Bestbewertung von drei Sternen – das ist ein Rekord.
"Das große Restaurant ist wie Theater"
Weltruhm erlangte Paul Bocuse in den 1970er Jahren mit der Perfektionierung der "Nouvelle Cuisine". Dabei verwendete er stets frische Produkte, richtete sich nach den Jahreszeiten und berief sich immer auf regionale Traditionen. Er brach mit alten Kochprinzipien und begann mit Kollegen in Lyon Rezepte auszutauschen. Daraus entstand ein Kreis von 22 Küchenchefs, die "Bande à Bocuse". 1987 fand dann erstmals der "Bocuse d'Or", der Goldene Bocuse statt: Dieser internationale Kochwettbewerb wird alle zwei Jahre ausgetragen und gilt als Olympiade für Sterneköche auf der ganzen Welt.
"Das große Restaurant ist wie Theater" ist ein berühmtes Zitat von Bocuse. Nach dem Kochen verließ er die Küche als Erster und ließ sich im Restaurant von seinen Gästen feiern. Über die Jahrzehnte hinweg baute der Sternekoch ein regelrechtes Gastronomie-Imperium auf: In Europa, den USA, Japan und Australien unterhält er Restaurants, Bäckereien und Boutiquen, vermarktet außerdem Kochbücher und Fanartikel - von der Kaffeetasse bis hin zur Champagnerflasche.
Der "Jahrhundertkoch" kocht nicht mehr
Paul Bocuse selbst bezeichnet seine Küche als "La cuisine du marché", die Küche des Marktes. Doch die von ihm initierte Kochform stößt heutzutage an ihre Grenzen: Die Teller werden zunehmend zu Gemälden, kunstvoll dekoriert mit kleinen Portionen und wenig Soße. Das hat nicht mehr viel mit dem Grundgedanken von Bocuse zu tun: Er wollte, dass die Gerichte den vollen Geschmack der frischen Produkte entfalten, die verwendet wurden. Deshalb ließ es sich der Sternekoch niemals nehmen, eigenständig zum Marktplatz zu gehen, um sich von der Frische der Lebensmittel zu überzeugen.
Doch Kochen tut Paul Bocuse schon lange nicht mehr. Das überlässt er mittlerweile seinen Küchenchefs, denn der Altmeister leidet unter der Parkinson-Krankheit. Seinen Status in der Szene hat er indes nicht verloren: Paul Bocuse bleibt einer der wichtigsten französischen Köche des vergangenen Jahrhunderts.