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Dümmel: "Der Kenyatta-Prozess überschattet alles"

Andrea Schmidt13. Dezember 2013

Top-Thema in Kenia ist nicht die 50-jährige Unabhängigkeit, sondern der Prozess gegen das Staatsoberhaupt in Den Haag. Karsten Dümmel, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Nairobi, sieht Konfliktpotenzial.

Karsten Dümmel, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Nairobi (Foto: Freseniust)
Bild: cc-by-sa/Freseniust

Kenia feiert seine 50-jährige Unabhängigkeit von Großbritannien. Gleichzeitig sind der aktuelle Präsident des Landes, Uhuru Kenyatta, und sein Stellvertreter William Ruto vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt. Wird der Jahrestag von diesem Prozess überschattet?

Leider ja. Im Moment beschäftigt sich die kenianische Regierung nur mit diesem Thema. Ebenso die Medien: Die Zeitungen berichten fünf Tage die Woche über den Prozess.

Die kenianische Regierung hat eine antiwestliche Haltung aufgebaut. Wird nicht vergessen, dass der Internationale Strafgerichtshof nur in Aktion trat, weil Kenia es nicht geschafft hatte, selbst die Gewalt nach den Wahlen 2007 aufzuarbeiten?

Es war der Wunsch des ehemaligen Ministerpräsidenten Raila Odinga, diesen Prozess auf der internationalen Bühne stattfinden zu lassen. Heute wird so getan, als sei Kenia dieser Prozess von der westlichen Welt aufgezwungen worden. Die Kenianer haben die Wahrheit schlichtweg vergessen und die jetzige Regierung tut alles dafür, das momentane Bild am Leben zu halten.

Geopolitisch ist Kenia wichtig für den Westen im Kampf gegen den Terrorismus, es hat eine lange Grenze zu Somalia. Welche Auswirkungen könnte es auf die Zusammenarbeit haben, sollte Kenyatta nicht vor Gericht erscheinen?

Kenia ist eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Land in Ostafrika im Kampf gegen den Terrorismus, im Kampf gegen die somalischen Piraten und gegen Al-Shabaab. Die kenianische Armee steht da auch zu ihren internationalen Verpflichtungen. Falls Kenyatta nicht vor Gericht erscheinen sollte, wird es der Westen sicherlich nicht zu einem kompletten Bruch bei der Zusammenarbeit kommen lassen. Es könnte zu einzelnen Sanktionen kommen, vielleicht würde es einen internationalen Haftbefehl gegen Kenyatta geben. Der Westen wird seinen ostafrikanischen Partner aber weiterhin im Kampf gegen den Terror brauchen. Man würde vielleicht sogar darüber nachdenken, die Anklage fallen zu lassen. Denn was haben Europa und die USA davon, mit einem Präsidenten zusammenzuarbeiten, der per internationalem Haftbefehl gesucht wird?

Kenia ist ein Vielvölkerstaat. Seit der Unabhängigkeit gibt es immer wieder Konflikte um die ungerechte Landverteilung. Was müsste die Regierung unternehmen, um diese Probleme zu lösen?

Kenia sollte sich ein Beispiel an anderen Vielvölkerstaaten nehmen, zum Beispiel an Senegal: Dort hat es die Regierung geschafft, die verschiedenen ethnischen Gruppierungen in die Regierung, die Armee und die Polizei zu integrieren. Wenn sich alle auf den unterschiedlichen politischen Entscheidungsebenen repräsentiert sehen, dann erübrigt sich die Frage nach der ethnischen Zugehörigkeit: Dann ist man einfach Kenianer. Wenn das geschafft werden würde, würde vieles in diesem Land besser laufen.

Viele Kenianer setzen große Hoffnungen in die neue Verfassung, die 2010 in Kraft getreten ist. Wie ist es um die Umsetzung bestellt?

Die Umsetzung verläuft leider sehr schleppend, da steht das Land noch vor großen Herausforderungen. Die größten Probleme gibt es im Sicherheitsbereich; Polizei und Geheimdienste sollten sonst längst reformiert worden sein. Auch die Bildungsreformen kommen nicht voran, viele Schulen werden kaum noch besucht, weil der Unterricht dort so schlecht ist. Außerdem braucht Kenia dringend eine Landreform: Im Moment kommt es vor, dass ein und dasselbe Grundstück drei- oder viermal verkauft wird - da ist auch viel Korruption im Spiel. Es gibt also noch viel zu tun.

Karsten Dümmel leitet die CDU-nahe Konrad Adenauer Stiftung in Kenias Hauptstadt Nairobi.

Das Interview führte Andrea Schmidt.

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