Ole Braunschweig startet bei Olympia in Paris, sein Bruder Malte anschließend bei den Paralympischen Spielen an gleicher Stelle. Die Ziele der beiden Schwimmer unterscheiden sich kaum.
Ole (l.) und Malte Braunschweig zählen zu den besten Schwimmern in DeutschlandBild: Thomas Klein/DW
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"Für mich ist das schon ein sehr schönes Gefühl, dass wir das erste Geschwister-Paar sind, das zu den Olympischen Spielen und den Paralympics fährt", freut sich Malte Braunschweig. "Das ist ganz cool, wenn man sagen kann, dass man zumindest einen kleinen Fußabdruck in der Geschichte des Sports hinterlassen hat", sagt sein Bruder Ole der DW.
Die beiden deutschen Leistungsschwimmer stehen neben dem Becken einer Halle in der deutschen Hauptstadt Berlin. Gerade haben sie eine Trainingseinheit beendet und ruhen sich im Entspannungsbecken aus. Vor rund drei Jahren, bei den Olympischen und Paralympischen Spielen in Tokio 2021, waren die beiden Berliner das erste Brüderpaar, das Deutschland bei diesen beiden Großveranstaltungen vertrat.
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Ole Braunschweig: "Wollten unsere Eltern stolz machen"
Drei Jahre später haben sie es wieder in die jeweiligen Nationalkader geschafft und fahren nach Paris. Ole startet bei den Olympischen Spielen (26. Juli bis 11. August) über 100 Meter Rücken, sein jüngerer Bruder Malte wenige Wochen später bei den Paralympischen Spielen (28. August bis 8. September) über 100 Meter Schmetterling.
"Wir wollten unsere Eltern stolz machen und mit der Teilnahme zeigen, dass sich der ganze Aufwand und das Investieren in uns gelohnt hat", erklärt Ole im Interview mit dem deutschen Fernsehsender Radio Berlin Brandenburg (RBB). "Wir sind beide unglaublich stolz, dass wir das zu zweit geschafft haben", stimmt Malte seinem Bruder zu.
Mobbing in der Schule
Der Zusammenhalt des Brüderpaars war schon im Kindesalter extrem stark. Malte - mit einer Dysmelie, einer Fehlbildung am rechten Arm, geboren - wurde in der Schule oft wegen seiner Behinderung gemobbt. "In der sechsten, siebten Klasse war dieses Mobbing echt extrem", erinnert sich Malte. In dieser Zeit sei Ole viel für ihn dagewesen und habe sich die Leute "vorgenommen", sagt Malte Braunschweig: "Das hat mir sehr viel Kraft gegeben und mich unterstützt, wieder Vertrauen in die Menschen zu kriegen."
Malte Braunschweig zeigt in seiner Parade-Disziplin Schmetterling sein ganzes KönnenBild: Ralf Kuckuck/picture alliance
Malte sei öfter weinend aus der Schule gekommen, sagt Ole im Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk (NDR). Er habe den Mobbern seines Bruders eine Lektion erteilen wollen. "Ich war in der zehnten Klasse und habe meinen Eltern gesagt: Meine sportliche Laufbahn ist mir jetzt egal. Ich hau dem aufs Maul." Er habe dann aber doch auf den Rat seiner Eltern gehört und sich die "Typen verbal zur Brust genommen", so der ältere der Braunschweig-Brüder.
Karriereende drohte
Die brüderliche Unterstützung beruhte auf Gegenseitigkeit. Ole wurde als Leistungsschwimmer immer wieder von schweren Verletzungen zurückgeworfen, zeitweise stand sogar ein Karriereende im Raum. Der jüngere Malte sprach ihm stets Mut zu, Ole kam wieder auf die Beine und zurück ins Becken. Heute zählt Ole Braunschweig zu den besten Rückenschwimmern in Deutschland: Der 26-Jährige hält den deutschen Rekord auf der nicht-olympischen 50-Meter-Distanz und gewann in dieser Disziplin bei der Europameisterschaft 2022 in Rom Bronze.
Bei den Deutschen Meisterschaften im April in Berlin holte Ole Braunschweig (Bild) die Titel über 50 und 100 Meter RückenBild: Jo Kleindl/Eibner-Pressefoto/picture alliance
Der 23 Jahre alte Malte eiferte seinem großen Vorbild schon früh nach und zählt mittlerweile zur Schwimm-Elite im deutschen Para-Sport. In Berlin trainiert der Student zusammen mit Para-Weltmeisterin Elena Semechin in einer Gruppe. Bei der Weltmeisterschaft in Manchester 2023 gewann Malte Braunschweig Bronze über 100 Meter Schmetterling und 100 Meter Freistil, bei der Europameisterschaft 2024 auf der portugiesischen Insel Madeira Silber über 100 Meter Schmetterling.
"Ich war früher schon erfolgreicher als Ole." Das sei für seinen Bruder eine sehr schwere Zeit gewesen, erinnert sich Malte. Eifersüchtig sei Ole gewesen, aber gestritten habe man sich nie. Der ältere Bruder nahm die Erfolge des jüngeren vielmehr als Ansporn.
Ole Braunschweig: "Wir sind unseren Eltern sehr dankbar"
Viel Zeit können die beiden Brüder aktuell nicht miteinander verbringen. Trainingslager im Ausland und viele Stunden im Berliner Schwimmbecken sorgen für einen vollgepackten Terminkalender. An einem Samstag gehen sie aber gemeinsam zu den Eltern, die zum Frühstück eingeladen haben. Eher untypisch für Leistungssportler gibt es deftige Mettbrötchen - und ausreichend Kaffee. "Wir haben unser Familienleben in die Schwimmhalle verlegt", erinnert sich Mutter Eike Braunschweig an frühere Zeiten.
Ole (l.) und Malte Braunschweig waren schon früh ein Herz und eine SeeleBild: Eike Braunschweig
Ihr Mann berichtet, dass er bei den Nachbarn Geld gesammelt habe, damit Ole und Malte ihren Traum vom Leistungssport weiterleben konnten. In der örtlichen Apotheke und bei jedem Klein-Unternehmer habe er nach Sponsorengeldern für seine Söhne gefragt, erzählt Jörg Braunschweig.
Die Schwimm-Brüder wissen, das Engagement ihrer Mutter und ihres Vaters zu schätzen. "Wir sind unseren Eltern sehr dankbar, dass sie uns früher so gefördert haben", sagt Ole. "Denn sonst wären wir jetzt nicht da, wo wir sind."
In Paris wollen Malte und Ole eine Medaille gewinnen
Im Flur des Elternhauses hängen zahlreiche Bilder von Ole und Malte aus der Kindheit. Die meisten sind in Schwimmhallen entstanden. Viele Fotos zeigen die beiden Brüder mit Medaillen um den Hals. "Das ist für mich immer noch nicht richtig begreifbar", sagt Mutter Eike. "Ich erwische mich immer noch, dass ich in Freudentränen ausbreche, wenn ich die beiden im Fernseher sehe", fügt Vater Jörg hinzu.
In Paris sollen nun weitere emotionale Momente dazukommen. "Ich möchte in Paris eine Medaille gewinnen", sagt Malte mit Blick auf die Paralympischen Spiele. Ole legt seine Latte für die Olympischen Spiele in Paris bewusst niedriger. Zunächst würde er gerne den Endlauf der acht Schnellsten am 29. Juli erreichen, was ihm vor drei Jahren in Tokio nicht gelungen war. "Und im Finale kann dann alles passieren. Es wäre schon eine coole Sache", setzt Ole an - und Malte ergänzt, "wenn wir beide eine Medaille gewinnen".
Deutschlands erfolgreichste Sommer-Olympioniken
Bei den Olympischen Spielen Gold zu gewinnen, ist der Traum vieler Sportler. Viele deutsche Athleteninnen und Athleten haben sogar mehrfach gewonnen. Wir zeigen die erfolgreichsten Medaillen-Sammler in Schwarz-Rot-Gold.
Bild: Eibner-Pressefoto/picture alliance
Carl Schuhmann - Turnen und Ringen
Der erfolgreichste Sportler der Olympischen Spiele 1896 in Athen ist ein Multitalent. Er wird Olympiasieger als Ringer im Griechisch-Römischen Stil, als Einzelturner im Pferdsprung und mit der Mannschaft an Barren und Reck. Beim Gewichtheben und in der Leichtathletik bleibt er ohne Medaille. Eine enge Beziehung zu Edelmetall hat Schuhmann auch außerhalb des Sports: Er arbeitet als Goldschmied.
Bild: ANE Edition/IMAGO
Bärbel Wöckel - Leichtathletik
Die Sprinterin gewinnt für die DDR zwischen 1976 und 1980 vier olympische Goldmedaillen: zwei im 200-Meter-Lauf und zwei in der 4x100-Meter-Staffel. Wöckel ist damit nach der Anzahl der Olympiasiege die erfolgreichste aller deutschen Leichtathletinnen und Leichtathleten. Allerdings tauchen später Belege dafür auf, dass Wöckel Teil des DDR-Zwangsdopingsystems war.
Bild: Pressefoto Baumann/IMAGO
Nicole Uphoff - Dressurreiten
Wenn Pferd und Reiterin perfekt harmonieren und eine Einheit bilden, sind sie oft unschlagbar. Bei Uphoff und ihrem Wallach Rembrandt ist das bei den Olympischen Spielen 1988 und 1992 der Fall. Sie gewinnen jeweils Gold im Einzel und mit der Mannschaft. 1996 in Atlanta verletzt sich Rembrandt im Wettkampf, und das Paar kann die Erfolgsserie nicht fortsetzen.
Bild: Sven Simon/picture alliance
Ludger Beerbaum - Springreiten
Perfekte Harmonie herrscht 1992 in Barcelona auch zwischen Ludger Beerbaum und seinem Pferd Classic Touch. Die beiden gewinnen Gold im Einzel und mit dem Team. Mit der deutschen Spring-Equipe wird Beerbaum auch 1988, 1996 und 2000 Olympiasieger. Ein weiteres Teamgold wird 2004 nachträglich aberkannt, weil im Blut von Beerbaums Pferd Goldfever ein unerlaubtes Medikament gefunden wird.
Bild: Carsten Rehder/dpa/picture alliance
Kathrin Boron - Rudern
Noch mehr Medaillen als auf dem Pferderücken gewinnen Deutschlands Olympia-Athletinnen und -athleten auf dem Wasser. Kathrin Boron (2.v.r.) ist mit vier Olympiasiegen die erfolgreichste deutsche Ruderin bei Olympischen Spielen. Von 1992 bis 2004 gewinnt sie viermal in Folge Gold, immer abwechselnd im Doppelzweier und Doppelvierer.
Bild: Kosecki/IMAGO
Katrin Wagner-Augustin - Kanu
Die Kanutin gewinnt zwischen 2000 und 2008 bei drei aufeinander folgenden Olympischen Spielen vier Goldmedaillen, eine im Kajak-Zweier (2000) und drei im Kajak-Vierer (2000, 2004, 2008). Bei drei ihrer vier Olympiasiege sitzt auch Deutschlands erfolgreichste Olympionikin Birgit Fischer mit im Boot.
Bild: Stefan Matzke/sampics/picture alliance
Kornelia Ender - Schwimmen
Die DDR-Schwimmerin erringt ihre vier Olympiasiege als 17-Jährige bei den Spielen 1976 in Montreal. Zwei Goldmedaillen gewinnt sie innerhalb von nur 25 Minuten. Anders als viele Teamkollegen gibt Ender nach der Karriere zu, dass sie bei vielen Rennen gedopt war. Ihre Laufbahn endet 1977, als sie sich weigert, weiter anabole Steroide einzunehmen. Danach darf sie nicht mehr für die DDR starten.
Bild: Werner Schulze/IMAGO
Roland Matthes - Schwimmen
Der beste Rückenschwimmer seiner Zeit ist von 1978 bis 1982 Kornelia Enders Ehemann. Auch er ist vierfacher Olympiasieger, gewinnt seine Goldmedaillen für die DDR allerdings 1968 in Mexiko-City und 1972 in München. Wegen seines eleganten Stils, wird er "Schwimm-Mozart" genannt. Er bleibt zwischen 1967 und 1974 sieben Jahre lang ungeschlagen. Mit Doping, so Matthes, sei er nie in Kontakt gekommen.
Bild: Pressefoto Baumann/IMAGO
Hans Günter Winkler - Springreiten
Deutschlands erfolgreichster Springreiter ist fünffacher Olympiasieger. Er holt von 1956 bis 1972 viermal Teamgold und siegt 1956 in Stockholm außerdem in der Einzelwertung. Mit seinem Goldritt auf "Wunderstute" Halla wird er damals berühmt: Winkler sitzt trotz eines gerissenen Muskels im Sattel und hat große Schmerzen. Halla - so die Legende - trägt ihn über die Hindernisse zum Olympiasieg.
Bild: dpa/picture alliance
Kristin Otto - Schwimmen
Die vielseitige Schwimmerin holt ihre sechs Goldmedaillen für die DDR allesamt bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul: in Freistil-, Rücken-, Schmetterling- und Lagen-Rennen. Es gibt Hinweise, dass Otto Teil des DDR-Zwangsdopings war. Die heutige Fernseh-Sportjournalistin bestreitet jedoch nach wie vor, je wissentlich gedopt zu haben.
Bild: Rauchensteiner/Augenklick/picture alliance
Reiner Klimke - Dressurreiten
Zwischen 1964 und 1988 bejubelt Reiner Klimke sechsmal olympisches Gold, fünfmal gewinnt er dabei mit der deutschen Mannschaft. 1984 in Los Angeles kommt neben dem Olympiasieg mit dem Team auch der im Einzel hinzu. Damals reitet Klimke auf Ahlerich, seinem erfolgreichsten Pferd.
Bild: UPI/dpa/picture alliance
Isabell Werth - Dressurreiten
Ähnlich erfolgreich wie Klimke ist auch Deutschlands erfolgreichste Dressurreiterin, die 2024 in Paris ihre siebten Spiele erlebt. Werth feiert sieben Olympiasiege: einen im Einzel, sechs mit der Mannschaft. 1996 in Atlanta gewinnt sie auf Gigolo Doppelgold. In Barcelona (1992), Sydney (2000), Peking (2008), Rio (2016) und Tokio (2021) reicht es neben Teamgold im Einzel jeweils "nur" für Silber.
Bild: Franz Waelischmiller/SvenSimon/picture alliance
Birgit Fischer - Kanu
Zwischen 1980 und 2004 gewinnt die Ausnahmekanutin acht olympische Goldmedaillen, die ersten drei noch im Trikot der DDR. Dazu kommt insgesamt viermal olympisches Silber. Am erfolgreichsten ist Fischer im Kajak-Vierer. In ihrem Paradeboot wird sie viermal Olympiasiegerin.