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Der erste demokratische Präsident Serbiens

28. Juni 2004

- Wahl von Boris Tadic ist Entscheidung gegen Rückschritt und für die Demokratie

Bonn, 18.6.204, DW-RADIO / Südosteuropa, Andrej Smodiš

Der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Boris Tadic, ist neuer Präsident Serbiens. Noch vor zwei Wochen hätte man einen solchen Wahlausgang als Sensation gewertet. Der geistige Nachfolger des ermordeten Ministerpräsidenten Zoran Djindjic hatte es geschafft, die Unterstützung des gesamten zerstrittenen demokratischen Blocks an sich zu ziehen und konnte so seinen nationalistischen Gegenkandidaten schlagen. Damit hat das jahrelange Tauziehen um die Wahl des neuen Präsidenten Serbiens ein Ende gefunden. Andrej Smodiš kommentiert.

"Nur voran!" - So lautete das Motto, unter dem Boris Tadic zu den Präsidentschaftswahlen antrat. Die Wählerinnen und Wähler in Serbien haben dieses Motto offenbar verstanden: Sie haben mehrheitlich ihre Stimme dem neuen Hoffnungsträger gegeben - und nicht dem rückwärts blickenden nationalistischen Herausforderer Tomislav Nikolic.

Dieser Nikolic und seine Radikale Partei sind noch immer in den 1990-er Jahren stecken geblieben und halten an der Politik von Slobodan Miloševic und den Nationalisten fest. Sie wollen immer noch die Ausweitung des serbischen Territoriums, sie verweigern nach wie vor die Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft, sie behandeln nach wie vor die nicht-serbischen Minderheiten als Feinde. Eine Politik ohne Zukunft, für die Sackgasse.

Der neue Präsident hingegen steht für eine vollkommen andere Haltung. Er ist der erste Nicht-Kommunist an der Spitze Serbiens. Er hat in seiner Zeit als Verteidigungsminister mit seinen Armee-Reformen gezeigt, dass er für die Zukunft plant. Und er ist es, dem man zuschreiben kann, dass die Kluft innerhalb des demokratischen Lagers immer kleiner wird.

Diese Kluft wird von Ministerpräsident Vojislav Koštunica aufrechterhalten, aus Gründen, die - in der Vergangenheit liegen. Es wird höchste Zeit, dass sich auch Koštunica von der Vergangenheit abwendet und nach vorne blickt.

Denn die Konstellation ist seit Jahresbeginn klar und unbefriedigend: Der Regierungschef führt eine Koalition der demokratischen Kräfte, die sich ausgerechnet von Miloševic, dem Angeklagten in Den Haag, unterstützen lässt. Gleichzeitig lässt Koštunica die Demokratische Partei des neuen Präsidenten in der Opposition schmoren.

Die Wähler in Serbien haben den Herren Koštunica und Tadic einen klaren Auftrag gegeben: gemeinsam sollen sie dafür sorgen, dass Serbien den Weg der Demokratie weiter geht. Und obwohl es Tadic ist, der zum Präsidenten gewählt wurde - die Fäden der Macht hält der Ministerpräsident, also Vojislav Koštunica, in der Hand.

Der Regierungschef sollte die Partei des Wahlsiegers Tadic in die Regierung aufnehmen und sich entgültig von Miloševic verabschieden. Dann muss Koštunica den Gerüchten um baldige Neuwahlen des Parlaments entgegentreten - die Demokraten haben eine handlungsfähige Mehrheit im Parlament, er braucht sie einfach nur zu nutzen. Und schließlich sollte er die Ausarbeitung der neuen Verfassung vorantreiben - im Moment gilt noch immer die alte aus dem Sozialismus.

Niemand kann Wunder erwarten - aber die Wähler in Serbien sind über den eigenen Schatten gesprungen und haben den populistischen Verlockungen der Radikalen widerstanden. Da dürfen sie auch von den Streithähnen im demokratischen Lager verlangen, dass diese sich zusammenraufen. Der neue Präsident Boris Tadic sagt, er sei dazu bereit. (fp)