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Der Blick in die sternenlose Nacht

Valentin Betz3. Januar 2015

Durch künstliches Licht werden die Nächte immer heller und die Sterne unsichtbar. Die Folgen davon sind weitreichend. Eine App zeigt nun, welche Orte besonders betroffen sind. Bürger helfen beim Sammeln der Daten.

Satellitenbild der Erde bei Nacht (Foto: NASA).
Bild: NASA

Künstliches Licht dringt auch in die letzten Winkel unseres Planeten. Auf Satellitenbildern sind regelrecht glühende Hotspots erkennbar - unsere hell erleuchteten Städte. Lichtverschmutzung oder "Skyglow" heißt das Problem. Und das beeinflusst nicht nur unseren Blick auf den Sternenhimmel. Denn die meisten Lebewesen richten ihr Verhalten nach dem Wechsel von Tag und Nacht. Durch die immense Beleuchtung werden Ökosysteme empfindlich gestört. Tiere können sich nicht mehr anhand der Sterne orientieren, künstliche Lichtquellen locken sie an und führen sie in die Irre.

Auch die menschliche Gesundheit wird durch die nächtliche Beleuchtung beeinträchtigt - der Körper produziert weniger Melatonin, ein Hormon, das uns nachts eigentlich müde machen sollte. Auch die Erforschung des Weltraums benötigt ebenfalls eine sternenklare Nacht. Nicht umsonst stehen Observatorien meist in menschenleeren Regionen.

Um die weltweite Lichtverschmutzung messen zu können, haben deutsche Forschungseinrichtungen unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) eine App entwickelt.

Der Nutzer muss einen bestimmten Stern am Himmel ausmachen

Bürger forschen

Die "Verlust der Nacht"-App kann jeder Besitzer eines Smartphones mit Android-Betriebssystem herunterladen. Sie prüft die Lichtverschmutzung anhand der Sichtbarkeit bestimmter Sterne: Je weniger Sterne sichtbar, desto stärker ist die Region durch Licht verschmutzt. Das Citizen Science-Projekt ermöglicht die schnelle Sammlung von Daten überall auf der Welt - eine Leistung, die die Forscher alleine nie erbringen könnten. "Die meisten Teilnehmer kommen aus Deutschland, gefolgt von den USA", erklärt Christopher Kyba vom IGB. Er hat die App mit entwickelt.

Zur Benutzung richtet man das Handy in den Nachthimmel. Ein kleiner, roter Kreis erscheint und zeigt mit einem Pfeil an, wo der nächste Stern eigentlich leuchten sollte.

Ist die Position des Sterns gefunden, vergrößert sich der Kreis und wird orange. Nun will die App wissen, wie gut der Stern erkennbar ist. Die App sendet das Ergebnis zusammen mit den GPS-Koordinaten an die Betreiber.

Die App ist allerdings nichts für Landeier und Wildnisliebhaber. "Unsere Methode funktioniert nicht, wenn tausende Sterne am Himmel zu sehen sind", so Kyba. Denn fragt die App dann nach der Sichtbarkeit eines bestimmten Sterns, ist jeder Hobbyastronom vermutlich überfordert angesichts der Auswahl. Zum Glück ist Lichtverschmutzung hauptsächlich ein städtisches Problem. In ländlichen oder gar menschenleeren Regionen offenbart sich der Sternenhimmel noch in ganzer Pracht. Hier gibt es sogar richtige Sternenparks.

Nahe dem havellandischen Gülpe, etwa 100 Kilometer westlich von Berlin, liegt Deutschlands erster Sternenpark

Auch das Wetter wird bei der App mit bedacht. Denn das kann - neben der Lichtverschmutzung - ebenfalls für eine schlechte Sicht sorgen. Um die Ergebnisse nicht zu verfälschen, fragt die App also gleich zu beginn nach der Wetterlage: Ist es etwa neblig oder bewölkt? Auch wenn ein Stern nicht klar zu erkennen ist, will es die App genau wissen - denn nicht nur "Skyglow" kommt in Frage, könnte es auch der bewölkte Himmel sein, oder ganz einfach ein Hochhaus, das im Weg steht.

Zukünftiger Nutzen

Die gesammelten Daten sollen den Wissenschaftlern über Jahrzehnte hinweg Aufschluss über die Veränderung des "Skyglows" geben. In besonders stark durch Licht verschmutzten Regionen könnte man durch eine gezieltere Beleuchtung das Problem verringern. Christopher Kyba weiß allerdings um die Schwächen der App: "Wir können wahrscheinlich nicht sagen, ob eine einzelne Stadt heller geworden ist, aber im Bezug auf Regionen lässt sich künftig ein Trend erkennen." Zwar kämen die Daten aus über 100 Ländern, allerdings konzentrierten sie sich noch hauptsächlich auf wohlhabende Staaten. Kyba wünscht sich deshalb eine noch größere Reichweite der App.

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