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Strom, der in der Wüste bleibt

Jutta Wasserrab11. Mai 2013

Bis 2050 will Europa ein Fünftel seines Stromhungers mit Wind- und Sonnenkraft aus Nordafrika stillen. Nun wird ein Solarkraftwerk in Marokko gebaut - von Lieferungen nach Europa spricht allerdings keiner.

Kollektorenfläche eines solarthermisches Kraftwerks in Kalifornien (Foto: picturealliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Anfang November letzten Jahres war die Euphorie noch groß: Paul von Son, Geschäftsführer der Desertec Industrieinitiative (Dii), hoffte auf eine Absichtserklärung, die Marokko mit einer Reihe europäischer Länder abschließen wollte. Sie sollte den Bau eines Solar- und Windkraftwerks in Marokko und den Export von grünem Strom nach Europa regeln.

"Es wäre das erste Abkommen zwischen Regierungen in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika, das den physischen Transport von Strom aus erneuerbaren Energien über Landesgrenzen hinweg regeln würde", schwärmte Son noch auf der Dii-Jahreskonferenz, die im November in Berlin stattfand. Vielleicht wäre Desertec, dem ambitionierten Wüsterstrom-Projekt, damit endlich der Durchbruch gelungen. Doch aus der Absichtserklärung wurde nichts.

Kein Strom für Europa

Stattdessen das: Der marokkanische König Mohammed VI. hat am Freitag (10.05.2013) den Startschuss für den Bau des solarthermischen Kraftwerkes in Ouarzazate, am Rande der Sahara, gegeben. Aber die Europäer spielen keine Rolle mehr. Das Solarkraftwerk ist ein rein marokkanisches Projekt, der Strom wird in Marokko bleiben.

Marokko - viel Potenzial, aber auch viel BedarfBild: picture-alliance/dpa

Nur an der Finanzierung des neuen Solarkraftwerks sind die Europäer noch beteiligt. Die bundeseigene KfW-Entwicklungsbank hat einen Kredit von 115 Millionen Euro zugesagt. Nach einem Ausbau in einer zweiten Phase könnte Ouarzazate dann auch Sonnenstrom für Europa produzieren, heißt es bei der KfW. Könnte - vielleicht.

Von der Desertec-Vision, bis 2050 ein Fünftel des europäischen Strombedarfs mit sauberer Energie aus Nordafrika abzudecken, spricht keiner mehr. Eigentlich will auch nie jemand davon gesprochen haben, zumindest klingt das so, wenn man Klaus Schmidtke von der Dii reden hört: "Die Desertec-Idee meint, dass in den Wüsten unglaublich viel Energie vorhanden ist, die man anzapfen kann und das soll denen, die Strom brauchen, zugutekommen." Von Anfang an sei klar gewesen: Dies seien in erster Linie die Länder in Nordafrika selbst.

Tatsächlich deckt Marokko 20 Prozent seines Energiebedarfs mit importiertem Strom ab. Und nicht nur in Marokko ist Strom Mangelware. Es liegt auf der Hand, dass die Länder zunächst ihren eigenen Energiehunger mit dem Wüstenstrom stillen werden. Und der Energiehunger wird größer, sollte die Wirtschaft wachsen.

Partnerschwund

Noch stehen hinter Desertec so bedeutende Unternehmen wie die Deutsche Bank, die Energieversorger Eon und RWE oder der Rückversicherer Munich Re. Insgesamt 20 Gesellschafter hat Desertec, deren Interessen die Dii vertritt. Doch Ende letzten Jahres haben zwei große Desertec-Gesellschafter dem Wüstenstrom-Projekt den Rücken gekehrt: Siemens und Bosch.

Dramatischer sieht es bei den assoziierten Partnern aus. Momentan sind es 18 Unternehmen, die für die Partnerschaft jährlich 75.000 Euro zahlen. Es waren aber schon einmal 35.

Die Marschroute ist klar

Soll Strom aus Nordafrika nach Europa kommen, dann drängt die Zeit. In Deutschland geht der Ausbau der Solar- und Windenergie rascher voran, als dies noch vor ein paar Jahren abzusehen war. Nach der Atomkatastrophe in Fukushima hat Deutschland für 2022 den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Keine zehn Jahre sind das mehr. Wie der Ausstieg aussehen soll, ist offen. Aber in welche Richtung es geht, das glaubt Hans-Dieter Kettwig, Chef des Windanlangebauers Enercon, zu wissen: "Der Weg geht nur über eine dezentrale Energieversorgung mit regenerativen Energien."

Das schließt einen so zentralen Ansatz wie das Desertec-Projekt nicht per se aus. Aber je länger kein Wüstenstrom nach Europa fließt, je mehr andere Quellen erneuerbarer Energien entstehen, desto schwieriger wird es, das Projekt noch sinnvoll einzubinden.

Evonik - auch kein Partner des Desertec-Projektes mehrBild: DW-TV
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