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Der starke Dollar bedrängt Lateinamerika

Tobias Käufer Rio de Janeiro
28. Oktober 2022

Die Länder Lateinamerikas haben sich überwiegend in US-Dollar verschuldet. Doch die zunehmende Stärke des Greenback macht den Ländern zu schaffen. Drohen jetzt auch anderswo argentinische Verhältnisse?

Argentinien | Wechselstube in Buenos Aires
Wechselstube in Buenos AiresBild: Juan Mabromata/AFP/Getty Images

Noch nicht einmal drei Monate ist Kolumbiens neuer linksgerichteter Präsident Gustavo Petro im Amt und schon befindet sich der kolumbianische Peso im Vergleich zum US-Dollar auf Talfahrt. Bereits vor einer Woche vermeldete der Wirtschaftssender Bloomberg: "Der kolumbianische Peso erreicht ein neues historisches Tief und der Dollar liegt nahe bei 4800 Pesos."

Inzwischen kratzt der Dollar sogar an der symbolisch historisch nie erreichten Marke von 5000 Pesos. Für den neuen Präsidenten bedeutet das enormen innenpolitischen Druck, denn die Opposition macht ihn für den Wertefall verantwortlich und sieht Kolumbien bereits auf dem Weg in Richtung "argentinische Inflation". So schlimm ist es zwar noch nicht, doch am Ende des Jahres könnte der Peso tatsächlich 25 Prozent seines Wertes gegenüber dem Dollar eingebüßt haben.

Kolumbien Präsident Gustavo Petro Bild: Luisa Gonzalez/REUTERS

Petro kritisiert die US-Zinspolitik

Deswegen ging Petro in die Offensive und kritisierte die Währungspolitik der USA scharf. "Uns droht wirtschaftliche Stagnation. Der hohe Zinssatz, den die Zentralbank der Vereinigten Staaten für die eigene Wirtschaft verordnet hat, bedroht uns und schöpft den südamerikanischen Ländern das Kapital ab", sagte der Präsident vor wenigen Tagen bei einer Veranstaltung in Turbo im Bundesstaat Antioquia. Die Vereinigten Staaten würden Entscheidungen treffen, die ausschließlich den eigenen Markt schützten, ohne die Konsequenzen für den Rest der Welt zu bedenken.

"Lateinamerika wird geplündert. Unsere Währungen fallen alle, nicht nur der kolumbianische Peso", sagte Petro. Die USA ruinierten die Volkswirtschaften der ganzen Welt. So ganz richtig ist das nicht, in Mexiko oder Brasilien mit ihren stabilen Wirtschaften gab es solche Abstürze zum Beispiel nicht wie in Kolumbien, Argentinien oder Guatemala.

Schulden der lateinamerikanischen Staaten wachsen

"Der Anstieg des Dollars wirkt sich direkt auf alle lateinamerikanischen Volkswirtschaften aus, denn mit den höheren Geldkosten wachsen die Schulden jedes Landes und damit auch die Zinssätze für die Aufnahme neuer Kredite", sagt Professor Roberto Goulart Menezes vom Institut für Internationale Beziehungen der Universität von Brasilia im Gespräch mit der DW. "Es gibt eine große Anzahl von Produkten, die an den Dollar gekoppelt sind, wie zum Beispiel Importe von Kraftstoffen, Maschinen und Ausrüstungen." Hinzu komme, dass Länder mit geringen Dollarreserven noch stärker von der Dollaranstieg betroffen seien wie zum Beispiel Argentinien.

Die Inflation verstärkt die Armut - hier in ArgentinienBild: Tobias Käufer/DW

Menezes sieht deswegen eine große Gefahr für eine generelle wirtschaftliche Erholung des Marktes: "Wenn der Wert des Dollars entweder infolge des Anstiegs der US-Zinsen oder der sich verschärfenden globalen Krise weiter steigt, wird dies die Geschwindigkeit der Erholung der Volkswirtschaften der Region und ihre Strategien nach der Pandemie beeinträchtigen."

Kapitalflucht droht

Die Kollateralschäden für die Volkswirtschaften sind enorm, erklärt Währungsexperte Manik Narain von der Bank UBS dem Sender CNN: "Wenn die Währung eines Landes drastisch schwächelt, beginnen reiche Privatpersonen, Unternehmen und ausländische Investoren, ihr Geld abzuziehen." Sie würden das Geld dann zu einem anderen sichereren Ort transferieren, wo kein Werteverlust droht. "Das drückt die Währung noch weiter nach unten und verschärft die fiskalischen Probleme", sagt Narain. Die Folgen: Das Wirtschaftswachstum wird ausgebremst und in einigen Ländern würden die fiskalischen Daumenschrauben angelegt, um die Kapitalflucht zu bekämpfen. Ein Teufelskreis.

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