Axl Rose und Elton John sangen im Duett, David Bowie betete: Das Konzert für den Queen-Frontmann am 20. April 1992 war ein Spektakel. Im Londoner Wembley Stadion gaben sich zahlreiche Weltstars das Mikrofon in die Hand.
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"Wir wollten ihm einen Abgang in dem Stil ermöglichen, den er gewöhnt war." Das war für Queen-Gitarrist Brian May und seine Bandkollegen Roger Taylor und John Deacon schon am Todestag von Freddie Mercury klar. Der charismatische Rockstar starb am 24. November 1991 an den Folgen von Aids. Und er bekam einen würdigen Abschied - in einer Dimension, die ihm sicher gefallen hätte: Noch heute ist das "Freddie Mercury Tribute Concert For Aids Awareness" das größte Konzert, das es jemals für einen verstorbenen Musiker gegeben hat.
Die 72.000 Tickets für das Open Air im Londoner Wembley Stadion am 20. April 1992 waren innerhalb weniger Stunden vergriffen. Und das, obwohl außer May, Taylor und Deacon noch kein einziger Künstler offiziell feststand. Doch die Zusagen kamen bald, und sie kamen zahlreich. So entstand ein Lineup, das es zuvor in vergleichbarer Qualität höchstens bei Live Aid 1985 gegeben hatte: David Bowie, George Michael, Elton John, Guns 'N Roses, Liza Minnelli, Metallica, Annie Lennox, Liz Taylor und viele andere Künstler erwiesen Freddie Mercury auf der Bühne die letzte Ehre. Das Konzert wurde in 76 Länder übertragen, etwa eine Milliarde Menschen verfolgten die Show live. Sämtliche Einnahmen kamen einer eigens gegründeten Stiftung zur Bekämpfung von Aids zugute.
Freddie Mercury, die ewige Rock-Ikone
Der Sänger von Queen ist 1991 an Aids gestorben. Die Songs, die er hinterlassen hat, werden ewig leben: Niemand nach ihm konnte "Bohemian Rhapsody" singen wie er. Am 5. September wäre er 75 geworden.
Bild: El Nuevo Dia/imago images/Zuma Press
The Great Pretender
Freddie Mercury ist einzigartig. Mit herausgestreckter Brust stolziert er wie ein Gockel über die Bühne. Er tippelt, dreht sich mit unverwechselbarem Hüftschwung, in engen glänzenden Spandex-Hosen, die nichts verbergen. Er steht breitbeinig da mit hochgestreckter Faust: "I'm the Great Pretender". In der Hand seinen Mikro-Stab - ein ganzer Ständer kommt ihm nicht auf die Bühne.
Bild: Getty Images/Hulton Archive
Now I'm Here
Als Farrokh Bulsara wird er am 5. September 1946 auf Sansibar geboren. In Indien wächst er auf. Als er 17 ist, muss seine Familie nach London auswandern. Er studiert Kunst und musiziert. Er lernt den Gitarristen Brian May und den Schlagzeuger Roger Taylor kennen, für deren Band er zunächst als Roadie arbeitet. Inzwischen macht er in verschiedenen Bands selber Musik.
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My Fairy King
1970 entsteht "Queen". Freddie (links), seit der Schulzeit so genannt, gibt sich den Künstlernamen "Mercury". Brian May erzählt später, der Name käme von einer Textzeile in Mercurys Song "My Fairy King" von der ersten Queen-Platte. "Mutter Merkur, sieh nur, was sie mir angetan haben..." Auf die Frage, ob Freddie damit seine Mutter meinte, sagte er: "Ja, und von jetzt an bin ich Freddie Mercury."
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Bohemian Rhapsody
Queen müssen drei Jahre herumkrebsen, bis sie mit "Now I'm Here" und "Killer Queen" einige Achtungserfolge haben. 1975 aber gelingt Queen der Durchbruch. Ausgerechnet mit einer Opernparodie. "Bohemian Rhapsody" ist Mercurys berühmtester Song und bis heute von zeitloser Schönheit. Es ist der erste Nummer 1-Hit für die Band und beschert den vier Musikern jede Menge Edelmetall.
Bild: picture-alliance/empics
We Are The Champions
Die vierte LP "A Night At The Opera" steht wochenlang an der Spitze der britischen Charts - fast alle Nachfolgealben tun es auch. Selbst in den USA. Queen sind ganz oben - eine der erfolgreichsten Bands der Welt. Sie gehen auf ausverkaufte Touren und werden weltweit gefeiert.
Bild: picture-alliance/empics
Crazy Little Thing Called Love
Freddie hält sein Privatleben von der Öffentlichkeit fern. Nachdem er sich von seiner Freundin Mary Austin trennt, indem er ihr vertraulich mitteilt, dass er homosexuell sei, führt er Beziehungen mit Männern. Er hat mehrere Wohnsitze und kann ungestört sein Leben führen. In der Schwulenszene der 1980er-Jahre grassiert der gerade erst bekannt gewordene Aids-Erreger HIV.
Bild: Keystone/Getty Images
Don't Stop Me Now
Niemand weiß genau, wann Freddie die Aids-Diagnose erhalten hat. Er jedenfalls sagt niemandem was davon, hat auch nicht vor, seinen Kampf gegen die Krankheit aufzugeben. Stattdessen stürzt er sich weiter in die Musik. Das Album "Miracle" erscheint. Fans glauben, dass Queen kurz vor dem Ende stehen und sich gerade nochmal für diese Platte zusammengerauft haben. Da liegen sie falsch.
Bild: Hulton Archive/Getty Images
"Barcelooooooona!"
Freddie Mercury nimmt zusammen mit der Operndiva Montserrat Caballé die pompöse Ballade "Barcelona" auf. Zwei Mal treten die beiden gemeinsam live auf. Allerdings beide Male mit einem Playback. Caballé singt diesen Song ein einziges Mal wirklich live - mit Freddie als Videoeinspielung, beim Champions League-Finale 1999 in Barcelona.
Bild: picture-alliance/empics
The Show Must Go On
Der letzte öffentliche Auftritt von Freddie Mercury ist bei den Brit Awards am 18. Februar 1990. Sichtlich abgemagert und still nimmt er den "Ehrenpreis für außergewöhnliche Verdienste für die britische Musik" entgegen. Obwohl alle wissen, dass etwas nicht stimmt, will Freddy nichts davon hören. Er arbeitet weiter wie ein Besessener und nimmt 1991 noch das letzte Album "Innuendo" auf.
Bild: picture-alliance/United Archives/TopFoto
Who Wants To Live Forever
Einen Tag vor seinem Tod erklärt er öffentlich, dass er an Aids erkrankt sei und macht den Spekulationen um seinen Gesundheitszustand ein Ende. Er stirbt am 24. November 1991 an einer Lungenentzündung. An einem seiner Lieblingsorte, in Montreux in der Schweiz, wird 1996 ein Standbild errichtet. Das Cover vom posthum erschienenen Album "Made In Heaven" zeigt die Rückenansicht mit dem Genfer See.
Bild: picture-alliance/robertharding/A. Cavalli
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Robert Plant mit Textproblemen
Und ganz im Sinne von Rock-Ikone Mercury wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt: Im ersten Teil übernahmen Stars wie Metallica und Guns 'N Roses - damals immerhin die wohl größte Band der Welt - die Rolle der Anheizer, und Hollywood-Legende Liz Taylor klärte das Publikum höchstpersönlich über die Vorzüge eines Kondoms auf. Dann der Höhepunkt des Abends: Der Auftritt der verbliebenen Queen-Mitglieder gemeinsam mit wechselnden Gaststars. Gitarrist Brian May war vor Beginn extrem nervös. Allerdings nicht so sehr wegen der Musik, wie er nachher zugab: "Ich habe mir Sorgen gemacht, dass ich vergesse, jemanden vorzustellen."
Die Stargäste hatten mehr Grund zur Nervosität, schließlich galt Mercury als einer der besten Rocksänger und Frontmänner gleichermaßen. Nicht jeder meisterte diese Herausforderung mit Bravour: "The Who"-Frontmann Roger Daltrey scheiterte bei "I Want it All" an den hohen Tönen, Paul Youngs Auftritt mit "Radio Ga Ga" war wenig charismatisch, und Robert Plant von Led Zeppelin hatte Schwierigkeiten, sich den Text des epischen, von Mercury als Zeppelin-Hommage gedachten "Innuendo" zu merken: "Ich hatte versucht, die Worte im Marokko-Urlaub zu lernen, aber am Ende musste ich mir ein riesiges Blatt mit dem Text auf die Bühne kleben lassen", sagte er.
Der Star des Abends: George Michael
Kritiker bemängelten, dass die Auswahl der Künstler und ihr Bezug zu Freddie Mercury nicht immer nachvollziehbar gewesen sei, aber Brian May und Co. hatten für die Organisation seit Mercurys Tod eben nur knapp fünf Monate Zeit gehabt. Und es gab etliche Künstler, die diesen Abend zu einem Spektakel machten: Elton John und Axl Rose etwa, die bei "Bohemian Rhapsody" ein ungewöhliches Duo bildeten. Rose wurde damals Homophobie vorgeworfen, und die etwas ungelenke Umarmung mit seinem Gesangspartner konnte dieses Vorurteil nicht bei allen Beobachtern entkräften. Elton John übrigens war als enger Freund Mercurys einer der wenigen, die ihn bis zuletzt besuchen und auch an der Trauerfeier für ihn teilnehmen durften.
David Bowie sang erst "Under Pressure" mit Annie Lennox als Freddie-Ersatz, um dann spontan, auf ein Knie gestützt, das Vaterunser zu beten. Ein Augenblick, der auf viele befremdlich wirkte: Einige Zuschauer begannen zu lachen, und auch Bowie selbst war sich seiner Sache nicht ganz sicher: "Ich hatte Angst, als ich die Worte sprach."
Für die Diva Liza Minnelli war das unvermeidliche "We Are the Champions" wie gemacht.
Den besten Auftritt des Abends aber lieferte eindeutig George Michael. Da waren sich Fans und Kritiker einig. Mit seiner Version des Queen-Klassikers "Somebody to Love" riss er das Publikum mit wie Freddie in seinen besten Zeiten. "Es war vermutlich der größte Moment meiner Karriere, denn ich durfte einen Kindheitstraum ausleben: einen von Freddies Songs vor 80.000 Leuten zu singen", sagte Michael später. Aber so gut wie Freddie Mercury war an diesem Abend keiner. Und auch das hätte dem Perfektionisten Mercury sicher gefallen.