Er malte blaue Pferde, grüne Kühe und rote Hunde. Heute kennt jeder die Werke von Franz Marc, des Romantikers unter den Expressionisten. Vor 140 Jahren kam er in München zur Welt.
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Als Künstler war Franz Marc (1880-1916) ein Rebell. Die Menschen seiner Zeit hielt er für zu materialistisch, zu kopflastig, zu technikgläubig. Dem setzte er seine Malerei entgegen: Bilder von unschuldigen Tieren etwa, die harmonisch in die große Natur eingebunden sind. Tableaus, deren Figuren er mit kräftiger Farbe Spannung verlieh. Ein Baum konnte da schon mal blau, ein Hase lila sein. "Marc stellte immer die Frage nach dem Verhältnis von Mensch, Kreatur und Schöpfung", sagt Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy, Leiterin des Franz Marc-Museums im oberbayerischen Kochel am See.
Zum Markenzeichen Marcs wurde sein blaues Pferd. Wie andere Künstler der Avantgarde vor dem Ersten Weltkrieg - Kubisten, Brücke-Künstler, Futuristen - hielt er der Natur nicht einfach den Spiegel vor. "Er formulierte eine Entsprechung", so Marc-Expertin Klingsöhr-Leroy, "eine neue Art der Malerei." Heute gilt Franz Marc als der romantischste aller Expressionisten. "Vielleicht würde er am ehesten die Kunstauffassung von Joseph Beuys teilen", glaubt die Museumschefin, "wonach wir mehr auf unsere Empfindungen hören sollten, wonach jeder Mensch ein Künstler ist, frei in der Gestaltung seiner Existenz."
Das blaue Pferd im Kinderfilm
Schön sind Marcs Bilder noch immer. So hat es "Das blaue Pferd" heute immerhin zum beliebtesten Poster- und Postkartenmotiv gebracht. Es gehört nach den Worten von Biographin Brigitte Roßbeck zu den am häufigsten reproduzierten Gemälden der jüngeren Kunstgeschichte. Selbst im Mädchen-Pferdefilm "Bibi und Tina - Voll verhext" taucht es auf. Der Künstlervereinigung "Blauer Reiter" mit Wassily Kandinsky, Paul Klee und Marcs Künstlerfreund August Macke gab es ein Gesicht. Einzig die Nationalsozialisten verpönten Marcs Gemälde als "entartete Kunst".
Die Kunstbewegung "Der Blaue Reiter"
Bekannt ist Der Blaue Reiter" durch Postkarten und Poster. Zwei prägende Künstler dieser Gruppe waren Wassily Kandinsky und Franz Marc.
Bild: Städel Museum/ARTOTHEK
Reform der Kunst
München in den Jahren 1908 bis 1914: Angezogen von der unberührten Natur der Voralpenlandschaft treffen sich internationale Künstlerinnen und Künstler, um die Malerei zu reformieren. Die führenden Köpfe heißen Wassily Kandinsky und Franz Marc. Ein Russe und ein Deutscher. 1911 hatten sie sich zum ersten Mal getroffen. Franz Marcs Gemälde "Die großen blauen Pferde" entstand im selben Jahr.
Bild: T.B. Walker Foundation/Gilbert M. Walker Fund
Blaues Wunder
1912 gaben Marc und Kandinsky den legendären Almanach "Der Blaue Reiter" heraus. Darin sammelten sie Texte und Bilder unterschiedlicher Epochen und Kulturen. Marc (2. v. l.) und Kandinsky (sitzend) lösten sich von den bürgerlichen Vorstellungen von Kunst und propagierten ein neues Denken: Das Figurative spielte darin eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund stand das Fühlen und Abstrahieren.
Bild: ProLitteris, Zurich
Leuchtende Bilder
Wassily Kandinsky vertraute auf die Sprache der Farbe, so nannte er auch im Zusatz seine programmatische Schrift "Über das Geistige in der Kunst". Kandinsky hatte eine eigene Farbenmoral: Die Farbe Schwarz verband er mit dem Bösen und dem Tod. Weiss dagegen stand für ihn für Leben. Auch anderen Farben ordnete er psychische Wirkungen zu: Rot-Grün symbolisierte für ihn beispielsweise Stärke.
Bild: Merzbacher Kunststiftung
Seele in Vibration
Kandinsky beschrieb die Seele "als Klavier mit vielen Saiten". Die Verwendung von Primärfarben, also rot, blau, grün, gelb, waren für ihn ein Mittel, den Menschen in seinem Innersten zu berühren. Ähnlich ging er mit der Form um, die er davon befreien wollte, irgendetwas darzustellen. Seine Gemälde hatten Titel wie: "Improvisation", "Impression" oder "Komposition" (s. Bild: Komposition VII).
Bild: Galerie Nationale Tretiakov
Kraft des Träumens
"Liegender Hund im Schnee" entstand 1910/1911. Friedlich liegt das Tier da, es scheint eins zu sein mit dem Untergrund. Franz Marc sah im Träumen eine positive Kraft, die hilft, zu den echten Dingen des Lebens vorzudringen. Franz Marc widmete der Darstellung von Tieren viel Aufmerksamkeit: Für ihn gehörten sie zu einer unschuldigen Urwelt, zu der Menschen keinen Zutritt hatten.
Bild: Städel Museum/ARTOTHEK
Tiere als Ideal
Die erste Ausstellung "Der Blaue Reiter" in München fand in der Galerie Thannhauser statt. Im ersten Raum hing auch das Gemälde "Die gelbe Kuh" von Franz Marc. Ganz im damals in Mode kommenden Stil des Expressionismus ist das Gemälde voller Dynamik. Konstrasierende Farbflächen leuchten dem Betrachter entgegen. Die massige Kuh scheint aus dem Bild herauszuspringen.
Bild: Solomon R. Guggenheim Museum
Farbe ist Musik
Auch Franz Marc malte immer abstrakter. "Stallungen" heißt ein Gemälde aus dem Jahr 1913, in dem die Pferdekörper kaum noch zu erkennen sind. Stattdessen tauchen alle Farben der Palette auf. Marc - wie allen anderen Künstlern des Blauen Reiters - ging es darum, die Grenzen zu anderen Gattungen zu sprengen. Farbe hatte für sie einen Klang und umgekehrt: Ton eine farbliche Entsprechung.
Bild: Solomon R. Guggenheim Museum
Unschuldige Kinderwelt
Auch August Macke nahm 1911/1912 an der legendären Aussstellung in der Galerie Thannhauser teil. Obwohl der Rheinländer nur 27 Jahre alt wurde, hinterließ er ein großes Werk. "Walterchens Spielsachen" erzählt von der unschuldigen Welt seines erstgeborenen Sohnes Walter. Gemälde seiner Familie, aber auch seine Reisen, sind Ausdruck seiner Sehnsucht nach einem verlorenen Paradies.
Bild: Städel Museum/U. Edelmann/ARTOTHEK
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Der gebürtige Münchener pflegte Kontakte zu vielen Künstlern seiner Zeit, vom Komponisten Arnold Schönberg über den Dadaisten Hugo Ball bis hin zu Malerkollegen. Kurzzeitig war Marc Mitglied der "Neuen Künstlervereinigung München". Doch zusammen mit Wassily Kandinsky trennte er sich von der Gruppe, um mit ihm 1912 den Almanach "Der Blaue Reiter" herauszugeben.
Gefallen an der Westfront
Viel Zeit, sich seinen Platz in der Kunstgeschichte zu ermalen, blieb Marc nicht. Er war kein Pazifist, sondern gehörte zu den Deutschen, die den Ersten Weltkrieg begrüßten. "Mein Herz ist dem Krieg nicht böse", schrieb er im November 1914 seinem Künstlerkollegen Kandinsky, "sondern aus tiefstem Herzen dankbar." Der Krieg, so hoffte Marc, würde Europa "reinigen." Anderthalb Jahre später war er tot, gefallen in der Schlacht von Verdun. Er wurde nur 36 Jahre alt. Er hinterließ 244 Ölgemälde sowie 261 Zeichnungen und Aquarelle. In Kochel am See, wohin er als junger Kunststudent für Zeichenstudien gekommen war, liegt er begraben. Hier steht seit 1986 ihm zu Ehren ein Museum.
Franz Marc: Ein "Blauer Reiter" in Bayern
In der Malerei des deutschen Expressionismus hat Franz Marc Maßstäbe gesetzt. 2016 jährte sich sein Todestag am 4. März zum 100. Mal. Eine Hommage an den Mitbegründer der Künstlergruppe "Der Blaue Reiter".
Bild: picture-alliance/dpa/A. Gebert
Inspirierende Landschaft
Schon als Kind verbringt der 1880 in München geborene Künstler seine Ferien in der Region rund um den Staffelsee. Der kleine Ort Sindelsdorf wird später sein Sommerrefugium. 1914 zieht er mit seiner Frau Maria in eine Villa in Ried, einem Stadtteil von Kochel am See. Das naturverbundene und einfache Leben in der bayerischen Provinz ist Basis des kreativen Schaffens von Franz Marc.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Gebert
Geliebte Tiere
Bilder wie die Roten Rehe II von 1912 brechen mit den traditionellen Naturdarstellungen in der Kunst. Heute zählen sie zu den populärsten Ikonen der Moderne. Franz Marc fühlt sich ein in die Natur und das Wesen der Tiere. Er gestaltet seine Werke in Farben und Formensprache auf gänzlich neue Art und Weise. Das Original des Bildes gehört zur Sammlung des Franz Marc Museums in Kochel am See.
Bild: Franz Marc Museum Kochel am See
Künstlerischer Aufbruch
Franz Marc studiert Malerei an der Münchner Akademie. In Paris entdeckt er den Malstil von Vincent van Gogh, Paul Gauguin und Henri Matisse und ist fasziniert. Nicht mehr das Gegenständliche, sondern das Innere sollte seinen Ausdruck auf der Leinwand finden. Auf Motivsuche wandert er oft auf die Staffelalm. Dort schuf er zwei Wandbilder, die nur nach Anmeldung zugänglich sind.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel
Von der Kunst in den Krieg
Der Erste Weltkrieg stoppt die enorm produktive Schaffensphase des Malers. Franz Marc wird im August 1914 zum Militär eingezogen. Seine Briefe aus dem Feld an seine Frau Maria sind rührende Dokumente ihrer Liebe. Eine letzte Karte schreibt er an sie am Morgen seines Todes. Am 4. März 1916 stirbt er in der Nähe von Verdun durch einen Granatsplitter. Er ist 36 Jahre alt.
Bild: Franz Marc Museum Kochel am See/Mitte: picture-alliance/dpa
Erinnerungsort
In Kochel am See, seiner Wahlheimat, findet Franz Marc seine letzte Ruhestätte. Seit 1986 ist ihm ein Museum gewidmet, das 2008 erweitert wird durch einen Neubau. Mit einer Ausstellungstrilogie "Franz Marc – Zwischen Utopie und Apokalypse" und Veranstaltungen gedachte das Museum des 100. Todestages seines Namensgebers.
Bild: picture-alliance/dpa/Foto: T. Kujat/Tourist Information Kochel
Magie der Originale
Im Museum in Kochel am See zu sehen waren auch Hauptwerke des Malers aus großen Sammlungen in Europa und den USA: wie "Das arme Land" ( 1913) aus der Solomon R. Guggenheim Collection, New York und "Weidende Pferde IV" (1911) aus dem Busch Reisinger Museum Cambridge, USA.
Bild: Salomon R. Guggenheim Foundation
Motiv und Motivation
Franz Marc malt Katzen, Hunde, Kühe, Rehe, Füchse, Tiger und Pferde. Die besonders gern und sogar als träumende Wesen. Sein "Blaues Pferd I" (1911), das Original hängt im Lenbachhaus München, symbolisiert die progressive Energie der Künstlervereinigung "Der Blaue Reiter". Sie stellt sich gegen die Konventionen akademischer Kunst, sucht ausdrucksstarke Formen bis zur Abstraktion.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Hörhager
Freundeskreis
In der Idylle von Oberbayern haben sich auch die Malerin Gabriele Münter und ihr Gefährte Wassily Kandinsky niedergelassen. Ihr Haus in Murnau wird zum Treffpunkt der Avantgarde deutscher und russischer Maler. Zusammen mit Franz Marc, August Macke, Paul Klee, Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin formulieren sie ihre Ideen von der "Neuen Kunst" im "Almanach des Blauen Reiters".
Bild: picture-alliance/dpa/H. Ossinger
Freiheit der Farben
"Blau ist das männliche Prinzip, herb und geistig. Gelb das weibliche Prinzip, sanft, heiter und sinnlich. Rot die Materie, brutal und schwer und stets die Farbe, die von den anderen beiden bekämpft und überwunden werden muss!", schreibt 1910 Franz Marc an seinen Freund August Macke. Das Werk "Gelbe Kuh" (1911) befindet sich seit 1949 im Besitz der Solomon R. Guggenheim Foundation.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini
Das Blaue Land
Zum Erbe von Franz Marc zählt auch die Bezeichnung "Blaues Land" für die Gegend zwischen Murnau und Kochel. Nicht nur für Maler sind die wechselnden Blautöne in den Lichtstimmungen der Landschaft faszinierend. Führungen bringen Besucher auch zu den bevorzugten Motivplätzen der Blauen Reiter.