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Gegen die Gewalt im Kinderzimmer

Julia Elvers-Guyot6. März 2007

Es gibt sie im Fernsehen, Internet oder auf dem Handy: gewaltverherrlichende Spiele, die immer mehr Jugendliche nutzen. Doch im Internet lauern für Jugendliche noch weitere Gefahren.

Ein junger Mann ruft in einem Internet-Café die Website des Gewaltspiels Counter Strike auf (Quelle: AP)
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften entschied: die Website des Gewaltspiels Counter Strike ist nicht jugendgefährdendBild: AP

Die Zahl der Kinder, die schon sehr früh ihren eigenen Fernseher, Computer oder eine Playstation im Kinderzimmer stehen haben, nimmt in Deutschland immer mehr zu - und damit auch die Zeit, die sie vor diesen Geräten verbringen. Vor allem Jungen sind gut ausgestattet. "Sie nutzen auch völlig andere Inhalte als Mädchen, nämlich sehr viel mehr Gewalt, vor allem in Computerspielen", sagt Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachen.

Je größer der Medienkonsum, desto schlechter die Schulleistungen…

Blutige Szene aus Mortal KombatBild: AP

Erste Konsequenz, die Pfeiffer aus dem gestiegenen Medienkonsum ableitet: "Je mehr Zeit die Kinder mit den Medien verbringen und je brutaler die Inhalte sind, umso schlechter die Noten; das betrifft vor allem Jungen." Hinzu käme bei Jugendlichen, die in schwierigen familiären Umständen leben würden, ein zunehmendes Gewaltpotenzial. "Je mehr man solche Spiele konsumiert, um so geringer ist die Sensibilität für das, was man Opfern antut. Und das erleichtert dann den Entschluss, Gewalt auszuüben."

... und desto höher die Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen

Ein Fünftel der Jungen, die sich Gewaltvideos anschauen oder Gewaltspiele spielen, wird dem Kriminologischen Forschungsinstitut zufolge auch gewalttätig. Etwa acht Prozent der Jungen würden wiederholt auffällig, "freilich ganz ungleich auf die Schultypen verteilt - sie konzentrieren sich sehr stark in der Hauptschule und am wenigsten in Gymnasien", sagt Pfeiffer.

Dazu kommt: Mehr als 80 Prozent der 14- und 15-jährigen Jungen spielen zumindest gelegentlich Spiele, die erst ab 18 freigegeben sind. Im Handel oder über ältere Freunde an die Spiele zu kommen, ist anscheinend einfach. Überraschend für den Kriminologen Pfeiffer ist die Erkenntnis, dass das Internet bei der Verbreitung gewaltverherrlichender Spiele keine allzu große Rolle zu spielen scheint. "Schauen wir uns die verbotenen Spiele an, für die es keine Werbung gibt und die auch sonst im Handel nicht erwerbbar sind. Da denkt man: Die werden dann sicher aus dem Internet geholt. Stimmt aber nicht - nur 2,5 Prozent der Jugendlichen spielen indizierte Spiele."

Spiele auf den Index?

Pfeiffer schlägt vor, "mit strafrechtlichen Verboten schärfer zu Werke" zu gehen. Damit erreiche man zwar nur einen kleinen Teil, "die ganz extremen Gewaltexzesse unter den Spielen. Aber es hat doch hohe symbolische Bedeutung, wenn der Staat hier Flagge zeigt, und bei solchen Spielen, in denen der Spieler in die Rolle eines Verbrechers kommt, der andere tötet und dafür auch noch belohnt wird, von Anfang an klar ist: da ist unsere Wertordnung dagegen."

EU setzt auf "Safer Internet Plus"

Die EU setzt auf andere Wege als Verbote. Sie will das Internet sicherer machen, denn Gewalt in Medien - das sind nicht nur Gewaltvideospiele, sondern auch Internetseiten mit pornographischen oder rechtsextremen Inhalten. 2005 hat die EU-Kommission daher das "Safer Internet Plus"-Programm gestartet. Über einen Zeitraum von vier Jahren stellt sie 45 Millionen Euro zur Verfügung, um illegale und jugendgefährdende Inhalte aus dem Internet zu bekämpfen.

Dafür hat sie ein Netzwerk von 30 Meldestellen eingerichtet, bei denen man illegale Inhalte melden kann. "Diese Hotlines kriegen jedes Jahr ungefähr 180.000 Berichte über mutmaßlich illegale Inhalte. Etwa ein Drittel davon wird weitergeleitet an die Meldestelle in dem betroffenen Land, das an der Quelle des illegalen Inhalts sitzt, die Polizei und den Internet Service Provider", sagt Horst Forster, Direktor der Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien bei der EU-Kommission.

Hauptproblem im Internet: Pornographie

In manchen Fällen streiten sich die Länder darüber, was illegal ist, denn das Strafrecht ist nationale Angelegenheit jedes EU-Mitglieds. "Aber es gibt manche Dinge, die sind überall illegal, zum Beispiel Kinderpornographie. Deswegen konzentriert sich ein großer Teil dieser Aktivitäten auf die Verhinderung von Kinderpornographie." Horst Forster erinnert an einen großen Kinderpornographie-Ring, der vor einigen Jahren gesprengt worden ist: "Das ist zustande gekommen, weil eine der deutschen Hotlines das aufgedeckt hat."

Selbstkontrolle durch Verhaltenskodex

Die EU initiiert jedes Jahr weltweit am 6. Februar einen "Safer Internet Day". In diesem Jahr ging es unter anderem um Mobilfunkangebote. Denn auch via UMTS- oder 3G-Handys kommen Kinder an jugendgefährdende oder illegale Inhalte. Auf dem Safer Internet Day haben rund 30 Mobilfunkanbieter ein Memorandum zum Jugendschutz im Mobilfunk unterschrieben. "Da werden Verhaltensregeln entwickelt, wie sich die Mobilfunkbetreiber und die Benutzer - insbesondere die Kinder - gegen illegale schädliche Inhalte schützen können", erklärt Horst Forster. In einem Jahr will die EU die Umsetzung überprüfen - und gegebenenfalls weitergehende Maßnahmen vorschlagen.

Es ist nicht der erste "Code of Conducts" dieser Art: "Auch Suchmaschinenbetreiber in Deutschland verpflichten sich, Webseiten, die von der Bundesprüfstelle indiziert worden sind, in ihren Suchmaschinentreffern nicht anzuzeigen ", sagt Thomas Günter, Justiziar bei "jugendschutz.net", das jugendschutzrelevante Angebote im Internet überprüft. Doch einige Bereiche hinken hinterher: "Stichwort Web 2.0 und 'Social Network'. Hier gibt es Plattformen, wo die User einfach selber Inhalte einstellen, beispielsweise YouTube. Es wäre wünschenswert, wenn es auch hier zu einer verstärkten Selbstkontrolle und zu einem Verhaltenskodex kommen würde", sagt Thomas Günter.

Gewaltspiel auf einer PlaystationBild: BilderBox
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