Der Mittelstand und der Euro
12. Juni 2013"Ich habe den Euro, aber keine Krise", fasst Harald Kirchgessner, Leiter einer Werbeagentur in Stuttgart, seine persönliche Lage zusammen: "Wir arbeiten im deutschen Raum, sind national unterwegs. Deswegen ist die Eurokrise kein Thema für uns."
Auch für die Scheuerle Fahrzeugfabrik GmbH spielt die Eurokrise keine Rolle, da sie hohe Exportanteile außerhalb Europas hat. "Wir haben ein sehr positives Unternehmenswachstum und stellen die Mitarbeiter dementsprechend ein", sagt Geschäftsführer Andreas Kohler. 2012 ist der Umsatz um sage und schreibe 40 Prozent gestiegen.
Auch der Maschinenbauer Kurtz Ersa ist letztes Jahr gewachsen. Für den Vorstandsvorsitzenden Rainer Kurtz legt sich die Krise in Europa dennoch wie Mehltau auf die Wirtschaft: "Es ist eine ziemliche Unsicherheit in der Industrie da und das färbt auf Investitionsentscheidungen ab."
Asien kompensiert Westeuropa
Auch der Isolierkannen-Hersteller Alfi spürt die Eurokrise. "Wir merken natürlich, dass die Konsumenten speziell in Westeuropa aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit ihren Konsum einschränken und dadurch auch weniger Produkte von Alfi kaufen", sagt Geschäftsführer Bernhard Mittelmann. Aber das schleppende Geschäft in Westeuropa könne im Moment noch kompensiert werden durch die sehr gute Stimmung in Deutschland und die hohen Wachstumsraten in Ländern außerhalb Europas. "Wir sind in China sehr gut unterwegs. Die Chinesen mögen Alfi-Produkte, mögen Made in Germany", so Mittelmann gegenüber der DW.
Insgesamt hätten die Unternehmen in der Region Heilbronn-Franken in Baden-Württemberg der Eurokrise getrotzt und übten sich im Moment in Zurückhaltung bei Investitionen, meint Helmut Kessler von der dortigen Industrie- und Handelskammer: "Jedoch bewegen sich die Unternehmen in der Region noch in einem sehr guten Feld. Die Geschäftslage wird nach wie vor relativ günstig beurteilt. Und wir sind, was die nächsten Wochen und Monate angeht, optimistisch, dass die Kurve wieder nach oben zeigt."
Keine Sehnsucht nach der D-Mark
Vorausgesetzt: Die Eurorettung erleidet keinen Schiffbruch. Die Unternehmer beruhigt, dass das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung langsam zurückkehrt. Anders als viele in der Bevölkerung trauern die meist exportorientierten Mittelständler der D-Mark nicht nach. "Ich wünsche mir die D-Mark nicht zurück. Ich finde, der Euro hat schon viele Vorteile gebracht", sagt Andreas Kohler von der Firma Scheuerle: "Sicherlich könnten wir mit der D-Mark leben, hätten dann aber ähnlich wie die Schweiz das Problem, dass der Kurs der Währung ziemlich hoch stehen würde und die Exporte dadurch erschwert würden." Dass die Bundesregierung für die Wahrung des Euro ein gewisses Risiko eingegangen ist, ist für ihn gerechtfertigt: "Sie sorgt für eine gewisse Stabilität und Planungssicherheit für die Unternehmen. Ich denke, der Preis (für die Eurorettung) ist hoch, aber nicht zu hoch."
Für Bernhard Schork, Chef der Ecom Instruments GmbH, ist der Euro mehr als nur eine Währung: "Ich bin der Meinung, dass der Euro ein sehr großer Stabilitätsfaktor in Europa ist. Er ist die Basis für ein gemeinsames Wirtschaften in Europa." Dass in Westeuropa über 60 Jahre Frieden geherrscht habe, liege auch am Integrationsprozess und nicht zuletzt an der gemeinsamen Währung, sagt Schork.
Deutschland in der Pflicht
Deutschland sei deswegen in der Pflicht, einen Beitrag für den Euro zu leisten, findet Hauke Hannig, Pressesprecher des Ventilatorenherstellers EBM-Papst: "Wir sind die größte und wirtschaftsstärkte Nation in Europa. Wir müssen unterstützen. Wir brauchen den Euro."
Ralf Gehringer von der Firma Würth, einem Konzern für Befestigungs- und Montagetechnik, denkt noch einen Schritt weiter: "Ich glaube, dass es in Europa auf lange Sicht so etwas Ähnliches wie den deutschen Länderfinanzausgleich geben muss. Das gefällt vielen nicht, weil natürlich dann diejenigen, die mehr haben, für die zahlen müssen, die weniger haben." Mit anderen Worten: Er befürwortet die in Deutschland gefürchteten Eurobonds: "Ja, ich wäre ich dafür."