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PolitikSerbien

Der Freund Xi kommt: Serbien setzt zunehmend auf China

7. Mai 2024

Den Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping sieht man in Serbien als Bestätigung der "stählernen Freundschaft" zwischen beiden Ländern. China hat sich in dem Westbalkanland als bedeutender Akteur etabliert.

Serbische und chinesische Fahnen wehen im Wind
Eine serbische Flagge inmitten chinesischer Flaggen in Belgrad (Archivfoto)Bild: Darko Vojinovic/AP Photo/picture alliance

Vielleicht passte das Datum seines Besuchs in Belgrad, der Hauptstadt Serbiens, zufällig so in den Kalender von Chinas Staatschef Xi Jinping. Vielleicht war der Termin aber auch mit Bedacht gewählt. Denn der Tag, an dem er in das Westbalkanland kommt, hat es in sich: Am 7. Mai 2024 ist es genau ein Vierteljahrhundert her, dass eine NATO-Bombe die chinesische Botschaft in Belgrad traf. Drei chinesische Journalisten starben damals, über zwanzig Menschen wurden verletzt.

Der Angriff geschah während des Kosovo-Kriegs, als die NATO intervenierte, um die Verbrechen an den Albanern im Kosovo zu stoppen. Das westliche Militärbündnis agierte jedoch ohne UN-Mandat.

Die NATO erklärte, die chinesische Botschaft in Belgrad sei versehentlich getroffen worden. Peking bezweifelt dies. Für China spielt der Luftangriff bis heute eine große Rolle: Er macht Serbien zu einem ideologischen Verbündeten im Kampf gegen "den von den USA geführten Westen".

Vor 25 Jahren: Die NATO bombardiert Jugoslawien

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Und so pflegen das 6,6-Millionen Einwohner-Land Serbien und die Volkrepublik China mit ihren gut 1,4 Milliarden Einwohnern seit Jahren freundschaftliche und praktische Beziehungen. 

Kredite, Infrastruktur, Fabriken

Dabei geht es in erster Linie um Wirtschaft. So baut Serbien mit einem massiven chinesischen Kredit von 3,2 Milliarden Euro 5000 Kilometer Kanalisation und 159 Kläranlagen, denn bislang verfügt nicht einmal die Hauptstadt Belgrad über eine Abwasseraufbereitung. Daneben betreiben die Chinesen ein riesiges Stahlwerk in Zentralserbien, eine Schmelzanlage samt Kupfermine im Osten des Landes und eine Reifenfabrik im Norden.

2018 übernahm das chinesische Bergbauunternehmen Zijin 63 Prozent der Anteile an der Kupfermine in Majdanpek in OstserbienBild: Jelena Djukic Pejic/DW

Chinesische Firmen bauen auch an einem Prestigeprojekt von Präsident Aleksandar Vucic: Belgrad ist Gastgeber der Weltausstellung EXPO 2027 - dafür lässt Vucic ein neues Stadtviertel und ein neues Nationalstadion bauen. Das Ganze soll 17 Milliarden Euro kosten.

Serbien als Tor zum Westen

Für chinesische Unternehmen, die ehrgeizige Ziele auf dem europäischen Markt haben, ist Serbien seit Jahren das Eingangstor. Das Land hat zwar Handelsabkommen mit Brüssel, ist aber kein EU-Mitglied und unterliegt somit nicht allen strengen Regeln der EU.

In Belgrad regiert mit Vucic außerdem ein pragmatischer Autokrat, der die Medien an der kurzen Leine hält und zu kritische Berichterstattung über den chinesischen Einfluss verhindert. Ob die Eröffnung einer von Chinesen gebauten Brücke in Belgrad oder die eines Autobahnabschnitts und einer Eisenbahnstrecke zwischen Belgrad und Budapest - Vucic und die Fernsehkameras sind dabei.

Arbeiter begrüßen im Jahr 2016 die beiden Präsidenten Xi und Vucic im Stahlwerk Zelezara Smederevo, das China erworben hatBild: Oliver Bunic/AFP/Getty Images

Die Eisenbahnstrecke Budapest-Belgrad soll später über Nordmazedonien bis zu dem griechischen Großhafen Piräus verlängert werden, der sich in den vergangenen fünfzehn Jahren als Chinas Brückenkopf zum europäischen Markt etabliert hat. Am Ende soll hier ein wichtiger Zugang zu der von China geplanten "neuen Seidenstraße" sein.

"China ist in den letzten 15 Jahren tatsächlich zu einer der Säulen der infrastrukturellen und wirtschaftlichen Entwicklung Serbiens geworden", sagt der Politologe Stefan Vladisavljev, ein Chinakenner vom Think-Tank Belgrade Fund for Political Excellence. Dies passe gut zur Haupterzählung der serbischen Regierung: Fortschritt, Jobs, höhere Löhne.

Nicht nur Wirtschaft

China ist - nach Deutschland - der zweitgrößte Handelspartner Serbiens. Doch während das Handelsdefizit mit Deutschland eine halbe Milliarde Euro beträgt, betrug das Defizit gegenüber China im vergangenen Jahr 3,4 Milliarden.

Dies soll sich durch das Freihandelsabkommen zwischen Belgrad und Peking ändern, das im Juli in Kraft treten wird. Laut Präsident Vucic möchte man den Chinesen vor allem mehr Gemüse, Obst, Schnaps und Wein verkaufen. 

Präsident Aleksandar Vucic zu Besuch bei Präsident Xi Jinping in Peking im Jahr 2019Bild: AFP via Getty Images

Die "stählerne Freundschaft", wie Belgrad und Peking ihre Beziehung nennen, sei vor allem zu Beginn der Pandemie gefestigt worden, so Vladisavljev. Damals schickten die Chinesen große Mengen an Impfdosen und Masken. Das blieb im Gedächtnis. Im Gegensatz dazu wurde die über 100 Millionen Euro schwere Hilfe der EU für Pandemiebekämpfung in den serbischen Medien kaum erwähnt.

Denn hier geht es auch um große Politik. Während Vucic offiziell sein Land in die EU führen möchte - was jedoch nur sehr schleppend vorangeht - pflegt er gleichzeitig die Verbindung mit dem orthodoxen Russland - und zunehmend auch mit China.

Beide Vetomächte im UN-Sicherheitsrat unterstützen Serbien, das es ablehnt, die Selbstständigkeit der ehemaligen serbischen Provinz Kosovo anzuerkennen.

"Das Phantombild des idealen Freundes"

Doch während die russische Unterstützung auch einen politischen Preis hat - vor allem seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine - kommt die aus Peking anscheinend ohne politische Auflagen.

"China ist für Serbien das Phantombild des idealen Freundes", sagt Vladisavljev. Es gehe um wirtschaftliche und politische Unterstützung sowie die Wahrnehmung Chinas als große Macht, die dem Westen endlich die Stirn biete.

Genau das sei der EU und den USA suspekt, so der Politologe weiter. "Der Balkan gehörte schon immer primär zur westlichen Einflusszone. Daher befürchtet man, dass mit einer möglichen Aufnahme Serbiens in die EU auch ein Knotenpunkt der chinesischen Interessen nach Europa kommt."

Präsident Vucics Kuschelkurs mit China kommt beim Volk gut an. Laut allen Umfragen ist China zweitbester Freund und zweitwichtigster Verbündeter für Serbien. Am beliebtesten ist immer noch Russland. Die EU und die USA sind weit abgeschlagen.

Korrekturhinweis: Wir haben die Bezeichnung "Eiserne Freundschaft" durch den Begriff "Stählerne Freundschaft" ersetzt. Beide Begriffe werden im Deutschen benutzt, aber "stählern" entspricht dem serbischen Original "čelično prijateljstvo" (wörtlich: "stählerne Freundschaft") mehr. Der Begriff kam auf, als China im Jahr 2016 das Stahlwerk in Smederevo vor dem Aus rettete.