Bank-Run in Griechenland
20. Februar 2015Nach Angaben der Bank von Griechenland beliefen sich die privaten Einlagen bei den griechischen Geschäftsbanken im November noch auf gut 164 Milliarden Euro, berichtet das "Handelsblatt". Nach inoffiziellen Angaben aus Bankenkreisen seien davon mittlerweile nur noch rund 143 Milliarden übrig – ein Schwund von 21 Milliarden Euro. Nie seit Ausbruch der Krise Ende 2009 hätten die Banken weniger Einlagen gehabt.
Und die Geldflucht geht weiter. Angesichts der Ungewissheit über den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone räumen die Bürger verstärkt ihre Konten. Alleine innerhalb der letzten zwei Tage seien mehr als eine Milliarde Euro abgehoben worden, verlautete am Freitag (20.02.2015). Auffällig dabei: Die Abflüsse von jeweils mehr als 500 Millionen Euro am Mittwoch und Donnerstag sind einem langen Wochenende vorausgegangen. Am kommenden Montag ist in Griechenland ein Feiertag.
Erinnerungen an Zypern
Offenbar hätten sich die Sparer daran erinnert, dass in Zypern 2013 in einer ähnlich heiklen Lage an einem langen Wochenende Kapitalverkehrskontrollen eingeführt worden seien, vermuten Insider. Diese Kontrollen schränken die Freiheit des internationalen Kapitalverkehrs ein. Sie können in Gestalt von Steuern auf Kapitalimporte oder -exporte umgesetzt werden. Möglich sind auch Mengenbeschränkungen, sowie Genehmigungspflichten oder Meldepflichten für den Kapitaltransfer in das Ausland.
"Mit solchen Kontrollen könnte man in Griechenland zwar verhindern, dass Geld ins Ausland transferiert wird", sagt Martin Faust, Finanzexperte von der Frankfurt School of Finance & Management gegenüber der DW. Das Problem dabei wäre aber, dass man "Fluchtgeld", wie er es nennt, von normalem Geld zur Bezahlung von Waren und Dienstleistungen nur schlecht unterscheiden könne.
Fluchtgeld und Warengeld
Wenn beispielsweise ein griechischer Importeur Waren aus Deutschland geliefert bekommt, dann muss er sie natürlich auch bezahlen und Geld nach Deutschland überweisen. "Kapitalverkehrskontrollen durchzusetzen wäre deshalb ein sehr, sehr aufwändiger Akt, weil man dabei ja tatsächlich unterscheiden müsste: Was ist tatsächlich Fluchtgeld, wo es wirklich darum geht, sein gespartes Geld ins Ausland zu retten und wo sind schlicht und einfach Rechnungen zu bezahlen", gibt Faust zu bedenken. Deshalb wäre auch der Handel durch solche Kontrollen deutlich eingeschränkt. Das wäre natürlich auch für die griechischen Unternehmen ein großes Problem - sowohl für die Importeure, aber auch für die Exporteure.
Ängste in anderen Ländern
Hinzu kommt: Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland könnten auch Ängste in anderen Ländern schüren. Zum Beispiel könnten sich dann Anleger in Portugal Sorgen machen, ob demnächst auch in ihrem Land solche Kontrollen eingeführt werden. Dementsprechend könnte auch dort eine Kapitalflucht einsetzen. "Die Sparer und die Vermögenden in den anderen Krisenländern sind noch relativ entspannt", glaubt Faust, "wenn aber ein Exempel mit Griechenland statuiert würde, würde das sicherlich auch tendenziell die Kapitalflucht in anderen Ländern beschleunigen".
Auch der Finanzexperte vergleicht die aktuelle Situation in Griechenland mit der von Zypern, das im Jahre 2013 kurz vor der Pleite stand, später aber vom Ausland gerettet wurde. Das Problem resultiert seiner Meinung daraus, dass in der Eurozone 19 Staaten mitreden. "Bis Entscheidungen getroffen werden, ist das so langwierig und es wird im Vorfeld so viel diskutiert, dass natürlich alle Ausweichhandlungen und Fluchtbewegungen schon vor Einführung von Kontrollen passieren", ist sich Faust sicher.
In Zypern hätten die russischen Oligarchen ihr Geld auch schon vor den Kontrollen in Sicherheit gebracht. Die Dummen waren damals die einfachen zypriotischen Bürger, die noch daran geglaubt haben, dass ihre Einlagen sicher sind. Aber diejenigen mit den großen Geldvermögen, um die es eigentlich ging, hatten ihr Geld bereits ins Ausland transferiert als die Kontrollen eingeführt wurden. "Im Endeffekt wäre es in Griechenland das Gleiche wie in Zypern", sagt Faust. "Wenn darüber diskutiert wird, dann ist eigentlich schon alles passiert und gelaufen."