Warum der FC Bayern die Fußball-Bundesliga wieder dominiert
Matt Pearson
4. Mai 2025
Der FC Bayern München ist zum 34. Mal deutscher Fußballmeister. Welche Entscheidungen und Personalien haben nach einer zuletzt titellosen Saison zu diesem Erfolg geführt?
Auch nach einem Unentschieden in Leipzig war den Bayern die Meisterschaft nicht mehr zu nehmenBild: Jan Woitas/dpa/picture alliance
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Nach einem Jahr Meister-Pause ist der FC Bayern München zurück auf dem Thron des deutschen Fußballs. Etwa zwölf Monate ist es her, dass Bayer Leverkusen die erste ungeschlagene Saison der Bundesliga-Geschichte hingelegt hat und in der Saison 2023/24 zum ersten Mal die deutsche Meisterschaft gewinnen konnte. Ein Jahr später reicht den Bayern ein 3:3-Unentschieden bei RB Leipzig und eine Leverkusener Punkteteilung mit dem SC Freiburg, um die Machtverhältnisse im deutschen Fußball bereits am 32. Spieltag wiederherzustellen.
Bayern München ist deutscher Meister - und das ist ein gewohntes Bild für Fußballfans. Zwölf der letzten 13 nationalen Titel gingen an den deutschen Rekordmeister. Die Leichtigkeit des diesjährigen Erfolgs lässt fast vergessen, in was für großen Turbulenzen sich der Verein am Ende der vergangenen Saison befand. Zunächst gab Thomas Tuchel seinen Trainerposten auf, dann sagten reihenweise Wunschkandidaten wie Xabi Alonso (Leverkusen) oder Ralf Rangnick (Österreich) ab. Wie also schaffte es der FC Bayern zurück an die Spitze des deutschen Fußballs? Und wie geht es weiter?
Kompany als Stabilisator
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Bayern-Trainer Vincent Kompany beim Rekordmeister nicht die erste Wahl war. Auch Kompany selbst war sich dessen bewusst. Vor seinem Amtsantritt bei den Münchnern war der Belgier mit dem FC Burnley aus der englischen Premier League abgestiegen und hatte keinerlei Erfahrung in der Betreuung einer Top-Mannschaft. Ein guter Start in die Bundesliga war also enorm wichtig, um kritische Stimmen gleich verstummen zu lassen. Unter Kompany sind die Bayern in der Defensive enger zusammengerückt und haben ein effektives Offensivkonzept gefunden. Das Resultat: 13 Spiele ohne Niederlage zum Start in die Bundesliga-Saison 2024/25.
Bayern-Coach Vincent Kompany (2.v.r.) hat eine gute Beziehung zu seinen SpielernBild: Peter Schatz/picture alliance
Vielleicht am meisten hat der ehemalige Weltklasse-Innenverteidiger allerdings abseits des Platzes beeindruckt. Der Job bei Bayern ist mit großem internen und externen Druck verbunden, den Kompany souverän zu meistern scheint. Sowohl im Umgang mit dem Medien als auch mit den Spielern, beispielsweise bei Leon Goretzkas Unzufriedenheit zu Beginn der Saison, gibt er ein gutes Bild ab.
Neuer Schwung aus der Premier League
Nur wenige Spieler wechseln aus Englands Premier League in die Bundesliga. Bayern München hat jedoch mit den Verpflichtungen von Harry Kane (kam 2023 von Tottenham Hotspur) in der letzten Saison und Michael Olise (Crystal Palace) das Muster durchbrochen. Kanes unfassbare Torquote ist gut dokumentiert, aber es lohnt sich, sie noch einmal herauszustellen: Im April erzielte er sein 60. Bundesliga-Tor im 60. Spiel, also ein Tor pro Spiel im Schnitt. In weniger als zwei Spielzeiten hat er bereits gegen jeden Verein in der Bundesliga getroffen.
Michael Olise bejubelt seinen Treffer zum zwischenzeitlichen Ausgleich gegen LeipzigBild: Matthias Schrader/AP Photo/picture alliance
Doch auch ein Kane ist kein Alleinunterhalter. Er braucht Unterstützung von den Flügeln, die ihm in der vergangenen Saison deutlich gefehlt hatte. Mit der Verpflichtung von Olise wurde dieses Problem gelöst. Im Vergleich zu Bayerns anderen Außenstürmern mag Olise ein wenig langsamer sein, dafür ist er aber deutlich kreativer und gewiefter und verleiht dem Angriff des Rekordmeisters eine neue Facette. Die Zahlen sprechen für sich: Mit 17 Assists hat er bislang die meisten Vorlagen in der Bundesliga beigesteuert. Zum Vergleich: Kein Bayern-Spieler kam in der vergangenen Saison auf mehr als elf.
Leverkusen schwächelt
Bereits der 2. Spieltag stellte die Weichen für den Rest der Saison. Leverkusen verspielte einen Zwei-Tore-Vorsprung und verlor gegen RB Leipzig. Die Elf von Trainer Xabi Alonso war zwar dominant, aber nicht zielstrebig genug und kassierte so einen frühen Rückstand gegenüber Bayern im Meisterschaftsrennen, den sie trotz der vielen verbleibenden Spiele nicht mehr aufholen konnte. Leverkusen hat zwar nach dieser Niederlage nur ein weiteres Mal verloren (genauso viele Niederlagen wie die Bayern), spielte aber ein Drittel seiner Spiele unentschieden - zu oft um den Meistertitel zu verteidigen.
Florian Wirtz steht auf der Wunschliste des FC BayernBild: Marco Steinbrenner/DeFodi Images/picture alliance
Die überragende vorangegangene Saison lässt diese Spielzeit somit wie einen Rückschritt für die Werkself aussehen. Zumindest hat es Leverkusen nicht mehr so regelmäßig wie in der Vorsaison geschafft, enge Spiele durch Einzelaktionen oder späte Tore für sich zu entscheiden. Außerdem ist zu befürchten, dass Trainer Xabi Alonso und das absolute Juwel der Mannschaft, Florian Wirtz, den Verein in diesem Sommer verlassen. Sollte sich Wirtz zu einem Wechsel zum FC Bayern entscheiden, könnte die Saison 2023/24 tatsächlich wie ein einmaliger Ausrutscher in der schier ewigen Dominanz Bayern Münchens wirken.
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Bayern stark in der Breite
Die mögliche Verpflichtung von Wirtz würde Kompany noch mehr Optionen in einem ohnehin schon gut bestückten Kader bieten. Die Bayern mussten aufgrund von Verletzungen von Dayot Upamecano, Alphonso Davies und Hiroki Ito häufig in der Defensive umstellen. Der Muskelfaserriss von Jamal Musiala Anfang April war zudem ein großer Verlust im kreativen Offensivbereich. Kingsley Coman und Serge Gnabry haben ebenso wie Torhüter Manuel Neuer wichtige Teile der Saison verpasst. Kompany hat daraufhin Leon Goretzka wieder in die Mannschaft integriert, obwohl es vor seinem Amtsantritt so aussah, als würde der deutsche Nationalspieler bei den Münchnern keine Zukunft haben. Die teilweise verletzungsbedingten Rotationen im Mittelfeld gingen im Großen und Ganzen gut auf.
Thomas Müller - die Klublegende verlässt den FC Bayern
Nach 25 Jahren beim FC Bayern, 17 davon als Profi, geht die Ära Thomas Müller in München zu Ende. Kaum einer verkörpert Deutschlands erfolgreichsten Fußballklub so sehr wie der unorthodoxe Angreifer.
Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance
Anfänge in der bayerischen Provinz
Schon mit vier Jahren beginnt Thomas Müller in seinem Heimatdorf Pähl bei München mit dem Fußballspielen. Früh beweist er dort seine außergewöhnlichen Qualitäten. Als Neunjähriger (Foto, 2.v.r.) erzielt er in einer Saison 120 Tore und weckt damit das Interesse des "großen Nachbarn" FC Bayern.
Von der D- bis zur A-Jugend durchläuft Müller alle Jugendmannschaften des FC Bayern und zählt dort immer zu den erfolgreichsten Torschützen. Er spielt schon bei den Junioren unter anderem mit den späteren Bayern-Profis Toni Kroos, Holger Bastuber und Diego Contento zusammen.
Bild: augenklick/firo Sportphoto/picture alliance
Debüt in der Bundesliga
Am 1. Spieltag der Saison 2008/2009 darf Müller erstmals auch in der Bundesliga für die Bayern auflaufen. Im Spiel gegen den Hamburger SV wechselt der damalige Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann ihn zehn Minuten vor dem Ende für Miroslav Klose ein.
Bild: Miguel Villagran/AP/picture alliance
Premierentreffer bei Premiere in der Champions League
Einige Monate später darf Müller auch erstmals in der Champions League ran. Im März 2009 wird er im Achtelfinal-Rückspiel gegen Sporting Lissabon eingewechselt und erzielt nach wenigen Minuten den Treffer zum 7:1-Endstand.
Bild: Daniel Ulmer/Pressefoto ULMER/picture-alliance
Müller spielt immer!
Unter Louis van Gaal entwickelt sich Müller endgültig zur festen Größe im Bayern-Kader. Der knorrige Niederländer ist von Juli 2009 bis April 2011 Bayern-Trainer und fördert Müller und andere Nachwuchsspieler. Den vielseitigen Offensivspieler schätzt er am meisten. "Müller spielt immer!", lautet van Gaals Credo.
Bild: Thomas Eisenhuth/dpa/picture alliance
Erfolg in der Königsklasse
Den wichtigsten Titel seiner frühen Karriere feiert Müller mit dem FC Bayern im Jahr 2013. Gegen Borussia Dortmund holen die Münchner nach zwölf Jahren Wartezeit wieder den ersehnten "Henkelpott", den Champions-League-Pokal. Ein Jahr später ist Müller sogar Weltpokalsieger und Weltmeister und hat mit nur 24 Jahren im Grunde bereits alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt.
Bild: SvenSimon/picture alliance
Keine Muskeln, keine Technik
Wie Müller selbst zugibt, ist er kein großer Ballvirtuose und beherrscht keine Tricks. Ein großer Modellathlet ist er mit seinen dünnen Beinen auch nicht. Dafür hat er ein unvergleichliches Gespür dafür, wo er stehen oder sich hinbewegen muss, um gefährlich zu sein und zum Abschluss zu kommen. Diese Fähigkeit bringt ihm den Beinamen "der Raumdeuter" ein.
Bild: Martin Hangen/hangenfoto/Vallejos/picture alliance
Radio Müller
Keiner spricht so viel wie Thomas Müller - egal ob auf oder neben dem Platz, beim Training oder in der Kabine. Müller dirigiert, kommentiert, feuert an und reklamiert - er hat nie Sendepause. Münchens Co- und Amateur-Trainer Hermann Gerland gibt ihm daher recht schnell den Spitznamen "Radio Müller".
Bild: Peter Schatz/picture alliance
Titelhamster
33 Titel feiert Müller - davon 32 mit dem FC Bayern. Zwölfmal wird er Deutscher Meister und sechsmal DFB-Pokalsieger. Zweimal gewinnt er mit den Münchnern die Champions League und die Klub-WM. Hinzu kommen etliche Supercups. Gemessen an gewonnenen Trophäen ist Müller hinter Toni Kroos (34 Titel) der zweiterfolgreichste deutsche Fußballer.
Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance
Rekordspieler
Keiner läuft so oft für den FC Bayern auf wie er. Insgesamt trägt Müller das Bayern-Trikot in 742 Pflichtspielen (Stand 2.4.2025). Im September 2024 löst er Sepp Maier (709) als Rekordspieler der Münchner ab - die Torwartlegende war ebenfalls 17 Jahre lang Profi bei den Bayern (1962 bis 1979).
Bild: SvenSimon/picture alliance
Pferdezüchter und halber Olympiasieger
Ein zweites Standbein hat sich Müller bereits aufgebaut. Gemeinsam mit seiner Frau Lisa (Foto), einer Dressurreiterin, betreibt er vor den Toren von München ein Gestüt mit einer Pferdezucht. Auf Checker, einem Pferd, an dem Müller zu 50 Prozent Mitbesitzer ist, gewinnt Christian Kukuk 2024 in Paris Gold im Springreiten.
Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance
Gemeinsam gealtert
Viele seiner langjährigen Bayern-Weggefährten wie Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm haben ihre Karrieren vor längerer Zeit beendet. Immer noch an Müllers Seite steht Torhüter Manuel Neuer (l.). Beide sind in der ewigen Bestenliste der Spieler mit den meisten Einsätzen in der Bundesliga und der Champions League weit nach oben geklettert.
Bild: Irina R. Hipolito/DPPI media/picture alliance
Nur noch Ersatz
So oft in der Startelf der Bayern wie Kapitän Neuer steht Müller in der laufenden Saison aber bei Weitem nicht mehr. Entweder spielt er gar nicht oder nur ein paar Minuten kurz vor dem Spielende. Richtig glücklich mit der neuen Rolle wirkt der 35-Jährige nicht.
Bild: Frank Hoermann/Sven Simon/picture alliance
"Fokus auf die Zukunft"
Nun begründete der FCB die bevorstehende Trennung von Thomas Müller mit der Kaderplanung. Man wolle den Fokus auf die Zukunft richten, erklärte Sportvorstand Max Eberl die Entscheidung. Seine letzten Pflichtspiele für die Münchner werde Müller bei der Klub-WM in den USA im Sommer bestreiten, hieß es vom Verein. Auch ein eigenes Abschiedsspiel für ihn soll es geben.
Bild: Pressebildagentur ULMER/picture alliance
Ende der langen Karriere?
"Der Verein hat sich bewusst dafür entschieden, mit mir keinen neuen Vertrag für die nächste Saison zu verhandeln. Auch wenn dies nicht meinen persönlichen Wünschen entsprach, ist es wichtig, dass der Verein seinen Überzeugungen folgt", schrieb Müller in einem Brief an die Fans. Ob er seine aktive Karriere woanders fortsetzen wird, verriet der Fußballprofi (noch) nicht.
Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance
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Neuers Verletzung im Tor eröffnete dem 21-jährigen Jonas Urbig die Chance, sich im Tor des Rekordmeisters zu beweisen, was sich langfristig als Vorteil erweisen könnte. Neuer wird nächstes Jahr 40 Jahre alt. Da Thomas Müller nach der Klub-WM in Juni und Juli den Verein verlassen wird, muss sich Kompany auf eine Zukunft ohne zwei wichtige, langjährige Stützen des Vereins einstellen. Aber das kann noch warten. Zunächst feiert der FC Bayern seinen 34. und Müller den 13. Titel in der Bundesliga.