1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Der "Fall" Kövesi

Robert Schwartz
26. Februar 2019

Vor zwei Jahren fasste die EU den Beschluss, eine Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) ins Leben zu rufen. Doch die Suche nach einem geeigneten Leiter der Behörde entpuppt sich als böses Politikum.

Laura Codruta Kövesi
Kandidatin Kövesi: Für Rumäniens Regierung ein rotes TuchBild: picture-alliance/dpa/AP Photo/V. Ghirda

Der Zeitplan für die Gründung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) war von Anfang an klar abgesteckt: Die neue Behörde soll bis Ende 2020 ihre Arbeit aufnehmen. Ihr Ziel: europaweit und somit grenzübergreifend gegen Korruption, Geldwäsche und Betrug mit EU-Fördergeldern zu ermitteln. Im April 2017 hatten sich 16 Mitgliedstaaten - darunter auch Rumänien - darauf verständigt, die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) im Rahmen einer "verstärkten Zusammenarbeit" einzurichten. Inzwischen sind 22 der insgesamt 28 EU-Staaten daran beteiligt.

Drei Kandidaten für das neue Amt haben es in die Endrunde geschafft. Eine unabhängige Expertenkommission hatte die Auswahl nach professionellen Kriterien getroffen und dem Europaparlament die rumänische Staatsanwältin Laura Kövesi vor dem Franzosen Jean François Bohnert und dem Deutschen Andres Ritter vorgeschlagen. In diesen Tagen soll die endgültige Entscheidung getroffen werden.

Kövesi, ein rotes Tuch für Bukarest

Wie sich schnell herausstellte, war die ehemalige Leiterin der rumänischen Anti-Korruptionsbehörde DNA nicht nur für die sozial-liberale Regierung in Bukarest ein rotes Tuch. Nach einem Frontalangriff der rumänischen, nominell sozialdemokratischen Regierungspartei PSD und ihrem pseudo-liberalen Juniorpartner ALDE gegen die in der EU geschätzte Juristin positionierte sich auch Bulgarien gegen Kövesi.

Demonstration in Bukarest (am Sonntag): Plädoyer für Rechtsstaatlichkeit und eine unabhängige Justiz Bild: Getty Images/AFP/D. Mihailescu

Laut übereinstimmenden Berichten aus diplomatischen Kreisen in Brüssel stimmten im Ausschuss der ständigen EU-Vertreter nicht nur die rumänische EU-Botschafterin, sondern auch ihr bulgarischer Kollege gegen die Kandidatur Kövesis. Bulgarien hat - ähnlich wie Rumänien - chronische Probleme mit der flächendeckenden Korruption. Beide Länder stehen seit ihrem EU-Beitritt 2007 unter einem strikten Monitoring. Laura Kövesi genießt auch in Bulgarien ein hohes Ansehen.

Beliebt auch in Bulgarien

Nach ihrem Besuch in Sofia vor zwei Jahren wird sie von einer Mehrheit der Bulgaren als entschiedene Kämpferin gegen die Staatskorruption angesehen. Gleichzeitig wird im Internet auch gegen Kövesi agitiert, vor allem mit der Behauptung, sie sei "ein US-Projekt". Auch der bulgarische Premierminister Bojko Borissow hat die gefürchtete Korruptionsjägerin mehrmals kritisiert. Man brauche kein "rumänisches Modell" und solle sich lieber an Deutschland und anderen Ländern orientieren. "Bulgarien braucht Ruhe", so Borissow.

Die Anhörung an diesem Dienstag im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sowie im Haushaltskontrollausschuss ist eine weitere Etappe im Verfahren um die Wahl des neuen europäischen Chefanklägers. Verleumdungen seitens der Regierung aus Bukarest und vor allem ein fadenscheiniges Strafverfahren, das in aller Eile nach ihrer Nominierung von einer neu geschaffenen rumänischen Justizbehörde eingeleitet wurde, könnten die Chancen Kövesis schwächen. Es gibt allerdings auch Experten in Brüssel, die genau das Gegenteil behaupten: Das Vorgehen der eigenen Regierung gegen die rumänische Kandidatin sei der klare Beweis dafür, dass sie ihre Arbeit als DNA-Leiterin hervorragend getan habe.

Eigentor der Regierung Bukarests?

Im Europaparlament mehren sich indes die Befürworter ihrer Kandidatur. Nicht nur konservative Politiker der Europäischen Volkspartei (EVP) und der liberalen ALDE-Fraktion, sondern auch Mitglieder der Europäischen Sozialdemokraten und der Grünen wollen Kövesi bei ihrer Wahl unterstützen. Wie wichtig diese Unterstützung ist und wie erfolgreich die Lobbyarbeit der rumänischen Regierung gegen die eigene Kandidatin war, wird sich bei den nächsten beiden Wahlgängen zeigen. Ins Plenum des Europaparlaments zieht am Mittwoch nur der Endsieger der Zwischenetappen ein, um sich mit einer Zweidrittel-Mehrheit zum neuen europäischen Chefankläger beziehungsweise zur Chefanklägerin küren zu lassen.

Ganz gleich, ob Laura Kövesi den Zuschlag bekommt oder nicht: Die rumänische sozial-liberale Regierung hat sich just während der eigenen EU-Ratspräsidentschaft ein weiteres Eigentor geschossen. Über den Ausschluss der beiden Koalitionspartner aus der jeweiligen europäischen Parteienfamilie wird schon länger spekuliert. Das kontinuierliche Vorgehen gegen eine unabhängige Justiz und gegen Rechtsstaatlichkeit wird so manchen europäischen Politiker zum Handeln zwingen. Schon wegen der eigenen Glaubwürdigkeit vor den Europawahlen.