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Als der Punk in Flammen aufging

Marko Langer
27. November 2016

Manche sagen ja, mit dem Brexit sei das Vereinigte Königreich dem Untergang geweiht. Alles nur Untergangs-Propheten? Ein Stück britischer Geschichte ging nun schon einmal in Flammen auf. Punk-Geschichte. Auf der Themse.

Großbritannien Joe Corre verbrennt Punk Sammlung
Ein Feuer auf der Themse. Da brennt die Sammlung Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Lipinski

Man kann Joe Corré durchaus als Enfant Terrible bezeichnen. Kein Wunder, bei den Eltern. Die Mutter: Vivienne Westwood, Mode-Ikone, deren Kleider eher nicht dem Stilempfinden konservativer Bond-Street-Kundinnen oder gar der Queen entsprochen haben. Der Vater: Malcolm McLaren. Manager der einst und heute und für immer legendären Punkband "Sex Pistols". In deren berühmtesten Lied auf jene Königin Elisabeth heißt es: "She ain't no human being. And there's no future. In England's dreaming."

Charming. Doch zurück zu Joe Corré. Der hat seinen Eltern eine dem Vernehmen nach wertvolle Sammlung von Punk-Devotionalien zu verdanken. Beziehungsweise hatte. Denn Mr. Corré hat seine Drohung wahr gemacht. Und die ganze Sammlung auf einem Schiff auf der Themse angezündet.

Ganz die Mama: Joe Corré und Vivienne WestwoodBild: picture-alliance/dpa/Y. Mok

Boebachter sind schockiert. Nicht etwa wegen der fünf Millionen Pfund, die das Zeug angeblich wert war. Sondern eher, weil kunst- und kunstähnliche Gegenstände nun einmal wirklich nicht in Flammen aufgehen sollten. Davon aber hat sich Joe nicht abbringen lassen. Wochenlang hatte er seine Aktion in einer Weise angekündigt, die jeden Public-Relations-Director in Britanniens Public-Relations-Agenturen alt aussehen ließ. Jeden.

Warum? Zwei Antworten: weil Joe Corré es konnte. Und: weil er den ganzen Punk-Kram leid war. Vor allem diese Feiern zur Entstehung der Punk-Bewegung vor 40 Jahren. Widerlich. Wer, wie zum Beispiel der Autor dieser Zeilen hier, seinerzeit in London war, hat in lebhaft lauter Erinnerung, wie Songs wie das bereits zitierte "God save the queen" oder die Sex-Pistols-Hymne "Anarchy in the UK" die Anarchie in das United Kingdom brachten.

Dass sich das Vereinigte Königreich nun - wie zur Rache - ausgedacht hatte, dies alles 40 Jahre später mit Konzerten, Ausstellungen und anderen Events in London zu feiern, fand der Erbe (wie er der Einfachheit halber im weiteren Textverlauf genannt werden könnte) nicht amüsierend. "Punk sollte niemals nostalgisch sein - und er lässt sich auch nicht in einem Museumsworkshop lernen", kritisierte der 48-Jährige. Und dann entzündete er seine Sammlung und ein Feuerwerk gleich mit. 

"Das Establishment hat beschlossen, dass es an der Zeit ist, den Punk zu feiern. Es versucht, ihn zu privatisieren, zu verpacken, zu kastrieren", sagte der Erbe der Londoner Zeitung "The Times", die sich in ihrer langen Geschichte auch schon einmal ganz anderen Fragen gewidmet hat. "Es ist höchste Zeit, das alles zu verbrennen". Ein Löschboot der Feuerwehr half anschließend, die Flammen zu löschen.

Mit Unterwäsche nach oben

Corré wird die fünf Millionen übrigens verkraften. Nicht, weil er auch als PR-Mann sein Auskommen finden könnte. Sondern weil er mit seiner stilsicheren Mutter auch noch andere Talente gemein hat. 1994 eröffnete Corré mit seiner Frau Serena Rees in London den ersten Dessousladen der gemeinsamen Firma "Agent Provocateur". Für Freundinnen und auch Freunde moderner Miederwaren galten die "Agent Provocateur"-Artikel viele Jahre lang als der heißeste Scheiß überhaupt. Im Zuge der Scheidung von Serena Rees wurde die Firma 2007 an ein Investment-Unternehmen verkauft. Johnny Rotten und die anderen Gentlemen der "Sex Pistols" hätten dazu gesagt: "Your future dream is a shopping scheme. Because I, I wanna be Anarchy In this city." Gott schütze die Königin. 

 

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