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Weißes Gold

Ruby Russell / hf9. Februar 2016

Der internationale Elfenbeinhandel wurde 1989 verboten, warum also nimmt die Wilderei in den letzten Jahren wieder dramatisch zu? Der europäische Handel mit Elefantenstoßzähnen könnte die gesamte Art in Gefahr bringen.

Foto: Eine Herde Buschelefanten im Amboseli Nationalpark im Süden Kenias.
Bild: CC BY 2.0/Benh LIEU SONG

Als der internationale Elfenbeinhandel 1989 verboten wurde, schien die Ausrottung des Afrikanischen Elefanten abgewendet zu sein. Nach einem Jahrzehnt des Abschlachtens, in dem sich die Zahl der Tiere weltweit halbiert hatte, erholten sich die Populationen.

Aber auch 25 Jahre später gibt es noch immer einen blühenden Elfenbeinhandel und die Europäische Union ist einer ihrer wichtigsten Akteure - durch den Export des begehrten Materials in den wachsenden asiatischen Markt.
Angesichts des erneuten starken Anstiegs der Wilderei, der inzwischen jedes Jahr 30.000 Afrikanische Elefanten zum Opfer fallen, sagen Tierschützer, das untergrabe das Verbot und befeuere den illegalen Handel.

"Jeder kommerzielle Markt für Elfenbein bietet die Möglichkeit des illegalen Handels, denn es ist schwer zu kontrollieren, ob ein Stück legal ist oder nicht", sagt Will Travers, Präsident der Tierschutzorganisation #link:http://www.bornfree.org.uk/animals/african-elephants/:Born Free.# "Und jegliche Form von Handel ermutigt die Wilderer. Die sagen sich: 'Wenn es einen Markt gibt, dann werden wir versuchen ihn zu bedienen."

Zu viele Schlupflöcher

Schlupflöcher im Verbot sind ein Teil des Problems, sagen Naturschützer. Laut Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) ist der internationale Handel mit Elfenbein seit 1989 verboten - aber der Verkauf im Inland ist weiterhin erlaubt.
Und es gibt weitere Ausnahmen: Elfenbein darf als "persönliche Habe" für nicht-kommerzielle Zwecke über Landesgrenzen gebracht werden, unter anderem auch Elfenbeinstoßzähne, die Jäger als Trophäen von Großwildjagden mit nach Hause bringen.

Ebenfalls legal ist der Verkauf von antikem und "Vor-Abkommens-Elfenbein" - also von Elfenbein, das aus der Zeit stammt, bevor Afrikanische Elefanten 1976 vom CITES als bedroht eingestuft wurden. Auch der Handel mit Mammutelfenbein bleibt erlaubt.

Elena Tennigkeit, Besitzerin der deutschen Firma Ox-Gallstone GmbH, die mit Elfenbein und anderen Rohstoffen handelt, sagte gegenüber DW, sie kaufe Elefantenstoßzähne aus Privatbesitz und auf Auktionen - zum Beispiel alte Jagdtrophäen, die inzwischen eine Generation geerbt hat, die nicht davon träumen würde, sie an die Wand zu hängen. "Niemand in Europa will mehr Elfenbein", sagt sie. "Die Leute mögen es nicht."

Antikes Elfenbein kann gemäß dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen noch immer legal gehandelt werdenBild: Imago/Gong Bing

In großen Teilen Asiens hingegen ist es ein gefragtes Luxusgut und steht als "weißes Gold" hoch im Kurs. Tennigkeit sagt, Europas altes Elfenbein decke eine begrenzte, elitäre Nachfrage in Asien, die ansonsten durch gewildertes Elfenbein befriedigt würde. "Wenn Europa das Elfenbein, das es hat, vernichtet, wird das den Elefanten nicht helfen", sagt sie.

Signalwirkung

Einige Tierschützer sehen das anders. Die Elfenbeinvorräte zu zerstören, wie es Länder wie Kenia, die USA und China seit 1989 getan haben, sendet eine klare Botschaft, dass es inakzeptabel ist, Elfenbein zu kaufen.

Und solche Signale sind wichtig. Travers sagt, dass die Erfahrungen in letzter Zeit gezeigt haben, dass der legale Handel mit Elfenbein die Wilderei nicht eindämmt, sondern stattdessen die Botschaft sendet, dass Elfenbein immer noch ein sehr interessanter Markt ist.

Botsuana, Namibia, Simbabwe und Südafrika hatten sich erfolgreich dafür eingesetzt, den Gefährdungsstatus ihrer Elefantenpopulationen herunterzustufen, was den Weg für den einmaligen Abverkauf von Elfenbeinreserven 1999 und 2008 freimachte. Infolge dessen nahm die Wilderei zu.

Blutelfenbein

Nach dem Abverkauf von afrikanischem Elfenbein nach China im Jahr 2008 wurden jährlich zwischen 30.000 und 50.000 Elefanten getötet. Allein Tansania verlor zwischen 2009 und Ende 2014 im Schnitt mehr als 1000 Elefanten pro Monat.
"Wie wir vorausgesagt hatten, hat das die Nachfrage angefacht und ein klares Signal gesendet, dass der Elfenbeinhandel weitergeht und immer noch attraktiv ist", sagt Travers. "Ich denke, man kann nur zu dem Schluss kommen, dass diese Verkäufe der Auslöser für die massive Eskalation der Wilderei waren, die bis zum damaligen Zeitpunkt ziemlich gut unterbunden worden war."

Ein Elefantenschädel, bei dem Wilderer die Stoßzähne entfernt haben, in der Nähe von Voi, Taita-Taveta Distrikt, KeniaBild: CC BY-SA 3.0/Ina96

Darüber hinaus sind Aktivisten wie Daniela Freyer von der Münchner Naturschutzorganisation #link:http://www.prowildlife.de/Elefantenschutz:Pro Wildlife# besorgt darüber, dass illegal gewildertes Elfenbein über den legalen Handel "gewaschen" werden könnte. "Niemand kann wirklich feststellen, wie alt das Elfenbein ist", sagte Freyer gegenüber DW.
Vor-Abkommens-Elfenbein kann nur mit einer Altersbescheinigung exportiert werden und Elfenbeinhändlerin Tennigkeit beharrt darauf, dass diese zu bekommen ein komplexer und teurer Prozess sei, der kaum Raum für Zweifel an der Herkunft des Elfenbeins lässt.

Aber Freyer argumentiert, dass Zertifikate gefälscht werden können. Die andere Befürchtung ist, dass selbst echte Zertifikate nach der Lieferung des legalen Elfenbeins manipuliert und erneut verwendet werden können, um illegales Elfenbein zu importieren.

Aus Fehlern gelernt

Tierschützer wie Travers und Freyer sagen, man habe aus dem Experiment mit den "einmaligen Abverkäufen" gelernt und dass es erneut Bestrebungen gibt, hart gegen den Elfenbeinhandel durchzugreifen.

Hongkong, ein Hauptumschlagplatz im internationalen Elfenbeinhandel, hat im Januar angekündigt, dass es den Im- und Export von Elfenbein verbieten und den inländischen Markt stufenweise schließen werde. Dies geschah kurz nach ähnlichen gemeinsamen Verpflichtungen der USA und Chinas im vergangenen Jahr. China ist der größte Endabnehmer für Elfenbein und die USA nach einigen Schätzungen der zweitgrößte.

Aber der weltgrößte Exporteur von Vor-Abkommens-Elfenbein, die Europäische Union, hinkt hinterher.

Verbrennung von Elfenbein in Brazzaville, Republik Kongo, wo Präsident Nguesso die gesamten Vorräte von fast fünf Tonnen illegalem Elfenbein anzündeteBild: CC BY 2.0/International Fund for Animal Welfare Animal Rescue Blog

"Die EU muss ein politisches Signal senden", sagt Freyer. "Immer mehr Länder zerstören ihre Elfenbeinvorräte und verbieten den inländischen Handel, und da vermisst man wirklich die Stimme der EU bei diesen internationalen Vereinbarungen. Die EU führt ihren Elfenbeinhandel einfach weiter."

Öffentlicher Druck

Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Österreich, Schweden und die Niederlande haben den Export von Vor-Abkommens-Elefantenstoßzähnen bereits verboten und andere EU-Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, es ihnen gleich zu tun.
Aber weil es immer noch möglich ist, Elfenbein innerhalb der EU zu verschieben, findet Elfenbein aus Ländern mit einem Exportverbot immer noch seinen Weg auf den internationalen Markt. Deshalb argumentieren viele, dass Beschränkungen auf der EU-Ebene nötig sind.

Die Europäische Kommission sagt, ihr lägen keine Beweise dafür vor, dass der legale Handel mit alten Elfenbeingegenständen in der EU dafür genutzt werde, um illegales Elfenbein zu "waschen". Aber Sprecher Enrico Brivio sagte gegenüber DW, dass im März ein neuer EU-Aktionsplan gegen den illegalen Handel mit wild lebenden Tieren und Pflanzen präsentiert werde, der die großen Mengen von Vor-Abkommens-Elfenbein, die aus Europa exportiert werden, "eingehend betrachten" soll.

"Wir wollen sicherstellen, dass das nicht die Nachfrage nach Elfenbein in Asien befeuert, die im vergangenen Jahrzehnt beträchtlich gewachsen ist", sagte Brivio.
Ob der Plan den Weg für ein Verbot des verbleibenden Elfenbeinhandels in Europa ebnen wird, bleibt abzuwarten. Aber Travers, der 1989 eine Wagenladung voller unterschriebener Petitionen zu der Versammlung brachte, die das internationale Handelsverbot einleitete, sagt, dass besorgte Elefantenfreunde mehr Einfluss denn je haben.

"Mit der Entwicklung von Sozialen Medien können wir uns heute alle engagieren und uns informieren. Wir können unsere Parlamentarier kontaktieren, wir können mit einem Knopfdruck Projektinitiativen unterstützen - das ist bahnbrechend in der gesamten Demokratisierung dieses Prozesses."

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