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Der Markt der Zukunft

Matthias von Hein/sur29. September 2002

"Einen größeren Wachstums-Markt gibt es nur auf dem Mond", sagen Wirtschaftsexperten über China. Deutsche Unternehmen haben das Marktpotential erkannt und investieren trotz Schwierigkeiten in dem kommunistischen Land.

Vom großen chinesischen Kuchen möchten alle ein Stück abschneidenBild: AP

In Boomstädten wie Peking und Schanghai zeigt sich Chinas Wirtschaft von ihrer besten Seite: mächtige Bauten aus Glas, Stahl und Beton schießen in den Himmel, als Symbol für Wandel, Wohlstand und Dynamik. Man vergisst dabei fast, dass in China 800 Millionen Menschen noch immer unter ärmlichen Verhältnissen auf dem Land leben. Doch das Volkseinkommen wächst. Seit 1996 hat sich das Wachstum auf rund 7 Prozent eingependelt. Es entwickelt sich eine Mittelklasse mit beträchtlicher Kaufkraft. Ein Potential, dass auch deutsche Firmen ausschöpfen wollen. Mit 3,9 Milliarden Euro belegt Deutschland den achten Platz unter den ausländischen Investoren.

Das Tor zum Westen

1500 deutsche Firmen sind heute auf dem chinesischen Markt tätig. "Vor 30 Jahren wurde das erste Stahlwerk unter sehr abenteuerlichen Bedingungen in Wuhan gebaut", erklärt Wolfgang Lingelsheim-Seibecke, vom Bundeswirtschaftsministerium. Als nächstes kamen die Automobilindustrie und die Chemiegiganten BASF und Bayer nach China. In den letzten Jahren folgten Unternehmen der Hochtechnologien wie Informationstechnologie, Biotechnologie und Gentechnik, so Lingelsheim-Seilbecke.

China und WTOBild: AP

Seit dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) öffnet sich der chinesische Markt langsam und die Zölle werden gesenkt. "Der Wettbewerb wird stark zunehmen und wer hier im Land präsent ist, hat einen Vorteil", sagt Lingelsheim-Seilbecke. Diesen Vorteil nutzt z.B. die Firma Siemens, die seit dem Beginn der chinesischen Öffnungspolitik an ihr China-Engagement von früher anknüpfte. Schon seit 1872 ist Siemens in China unter dem Namen "Tor zum Westen" bekannt. Heute steht China für Siemens in der Rangliste der Geschäftspartner an dritter Stelle. Auch das Technologieunternehmen Thyssen-Krupp ist seit 1874 in China aktiv. Mit einem Umsatz von einer Milliarde Euro.

Zusammen betreuen die beiden Firmen das prestigeträchtigste Hochtechnologieprojekt schlechthin: die erste kommerzielle Magnetschwebebahn der Welt. Bereits am 1. Januar 2003 soll der Transrapid den Flughafen Schanghai mit der Halbinsel Pudong verbinden – nach noch nicht einmal zwei Jahren Bauzeit.

Politik als Türöffner

In Deutschland ungeliebt, in China gefragt: die Magnetschwebebahn TransrapidBild: AP

Große Wirtschaftsprojekte werden von deutschen Politikern gern am Rande einer Reise nach China unterzeichnet und als Erfolg nach Hause gemeldet. Diese Nähe zur Politik ist für Lingelsheim Seibecke in der Wirtschaftsordnung Chinas begründet: "Chinas Wirtschaft wird nach wie vor stark vom Staat gelenkt", sagt er. "Das heißt, es ist für die Industrie aus Deutschland wichtig gute Kontakte zu den zuständigen Stellen zu haben. Da nach dem chinesischen Staatsverständnis Regierungen hauptsächlich mit Regierungen sprechen, erfüllt die Bundesregierung hier die Funktion eines Türöffners oder Wegbereiters", so Lingelsheim-Seilbecke.

Bei der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens sei es dennoch schwierig, einen geeigneten Partner zu finden, sagt Zhou Songpo, Direktor des Instituts für strategisches Management an der Uni Peking. Die Deutschen seien mit der chinesischen Wirtschaftsstruktur nicht immer vertraut und liefen Gefahr, bei Verhandlungen schlecht abzuschneiden.

Ein weiteres Problem ausländischer wie einheimischer Unternehmen ist die Produktpiraterie in China. Obwohl die Regierung in Beijing dagegen vorgeht, würden noch immer Produktideen gestohlen, so Jürgen Heraeus, ein deutscher Unternehmer aus Hanau und China-Experte. China sei einfach zu groß, als dass die Regierung überall wirksame Kontrolle ausüben könne.

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