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Straßenkampf ums Essen

25. Januar 2017

Mit wenigen Klicks zum leckeren Essen: Neu sind Internetplattformen, die die Bestellung in Restaurants ermöglichen und das Essen per eigener Lieferflotte bringen. Auch die Internetgiganten werden aufmerksam.

Deutschland | Lieferdienst foodora
Bild: picture-alliance/dpa/S. Gollnow

Zwei Studenten, zwei Freunde in Tokio und Manhattan, und dann die zündende Idee beim Abendessen – "voller Tatendrang kehrten sie nach Europa zurück und merkten schnell, dass es an der Zeit war die eingeschränkte Sichtweise auf klassische Lieferservices zu durchbrechen." Eigentlich müsste die Unternehmensgeschichte mit "Es war einmal vor gar nicht so langer Zeit" anfangen, so romantisch schildert der Firmen-Prospekt die Anfänge des Online-Dienstes foodora.

Bei Geschäften im Internet hoffen häufig nicht nur die Plattformbetreiber auf große Gewinne, auch viele Privatpersonen sehen hier eine Möglichkeit, sich etwas dazu zu verdienen. So motivierte Airbnb, das private Zuhause gegen Gebühr an Gäste zu vermieten, dann organisierte Uber Fahrdienste, bei denen Privatpersonen in ihrem eigenen Auto Fahrgäste chauffieren. Bei foodora geht es um die Bestellung von Essen. Nicht von Lebensmitteln, sondern von fertig zubereiteten Restaurant-Mahlzeiten, die eine eigene Flotte mit dem privaten Fahrrad oder Auto zustellen. Alles ganz einfach per App bestellt.

Schnelle Expansion

Foodora wurde 2014 - damals unter dem Namen Volo - gegründet. Inzwischen hat die Startup-Schmiede Rocket Internet das Unternehmen übernommen. Heute gibt es den Service in mehr als 50 Städten in 10 Ländern.

Bleiben Restaurants in Zukunft leer? Eher nicht. Sie hoffen auf Wachstum durch Lieferservice.Bild: DW

Allein in Deutschland arbeitet er mit rund 2500 Restaurants zusammen. Der zweite große Anbieter heißt Deliveroo, er wurde im April 2013 in Großbritannien gegründet und arbeitet in Deutschland mit mehr als 2000 Restaurants in sechs Städten zusammen.

Gemeinsam haben beide Bringdienste, dass sie nicht nur die gesamte Bestell-Logistik für Restaurants übernehmen, sondern auch eine Fahrerflotte stellen. Dafür zahlen die Restaurants pro ausgeliefertem Gericht eine Provision von rund 30 Prozent und der hungrige Kunde eine geringe Liefergebühr.

Es scheint sich zu lohnen. "Im letzten Jahr hat sich das Auftragsvolumen alle zwei Monate verdoppelt", heißt es von foodora.

Auch bei Deliveroo gehen - ebenfalls nach eigenen Angaben - jeden Monat etwa 20 Prozent mehr Bestellungen ein. Bei einer Finanzierungsrunde im Sommer 2016 wurde Deliveroo mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.

Es lohnt sich auch für die Restaurants, meint Felix Chrobog, Deliveroo-Geschäftsführer in Deutschland. "Viele Restaurants erhöhen ihren Umsatz durch uns um 20 bis 30 Prozent."

Die Konkurrenz rückt näher

Uber setzt nicht länger nur auf Taxidienste.Bild: uber.com

Ein gutes Geschäft wittern auch andere alteingesessene Onlinehändler. Der US-Mitfahrdienst Uber bietet inzwischen ebenfalls einen Lieferservice für Restaurantmahlzeiten. Unter dem Namen Ubereats werden auf fünf Kontinenten in über 50 Städten Mahlzeiten in privaten Pkw vom Restaurant zum Kunden gefahren. Und auch der Handelsriese Amazon ist im Herbst 2016  in London in das Geschäft mit der Lieferung von Restaurantessen eingestiegen, nachdem der Konzern ein Jahr vorher das Geschäftsmodell in Seattle getestet hatte.

Schon relativ lange, nämlich seit 2000, ist Takeaway.com im Geschäft. Der niederländische Bestellservice kooperiert mit mehr als 30.000 Restaurants. Allerdings stellte Takeaway lange nur die Bestellplattform, liefern mussten die Restaurants selber. Inzwischen ist aber die Takeaway-Tochter Lieferando seit einem Jahr dabei, eine eigene Fahrerflotte aufzubauen.

Im Monat gehen über zwei Million Bestellungen - in verschiedenen europäischen Ländern und Vietnam - bei Takeaway ein. Takeaway setzte im vergangenen Jahr mit dem Essensservice einen Umsatz von 77 Millionen Euro um. Das Unternehmen schreibt insgesamt rote Zahlen, 2015 waren es knapp 20 Millionen Euro. Allerdings ist das Kerngeschäft in den Niederlanden schon profitabel.

Und dann gibt es noch die Plattform Just Eat mit dänischen Wurzeln, die seit 2001 eine Bestellplattform für Essen aus dem Restaurant bietet, aber keine eigene Fahrerflotte hat.

Börsenpläne

Keine Angst vor Konkurrenz: Niklas Östberg von Delivery HeroBild: Delivery Hero

Auch wenn neue Wettbewerber in den Markt drängen: Niklas Östberg von Delivery Hero, zu dem foodora gehört, gibt sich gelassen. Er glaubt, sein Unternehmen habe einen großen Erfahrungsvorsprung, den neuen Konkurrenten - auch wenn sie Amazon oder Uber heißen - nicht so einfach aufholen könnten. "Der Markt hat Platz für ein oder zwei Anbieter, mehr nicht, nicht in dieser Größenordnung", so Östberg in einem Interview mit Bloomberg TV. Natürlich könne man ein Geschäft auch mit weniger Bestellungen profitabel machen, aber das gehe nur mit höheren Preisen. "Das ist nicht unser Weg. Wir setzen auf Profitabilität durch Volumen."

Um zu expandieren braucht es Kapital. Delivery Hero gilt als Börsenkandidat für dieses Jahr. Just Eat ist schon weiter: Die Firma ist seit 2014 an der Londoner Börse gelistet. Im Herbst 2016 war der niederländische Rivale Takeaway.com an die Amsterdamer Börse gegangen. Mit dem Emissionserlös will Takeaway.com die nächsten Wachstumsschritte finanzieren und in Deutschland unter anderem dem Rivalen Delivery Hero und damit auch foodora Paroli bieten.

Am kurzen Hebel sitzen die Fahrer

Mit all den neuen Lieferservices sind auch immer mehr Fahrer unterwegs, um das Essen zuzustellen. Allein foodora verfügt über eine Flotte von über 7000 Fahrern. Zu erkennen sind sie an der Farbe: Helm, Tasche, Jacke - Fahrer für foodora sind ganz oder teilweise in pink unterwegs. Deliveroo-Faherer kommen in schwarz-türkis mit dem Känguruh-Logo. So verschieden das Outfit, so verschieden sind auch die Konditionen. Nur das eigene Fahrzeug und das eigene Smartphone mit Flatrate müssen die Fahrer beider Dienste selber mitbringen.

Harte Arbeit bei jedem Wetter: Lieferbote von DeliverooBild: picture-alliance/dpa

Bei Deliveroo sind 65 Prozent der Fahrer fest angestellt, 35 Prozent sind selbstständig. Der 'Tagesspiegel' schrieb 2016, Streik sei für Selbstständige nicht vorgesehen und es gebe kaum Möglichkeiten zur effektiven Beschwerde. Foodora bietet den Fahrer dagegen eine Festanstellung mit flexiblen Arbeitszeiten und sozialer Absicherung. Peer Schrader vom Recherche-Portal Krautreporter hat aber herausgefunden, dass bei foodora der Stundenlohn nicht so hoch ist wie versprochen, weil das zu erwartende Trinkgeld mit eingerechnet wurde. Außerdem stünden die Fahrer zum Teil unter Zeitdruck, bekämen keine Pausen und manchmal auch nicht die vereinbarte Anzahl an Arbeitsstunden.

Vor allem geht es bei den Fahrern um Tempo: In spätestens 30 Minuten soll das Essen beim Kunden sein. Ein Fahrer von foodora gibt gegenüber der Nachrichtenagentur dpa an: "Es gibt halt echt Tage, da kommst du nur zu spät. Da hast du überhaupt keine Chance, die Abholzeiten einzuhalten." Teils kämen die Restaurants nicht mit dem Kochen hinterher, teils gingen per App einfach zu viele Bestellungen ein.

Just Eat testet die Auslieferung per Roboter. Bild: Getty Images for Richard Mille/J. Phillips

Ganz neue - und wohl stressresistente - Lieferformen hat die Bestellplattform Just Eat jüngst in London ausprobiert: Lieferroboter. Seit Mitte 2016 arbeitet Just Eat mit Starship Technologie aus Estland zusammen, um die Zustellung mit Robotern zu erproben. Starship Technology testet seine Roboter seit Ende 2015.

Nachteile auch für Restaurants?

Trotz einem größerem Umsatz würden auch den Restaurants Nachteile durch die Lieferservices drohen, warnt Christopher Lück, Sprecher des Gaststättenverbands Dehoga. "Was nicht passieren darf, ist, dass die Gastronomen in eine Abhängigkeit von Lieferdiensten geraten." Hoteliers können davon ein Lied singen. Laut Medienberichten laufen viele Buchungen mittlerweile zu einem großen Teil über Portale wie booking.com, hotel.de oder hrs.de, die den Hotels versuchen vorzuschreiben, besonders günstige Zimmerpreise auf ihren Websites anzubieten und die immer höhere Gebühren von den Hotels fordern.

Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion
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