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Der Architekt als Architekturkritiker

Johanna Durnbaugh19. November 2003

Rem Koolhaas ist nicht nur preisgekrönter Architekt ungewöhnlicher Hochhäuser - in diversen Veröffentlichungen legt er seit 1978 seine Wahrnehmung der Welt dar.

Haus in Bordeaux (Maison à Bordeaux) von Rem KoolhaasBild: presse

Mit der Wortschöpfung "Junkspace" (Ramsch-Raum) beschreibt der Architekt und Architekturkritiker Rem Koolhaas moderne Städte. "Das gebaute Produkt der Modernisierung ist nicht moderne Architektur, sondern Junkspace", ist Koolhaas' vernichtendes Urteil. Der bebaute Raum sei eine Aneinanderreihung von römischer Bauart, Bauhaus, Disney, Art Nouveau und Maya-Kultur.

Theorien, dick wie Kataloge

Bereits 1978 veröffentlichte Koolhaas sein erstes theoretisches Werk "Delirious New York". Mit dieser Analyse der Auswirkungen großstädtischer Kultur auf die Architektur gründete er seinen Ruf als baukünstlerischer Vordenker. Später folgten unter anderem "S, M, L, XL", dick wie ein Versandhauskatalog, und der "Harvard Design School Guide to Shopping", in dem sich auch Koolhaas' Gedanken zu "Junkspace" finden.

Anhäufungskultur

In allen seinen theoretischen Werken beschäftigt sich Koolhaas mit der Urbanisierung von Lebensräumen. Er meint: Die Überfüllung der Städte mit schnelllebigen Versatzstücken, ohne Authentizität oder Inhalt, ohne Freiräume sei einzig dazu gedacht, den Konsumenten in einem Vakuum zu halten. Als logische Konsequenz sieht er Einkaufen als "letzte uns verbliebene öffentliche Tätigkeit".

Vertikale Städte

Seine Alternative zu ausufernden Städten, deren Kern aus restaurierten Altstädten à la Disney besteht und an deren Rändern sich ein Einkaufszentrum an das nächste reiht, sind Hochhäuser. Allerdings sind seine Hochhäuser keine rechteckigen Blöcke im Sinne von aufeinander gestapeltem Wohnraum. Stattdessen sieht er Gebäude mit ungewöhnlichen Formen, die sich nach oben verbreitern und deren Stockwerke von verschiedenen Ebenen einsehbar sind. Viel Glas soll ihnen die Düsterkeit nehmen, Parks und Freizeiteinrichtungen auch in oberen Stockwerken sollen öffentlichen Raum und Stadtgefühl bieten.

Außenminister der EU

Aber nicht nur zur Stadtplanung hat sich Koolhaas, oft gemeinsam mit seinen Studenten an der Harvard Design School und seiner Ideenschmiede AMO, Gedanken gemacht. Auch die Weltpolitik der letzten Jahrzehnte lässt er nicht unkommentiert. "Wenn ich Außenminister der EU wäre, würde ich mit den Chinesen zusammenarbeiten, um einen eurasischen Bogen zu konstruieren, der ein neuer inklusiver Rahmen wäre, welcher letztendlich alle Nationen in Einklang bringen könnte, die zu dieser Landmasse gehören", schrieb Koolhaas auf seiner Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie in Berlin.

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