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Politik

Der Balkan lernt Deutsch

Pandeli Pani
9. Oktober 2016

Die Nachfrage nach Deutschkursen ist in den Ländern des Westbalkan groß. Viele wollen mit Deutschkenntnissen ihre Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt verbessern, auch Sprachkurse für Kinder sind sehr gefragt.

Albanien Tirana - Deutschkurs im Balkan
Deutschkurs im Goethe-Zentrum in TiranaBild: DW/P. Pani

"Eins, zwei, meine Mutter kommt vorbei, drei, vier, mein Vater ist auch hier...", ertönt aus einem der Unterrichtsräume des Goethe-Instituts in Tirana. Eine Gruppe von Kindern im Alter von acht bis zwölf Jahren lernt die deutsche Sprache mit Musik und Liedern. Es ist der erste Sprachkurs für Kinder, den das Goethe-Institut in Tirana anbietet.

"Wir hatten immer wieder Anfragen von Eltern wegen Kinderkursen, und jetzt, nachdem wir in das neue Haus eingezogen sind, haben wir auch die Räumlichkeiten, solche Kurse anzubieten", sagt die Leiterin des Zentrums, Petra Behlke-Campos, im Gespräch mit der DW.

Das Interesse an der deutschen Sprache, an Deutschland und an deutscher Kultur ist in Albanien sehr groß. Der Andrang auf die Deutschkurse und Prüfungen ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, und das neue Goethe-Institut zählt dieses Jahr rund 4000 Kursteilnehmer, 22 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch deshalb wurde der Umzug aus dem alten Quartier in ein neues, größeres Gebäude nötig.

Bledar Qira, seine Frau Matilda und seine Schwester Alda lernen gemeinsam DeutschBild: DW/P. Pani

Aber nicht nur in Albanien ist das Interesse an Deutsch groß. Auch in Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Serbien und der Türkei hat die Nachfrage deutlich zugenommen. "Deutschkenntnisse auf dem Balkan - nie waren sie so wertvoll wie heute", sagt Matthias Makowski, Leiter der Region Südosteuropa beim Goethe-Institut in Athen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Nach einer jüngsten Erhebung ist die Zahl der Menschen in Südosteuropa, die Deutsch lernen, in die Höhe geschnellt. "In Kursen des Goethe-Instituts, in den Schulen, die dem Netzwerk 'Schulen - Partner der Zukunft (PASCH)' angehören, sowie an Universitäten lernen zurzeit rund 64.000 Menschen in Mazedonien, 307.000 in Bosnien-Herzegowina, 140.000 in Serbien und 269.000 in Griechenland die deutsche Sprache", sagt Makowski. Auch die Privatschulen haben zurzeit Hochkonjunktur.

Sprache als Jobvoraussetzung

Neriona Vorpsi (25), Keti Miça (23), Lueda Basho (23) und Ardit Dyrmishi (22) haben in Tirana Medizin studiert und möchten in Deutschland die Facharztausbildung machen. Ob sie dann in Deutschland bleiben und arbeiten werden, können sie heute nicht sagen. Und Erjona Sela (19) hat ganz kühne Pläne: Sie macht gerade ihr Abitur und will in Deutschland Elektronik studieren und Astronautin werden. Sie hat in den Medien von der Diplom-Physikerin Laura Winterling gelesen, die als erste deutsche Frau in den Weltraum fliegen möchte, und würde das auch gerne machen.

"Vor allem bei der Erwachsenenbildung verzeichnet man großen Zuwachs", sagt Petra Behlke-Campos. Dabei seien die meisten Kursteilnehmer in den Ländern Südosteuropas junge Leute. Sie haben meist einen Schul- und oft einen Hochschulabschluss und wollen sich auf einen Job, ein Praktikum oder Studium vorbereiten. Nicht selten ist das dann ihr Zweit- oder Aufbaustudium, einige wollen in Deutschland oder einem anderen deutschsprachigen Land promovieren, so Behlke-Campos.

Deutschland braucht die Fachkräfte - auch aus dem AuslandBild: picture-alliance/dpa

Deutsch auch aus Spaß

Aber nicht alle lernen Deutsch, um ihr Heimatland zu verlassen und woanders ihre Zukunft zu suchen. Der Ingenieur Bledar Qira und seine Frau Matilda, die Psychologin ist, sagen, dass sie Deutsch aus Spaß und zur Erweiterung ihres Bildungshorizonts lernen. Eglantina Steri (52) und Aiger Hila (25) lernen Deutsch aus einem ganz anderen Grund. Eglantinas Sohn hat in Deutschland Elektronik studiert und arbeitet jetzt bei Mercedes in Stuttgart. "Ich fahre ihn oft besuchen und möchte mich gerne mit seinen Freunden auch direkt unterhalten oder auch allein etwas in der Stadt unternehmen", sagt sie. Und Aiger möchte sich gerne mit seinen Cousins, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind und nur wenig Albanisch sprechen, unterhalten. Außerdem überlegt er, eventuell einen Master in Deutschland zu machen.

Neben den erhofften wirtschaftlichen Vorteilen durch Studien- und Weiterbildungsmöglichkeiten in Deutschland oder anderen deutschsprachigen Ländern sind auch die Kultur, Geschichte, Musik, Kunst, Literatur oder Filme Gründe, warum so viele Deutsch lernen.

Joni und Egita, beide acht Jahre alt, finden die Zeichentrickfilme, die sie über Satellit im Kinderkanal KIKA sehen, toll. Auch sie besuchen den Kinderkurs im Goethe-Institut und sind begeistert, dass sie bereits einige Worte ihrer Lieblingsfiguren verstehen können.

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