Kopfschmerzen? Die Lösung: eine Schmerztablette. Bauchschmerzen? Warum nicht eine Tablette? Und bei starken Beschwerden? Da helfen Opioide. Aber egal, ob als Medikament oder Droge – sie können schnell abhängig machen.
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Opioide sind die stärksten Schmerzmittel, die uns zur Verfügung stehen. Sie docken an bestimmte Rezeptoren im Nervensystem an, vor allem im Gehirn. Darüber entfalten sie ihre Wirkung. "Wenn man sie medikamentös einsetzt, lindern sie Schmerzen oder führen zu Schmerzfreiheit", erklärt Norbert Wodarz. Er ist Suchtforscher an der Universitätsklinik Regensburg. "Eine stärkere Wirkung als Opioide haben dann nur noch Anästhetika, also Betäubungsmittel", ergänzt Wodarz.
Opiat oder Opioid?
Opiate sind psychoaktive Substanzen, die aus Schlafmohn gewonnen werden. Der Milchsaft der Pflanze, der dazu verwendet wird, besteht zu drei bis 23 Prozent aus Morphin, das somit den Hauptbestandteil bildet. Morphin ist das älteste und wichtigste Opiat. Codein ist ebenfalls ein Opiat.
Opioide hingegen sind teilweise synthetisch hergestellte Substanzen. Heroin ist das bekannteste Opioid. Auch Methadon und Fetanyl gehören in diese Gruppe. Es wird durch einen chemischen Prozess hergestellt. Hierzu ist ebenfalls Morphin nötig. "Die Trennung in Opiat und Opioid hat man mittlerweile aufgegeben. Es heißt jetzt nur noch 'Opioide'", erläutert Wodarz. Das umfasst alle Substanzen, die natürlichen und die synthetischen.
Der Stoff, aus dem die Träume sind
Wenn Opioide als Droge und nicht als Schmerzmittel eingesetzt werden, wirken sie euphorisierend. "Heroinkonsumenten beispielsweise spritzen den Stoff, weil er innerhalb von 30 Sekunden wirkt. Es entsteht eine Euphorie, aber es entspannt auch", sagt Wodarz, "denn das Heroin, das in die Vene gespritzt wird, tritt schnell über das Blut ins Gehirn."
Der Drogenabhängige schaltet jegliche Probleme und Schwierigkeiten aus, fühlt sich glücklich und zufrieden. Heroin dämpft aber auch die geistige Aktivität, Gefühle wie Angst oder der Leere treten auf.
Tod auf Rezept?
Die Wirkung von Opioiden als Rauschmittel bleibt nicht immer gleich stark. Folglich muss ein Drogenabhängiger die Dosis ständig erhöhen, damit er etwas spürt beziehungsweise irgendwann gar nichts mehr spürt. Er wird körperlich und auch psychisch abhängig.
Die Abhängigkeit rückt in den Mittelpunkt des Lebens. Alles dreht sich darum, die nächste Dosis zu organisieren und zu spritzen. Oft kommen Alkoholkonsum, Psychopharmaka oder andere Drogen hinzu. Die Gefahr, sich etwa mit Hepatitis oder HIV anzustecken, steigt. Gefährlich sind auch unsaubere Drogen, die mit verschiedenen Substanzen gemischt werden. Dadurch zerstört sich der Körper immer mehr. Die weit verbreitete Annahme, Heroin schädige die Organe, ist allerdings falsch.
Die körperlichen und psychischen Entzugserscheinungen aber sind furchtbar: Schon wenige Stunden nach dem letzten 'Schuss' kann es zu Schweißausbrüchen und Zittern kommen, zu Nervosität, Magenkrämpfen und Brechreiz oder auch zu Kreislaufstörungen.
Opioide als Schmerzmittel
In der Schmerztherapie sind Opioide nicht mehr wegzudenken. Ärzte verschreiben sie vor allem als Tablette oder als Pflaster, das kontinuierlich den Wirkstoff abgibt. Als Medikament verabreicht bleibt die Euphorie aus. Die Wirkung lässt länger auf sich warten als beim Spritzen in die Vene. Es kann bis zu drei Stunden dauern, bis die Schmerzen beim Patienten abnehmen. "Es muss ja erst einmal aus dem Darm aufgenommen werden, in den Blutkreislauf gelangen und dann an die Rezeptoren gelangen", erklärt Wordarz. "Weil sich die Wirkung so langsam entwickelt, fehlt auch das Euphoriegefühl, das Drogenabhängige haben."
Zuverlässiges Medikament
Die Nebenwirkungen bei Opioiden als Medikament sind vergleichsweise gering. Viele Menschen leiden unter Übelkeit bis hin zu Erbrechen oder auch Verstopfung. Einige Opioide werden über die Leber verstoffwechselt und können diese stark belasten.
"Entscheidend ist, dass Opioide extrem wichtige Medikamente sind. Jeder, der einen Unfall hat, eine OP oder eine Tumorerkrankung, wird heilfroh sein, dass es diese Medikamente gibt." Wenn die Behandlung jedoch länger als zwei Monate dauert, gewöhnt sich der Körper auch hier an die Substanz und an die Dosis. "Wenn jemand mit 25 starke chronische Rückenschmerzen hat und man davon ausgehen muss, dass sich das auch in den nächsten 30 Jahren nicht ändert, dann sind Opioide als Dauermedikation nicht gut geeignet", gibt Wodarz zu Bedenken.
Bei Krebspatienten aber seien Opioide unverzichtbare Schmerzmedikamente. Der Suchtforscher ist der Meinung, dass Opioide bei Palliativpatienten sogar zu selten eingesetzt werden.
Schmerzfrei, aber abhängig
Oft liege es an den Patienten selbst, dass Ärzte starke Schmerzmittel verschrieben. Verständlicherweise möchten sie ihren Schmerz so schnell wie möglich dämpfen oder sogar ganz loswerden. Das funktioniert eben am besten mit Opioiden. Aber die sind bei weitem nicht immer das Mittel der Wahl. Bei Beschwerden wie Regelschmerzen oder ein bisschen Bauchweh seien sie eine absolut falsche Lösung. "Das", so Wodarz, "ist wie mit Kanonen auf Spatzen schießen."
Drogen aus dem Labor von Mutter Natur
Nicht Chemiker, sondern die Natur selbst stellt die gefährlichsten Stoffe her. In Blüten, Samen und Blättern stecken die berauschendsten Substanzen - und manchmal auch die tödlichsten. Finger weg!
Bild: Fotolia/Opra
Nutzpflanze mit Drogenzusatz
Die Hanfpflanze enthält das psychoaktive Tetrahydrocannabiol (THC). Es löst Euphorie aus, entspannt und kann auch Schmerzen lindern. Besonders viel THC enthalten die Blüten und blütennahen Blätter der unbefruchteten weiblichen Pflanze. Hauptsächlich daraus wird Hasch hergestellt. Es gibt auch Hanfarten, die kein THC enthalten. Aus ihnen stellt man zum Beispiel Fasern her.
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Früher ein Schlafmittel für Kinder
Sein Name verrät, wofür er in der Antike benutzt wurde: der Schlafmohn. Die unreifen Samenkapseln der Pflanze werden angeritzt. Wenn der Milchsaft herausläuft und trocknet, entsteht Roh-Opium. Die braun-schwarze Masse enthält unter anderem Morphin, das stärkste Schmerzmittel, das es gibt. Die chemische Nachbehandlung von Opium liefert das halbsynthetische Heroin.
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Zauberpilz gefällig?
Pilze sind wahre Chemie-Künstler - kein Wunder, dass einige Arten auch psychoaktive Substanzen herstellen. Zum Beispiel dieser Graue Dachpilz (Pluteus salicinus), ein Giftpilz. Er stellt Psilobycin her. Die Substanz verursacht visuelle Halluzinationen, die einem LSD-Rausch ähneln. Nebenwirkungen sind Übelkeit, Panikattacken und Psychosen.
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Drogensnack für unterwegs
Die Blätter des Cocastrauchs enthalten chemische Verbindungen, die mit Kokain verwandt sind. Sie stillen Schmerzen und wirken anregend. In vielen lateinamerikanischen Ländern ist das Kauen von Cocablättern weit verbreitet. Durch Fermentation, Trocknen und chemischer Aufarbeitung entsteht schließlich Kokain.
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Hübsche Blüten mit Giftwirkung
Engelstrompeten sind schön anzusehen - aber sie sind giftig. Alle Pflanzenteile enthalten Alkaloide, chemische Verbindungen mit starken Wirkungen auf den menschlichen Körper. Wird die Pflanze gegessen oder geraucht, steigt der Herzschlag und es kommt zu Halluzinationen. Wie bei allen Naturdrogen ist der Wirkstoff nur schwer zu dosieren - daher sind tödliche Unfälle nicht selten.
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Tolle Kirsche
Auch die Tollkirsche enthält giftige Alkaloide, vor allem Atropin. Es lässt das Herz schneller schlagen und stellt die Pupillen weit. Die Substanz wird bei Kreislaufstillständen eingesetzt, um den Patienten zu reanimieren. Rauschwirkungen treten bei hohen Konzentrationen ein - dann kommt es aber bereits zu lebensbedrohlichen Nebenwirkungen.
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Horrortrip mit Stechapfel
Im Internet taucht auch der giftige Stechapfel als Naturdroge auf: Er löst besonders ausgeprägte Halluzinationen aus. Berichten nach soll es bis zum totalen Realitätsverlust kommen. Nicht nur die Giftwirkung selbst ist dabei gefährlich, sondern auch die erhöhte Unfallgefahr bei solchen unkontrollierbaren Zuständen.
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Hawaiian Babies
Die Hawaiianische Holzrose stammt entgegen ihrem Namen aus Asien. Die Samen der Kletterpflanze enthalten den LSD-ähnlichen Wirkstoff Ergin. Es löst farbenprächtige Visionen und Euphorie aus, aber auch Übelkeit, Kribbeln und Psychosen. Überdosierungen passieren schnell, denn nur ein Samenkorn wirkt bereits halluzinogen. In Fachkreisen heißt die Naturdroge auch Hawaiian Babies.
Bild: picture-alliance/blickwinkel/R. Koenig
Ekstase durch Kaktus
Der Peyote-Kaktus in Mittelamerika ist vollgestopft mit Meskalin, einer Substanz, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt. Sie löst Rauschzustände, Ekstase und Glücksgefühle aus. Dafür wird der Kaktus in dünne Scheiben geschnitten und gegessen oder als Tee aufgekocht. Die seltene Kaktusart wird inzwischen auf der Roten Liste als gefährdet geführt.
Bild: picture-alliance/WILDLIFE
Sehen harmlos aus, aber...
Auch Muskatnüsse können in hoher Menge wie ein Rauschmittel wirken, denn sie enthalten das Halluzinationen auslösende Myristicin. Aber keine Sorge: Wer Muskatnuss nur als Gewürz verwendet, wird niemals die rauschauslösende Dosierung erreichen. Wäre auch nicht zu empfehlen, denn es soll dann zu Kopfschmerzen, Erbrechen und Durchfall kommen.
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Diese Blätter sollen psychoaktiv sein?
Ja, sind sie. Der Kratombaum in Südostasien baut das berauschende Mitragynin in seine Blätter ein. Sie können gekaut, geraucht und als Tee getrunken werden. Die Ureinwohner Thailands benutzten die Blätter zur Behandlung von Durchfall. Daraus lassen sich aber auch Drogencocktails herstellen.
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Diese Pflanze tötet Millionen Menschen jedes Jahr
Auch die Tabakpflanze stellt giftige und süchtig machende Chemikalien her und lagert sie in ihre Blätter ein: Nikotin und andere Alkaloide. Mit dem Giftcocktail wehrt sich die Pflanze gegen Tiere, die sie auffressen wollen. Getrocknet und geraucht, gehen die Inhaltsstoffe in den Menschen über - zusammen mit vielen krebserregenden Stoffen, die bei der Verbrennung des Tabaks entstehen.