Der Comic - eine Erfolgsgeschichte
Annabelle Steffes4. Juli 2016Comics auf dem Erfolgskurs
70 Jahre Micky-Maus-Heft in Deutschland! Zunächst sah es hierzulande für Comics düster aus, sie galten lange als Schund. Mittlerweile hat sich viel getan - auch international.
Micky Maus, Goofy und Co. kommen nach Deutschland
Anfang 1950 hält man Comics in Deutschland noch für "Teufelszeug". Trotzdem erscheint am 29. August 1951 das erste Micky-Maus-Heft in deutscher Sprache. Der Start ist holprig: Von den rund 300.000 Exemplaren werden nicht mal die Hälfte verkauft, der Rest geht als kostenlose Werbeexemplare an Schulen oder in den Reißwolf. Heute gelten Micky Maus und Co. längst als Literaturklassiker.
Eine cholerische Ente erobert die Herzen
Dieser wütende Erpel darf in unserer Liste nicht fehlen. 1934 taucht er zuerst beim Trickfilm auf, neun Jahre später dann in den amerikanischen "Walt Disney Comics". Zeichner Carl Barks trägt entscheidend zu Donald Ducks Popularität bei: Über 20 Jahre schreibt und illustriert er Disney Comics und erschafft Donalds umfangreiche Verwandtschaft: 1947 taucht Dagobert Duck auf, 1948 Gustav Gans.
Der Urvater des Comics
Für viele Experten gilt Wilhelm Busch als Urvater des Comics. Der Künstler aus der deutschen Provinz inspiriert die ersten modernen Comiczeichner in New York und beeinflusst später sogar Walt Disney. Seine "Helden", die er ab den 1860er Jahren erschafft, sind gemeine Tierquäler, versoffene Pfarrer, scheinheilige Betschwestern und zwei ungezogene Kinder: Max und Moritz.
Pioniere des Comics
Mittlerweile sind dem Comic ganze Ausstellungen gewidmet, so etwa die Schau "Pioniere des Comics" in der Frankfurter Schirn im Jahr 2016. Auf diesem Bild sieht man einen Ausschnitt von "Polly and Her Pals" von Cliff Sterrett. Sterrett und seine Kollegen gelten heute als Pioniere: Sie erheben den Comic zur eigenen Kunstform und nehmen Entwicklungen wie den Surrealismus und Expressionismus vorweg.
Unbekannte Seherfahrungen
Der Comic verdankt seinen Aufstieg den Zeitungen: Sinkende Papierpreise und leistungsstärkere Druckmaschinen machen sie Anfang des 20. Jahrhunderts für ein großes Publikum erschwinglich. Im hart umkämpften Zeitungsmarkt spielten Comics eine wichtige Rolle: Der Erfolg einer Zeitung entscheidet sich mitunter an der Popularität ihrer Comicstrips - sozusagen das erste Bildmassenmedium der Geschichte.
Ein Superheld wird geboren
1933 - mit gerade mal 14 Jahren - entwickeln Jerry Siegel und Joe Shuster die Figur Superman und taufen ihn Kal-El, hebräisch für "Gott ist in allem". Erst fünf Jahre später finden sie für ihren Helden einen Verlag: DC Comics veröffentlicht 1938 das erste Heft in der Reihe "Action Comics". In den USA wird 2014 eine Erstausgabe für 3,2 Millionen Dollar (ca. 2,4 Millionen Euro) versteigert.
Superhelden-Boom
Superman bleibt nicht lange allein: Bald bekämpfen Batman, Captain America, Wonderwoman, The Flash und unzählige andere Superhelden Superschurken aller Art - unter anderem auch Adolf Hitler - während des Zweiten Weltkrieges sollen Superman & Co ganz bewusst die Moral der amerikanischen Truppen stärken.
Superhelden werden zu Leinwandhelden
Mit Ende des Krieges verschwinden viele der Superhelden - nur die Dauerbrenner können sich ihren "Job" sichern und schlagen sich fortan mit außerirdischen Bedrohungen und Verbrechergenies wie dem "Joker" rum. Einen erneuten Boom erleben Superman & Co durch diverse Verfilmungen, etwa mit "Deadpool", einer Figur aus dem Marvel-Verlag.
"Die spinnen, die Römer"
Auch Europa hat viele herausragende Comics vorzuweisen. Asterix und Obelix der französischen Künstler René Goscinny und Albert Uderzo (Foto) gehören zu den berühmtesten. Bereits 1959 erfunden, spielen die beiden Gallier die Hauptrollen in insgesamt 36 Alben. Mit "Asterix und der Greif" erscheint im Oktober 2021 der aktuellste Band - mittlerweile nicht mehr unter Federführung der Urväter.
Der rasende Reporter
Auch Tim (Tintin) hat Comicgeschichte geschrieben. Mit seinem kleinen weißen Hund reist er um die ganze Welt und erlebt haarsträubende Abenteuer. 1929 vom Belgier Hergé erfunden, sind die 24 Bände in jeder Buchhandlung zu finden. Die Serie hat sogar mehrere Anklagen überlebt - etwa wegen Rassismus: 2007 reicht ein kongolesischer Student Klage gegen die Verbreitung von Tim im Kongo (Bild) ein.
Poor Lonesome Cowboy
Ein weiterer Comicstar aus Belgien ist der Cowboy Lucky Luke. Der Mann, der schneller zieht als sein Schatten, ist von Zeichner "Morris" erfunden und tritt erstmals 1946 in der Zeitschrift "Spirou" in Erscheinung. Das erste Lucky-Luke-Album erscheint 1949. Neben den Heften schreibt Morris 17 Drehbücher zu Lucky Luke, darunter die unvergessene Realverfilmung mit Terence Hill in der Hauptrolle.
Comics in neuem Gewand
Comics haben es nicht immer leicht: Mitunter gelten sie als jugendgefährdend oder verdummend. 1977 prägt Autor Will Eisner den Begriff "Graphic Novel", um den literarischen Anspruch seiner Geschichten zu unterstreichen. Ein kluger Schachzug, denn plötzlich ist das Interesse der "traditionellen" Leserschaft geweckt. Berühmt wurde Eisner allerdings mit einem "richtigen" Comic: "The Spirit" (Bild).
Der Siegeszug der Graphic Novel
Anders als beim Comic ist die Graphic Novel abgeschlossen und wird in Buch- und nicht in Heftform angeboten. Inhaltlich unterscheidet sie sich kaum. Mit "Maus" gelingt Art Spiegelmann 1986 der Sprung in die Bestsellerlisten, 1992 erhält er sogar den Pulitzer-Preis. Ein Novum für einen Comic. In "Maus" erzählt der Amerikaner die Geschichte seines Vaters, eines Holocaust-Überlebenden.
Die deutsche Comic-Szene entwickelt sich
Anders als in Frankreich oder den USA ist man dem bildstarken Medium hierzulande lange Zeit verschlossen. Inzwischen sind auch deutsche Autoren international etabliert, etwa Reinhard Kleist. An vielversprechendem Nachwuchs fehlt es auch nicht: Nils Oskamp beschreibt in "Drei Steine" (Bild), wie er in seiner Jugend Opfer rechter Gewalt wurde. Es wird mittlerweile in vielen Schulen gelesen.
Phänomen Manga
In ihrem Ursprungsland Japan sind Mangas schon lange wichtiger Bestandteil der Freizeitkultur. In Europa sind sie bis in die 1990er-Jahren häufig als Comics mit gewalttätigen oder sexuellen Inhalten verschrien. Erst durch TV-Serien wie "Sailor Moon" oder "Dragonball" gewinnen sie an Akzeptanz. Ende der 1990er-Jahre löst "Pokemon" in Deutschland einen regelrechten "Manga-Boom" aus.
Superman, Asterix und Obelix oder Donald Duck - diese Comic-Helden sind weltbekannt. Aber wer ebnete ihnen und ihren Schöpfern den Weg? Eine Ausstellung in der Frankfurter Schirn-Kunsthalle würdigt derzeit die frühe amerikanische Comic-Avantgarde. Lange vor den Surrealisten oder Expressionisten sprengten Comic-Pioniere wie Winsor McCay oder Cliff Sterrett gängige Bildformate und schufen eine ganz eigene Kunstform. Und erreichten damit Anfang des 20. Jahrhunderts ein Millionenpublikum.