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Der Kölner Dom: Eine gotische Dauerbaustelle

Paula Onusseit
17. April 2023

Der Kölner Dom ist das Wahrzeichen Kölns - und eine Dauerbaustelle. Seit Jahrhunderten, so scheint es, wird an der Kathedrale gearbeitet. Was ist dran am Mythos des unfertigen Doms?

Sonnenuntergang am Kölner Dom
Vor nunmehr 775 Jahren wurde der Grundstein des Kölner Doms gelegtBild: Oliver Berg/dpa/picture alliance

Der Kölner Dom ist das Wahrzeichen der Stadt Köln und als UNESCO-Weltkulturerbe weit über die Grenzen des Rheinlands hinaus bekannt. Mit 4,3 Millionen Besucherinnen und Besuchern landete er 2022 auf Platz eins der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Deutschlands.

Wer die Hohe Domkirche Sankt Petrus, wie der Kölner Dom offiziell heißt, in den letzten Jahren selbst einmal live gesehen hat, kann bezeugen: Ohne Gerüst sieht man die Kirche selten. Da mag es kaum überraschen, dass das Wahrzeichen Kölns für mehr als 300 Jahre ein anderes war - nämlich der hölzerne Baukran auf dem unfertigen Südturm des Doms.

Nicht der Dom selbst, sondern ein Holzkran auf dem unfertigen Dom war lange das "Wahrzeichen" KölnsBild: akg-images/picture-alliance

Seitdem hat sich offensichtlich einiges getan. Der Kran ist verschwunden, die Kirche mit ihren zwei Türmen zur Kölner Ikone geworden. Gebaut aber wird noch immer. Oder immer wieder?

Aller Anfang ist - leicht?

Anfangs geht alles ganz schnell. Nachdem der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden den Grundstein für den Bau eines neuen Doms legt, kann der Domchor bereits 1322 geweiht werden. Um 1360 wird das Fundament des Südturms fertiggestellt. 58 Meter wächst der Turm in den folgenden Jahrzehnten in die Höhe. Bis der Bau um 1520 unterbrochen wird. Der Holzkran, der zu dieser Zeit auf dem unfertigen Turm steht, wird zum Wahrzeichen der Stadt. Er ist Hoffnung und Mahnung zugleich - solange der Kran noch auf dem Turm steht, könnte schließlich jederzeit weitergebaut werden.

Der Kölner Dom war mehr als 300 Jahre eine unfertige BaustelleBild: Êrik Lattwein/Zoonar/picture alliance

Über 300 Jahre lang ruht die Baustelle. Die Bevölkerung Kölns sucht nach Gründen für diese Unterbrechung. In ihren "Deutschen Sagen" von 1816 verzeichnen die Gebrüder Grimm einen Text, der den Baustopp der Kathedrale erklären soll. In unterschiedlichen Versionen der Sage spielen List und Verrat, manchmal auch der Teufel, eine Rolle. Der Ausgang der Sage ist jedoch in allen Varianten gleich: Am Ende ist der Baumeister tot, und der Dom bleibt unfertig.

Hoch hinaus und bunt gemischt

Erst 1842 legt König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen den Grundstein zur Vollendung des Doms. 1880 können die Bauarbeiten abgeschlossen werden. Mit einer Höhe von 157 Metern ist die Kathedrale bei ihrer Fertigstellung das höchste Gebäude der Welt. Und das, obwohl die Pläne für die Türme von 1280/90 stammen. Kein Wunder, dass ein so ambitioniertes Bauvorhaben nicht in wenigen Jahrzehnten abgeschlossen werden konnte. Noch heute belegt der Kölner Dom Platz drei der Liste der weltweit höchsten Kirchtürme.

157 Meter hoch ist er, der Kölner DomBild: Rolf Vennenbernd/dpa/picture alliance

Im Zweiten Weltkrieg wird auch der Dom in Köln zum Ziel von Bombenangriffen. Bis 1956 dauert der Wiederaufbau der Kathedrale. Wer genau hinguckt, kann noch heute die Spuren dieser Reparaturen entdecken: Die Dombauhütte verbaut zu dieser Zeit Basaltlava, die dunkler ist als der Sandstein, der im 19. Jahrhundert zum Einsatz kam.

Insgesamt besteht der Kölner Dom aus ungefähr 50 verschiedenen Steinarten. Neben Basalt und Sandstein zählen besonders Trachyt, Tuff und Kalkstein zu den meistgenutzten Baumaterialien. Heute wird bei der der Restauration vor allem darauf geachtet, die Steine an das ursprüngliche Aussehen und Material der Kirche anzupassen. Bekannt ist der Kölner Dom als "Meisterwerk der gotischen Architektur". Doch auch Fans der zeitgenössischen Kunst kommen bei einem Besuch auf ihre Kosten: Seit 2007 ziert ein von Gerhard Richter entworfenes Fenster den Dom.

Gerhard Richter entwarf ein Fenster für den Kölner DomBild: Oliver Berg dpa/picture alliance

Gotik, Geld und Weltuntergang

Einen ähnlichen Spagat zwischen Tradition und Moderne schafft der Zentral-Dombau-Verein (ZDV) zu Köln, der seit 1842 jährlich rund 60 Prozent der Erhaltungskosten trägt. Acht bis zwölf Millionen Euro kostet die Finanzierung des Doms jedes Jahr. Seit März 2023 soll ein digitales Kunstprojekt seinen Erhalt unterstützen. Domliebhaber aus aller Welt können sich durch den Kauf sogenannter NFTs (Non-Fungible Tokens) Rechte an einzelnen Teilen einer riesigen Fotografie der Kathedrale sichern. Der Erlös fließt größtenteils an den ZDV.

Es ist wohl Ansichtssache, ob der Dom längst fertig ist und in den letzten 150 Jahren nur noch restauriert wurde, oder ob die Bauarbeiten bis heute anhalten. Geht man nach einem kölschen Sprichwort, ist die Antwort allerdings klar - die Kirche ist noch immer eine Baustelle. Denn wenn der Kölner Dom fertig ist, so heißt es in der Stadt am Rhein ... dann geht die Welt unter.

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