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Der Taktgeber der Azzurri

8. Juli 2006

Längst ist er aus dem Schatten Francesco Tottis getreten. Seine Metamorphose kam bei der Fußball-WM in Deutschland. Andrea Pirlo wurde vom "Staubsauger" zum genialen Dirigenten.

Andre Pirlo: Sein Pass führte zum 1:0 gegen DeutschlandBild: AP

Als Abräumer für Fan-Liebling Francesco Totti nominiert, entpuppte sich der technisch versierte Mittelfeldstratege vom AC Milan im Turnierverlauf als der wahre Taktgeber im Spiel der italienischen Fußball-Nationalmannschaft. Pirlo schoss das erste Tor für die Squadra Azzurra, steht auf der Kandidatenliste für die Wahl zum besten Turnierspieler und sorgte mit einem Geistesblitz für das Halbfinal-Aus der deutschen Mannschaft.

Sollte Pirlo sein Team im Finale gegen Frankreich zum vierten WM-Titel führen, dann würde der 30-malige Nationalspieler, der wie einst Günter Netzer aus der Tiefe des Raumes kommt, wohl endgültig aus Tottis Schatten treten. "Wenn ich Andrea mit dem Ball sehe, frage ich mich, ob ich mich überhaupt Fußballer nennen darf", sagte Gennaro Gattuso bewundernd über seinen Nationalmannschaftskollegen. Das Spiel des 1,77 Meter großen Pirlo besticht durch eine exzellente Technik, Ballgefühl und Präzision im Aufbauspiel.

"Seine Füße sprechen für sich"

Die meisten Angriffe der Italiener bei dieser WM haben bei Pirlo ihren Ursprung, der mit plötzlichen Tempowechseln das Spiel bestimmt und gestaltet. Die niederländische Fußball-Ikone Johan Cruyff fühlt sich beim 27-Jährigen an einen berühmten Brasilianer erinnert. "Er ist der Zico vor der Abwehr. Pirlo ist ein Genie", meint "König Johan".

So dominant Pirlo auf dem Platz auftritt, so unauffällig verhält er sich abseits des Rasens. "Andrea Pirlo ist unser leiser Führer. Er lässt seine Füße für sich sprechen", erklärte der italienische Nationaltrainer Marcello Lippi. Der umjubelte WM-Held selbst hält sich bei der Beurteilung seiner Leistungen zurück. "Wir alle sind hier, um Weltmeister zu werden", sagte Pirlo lapidar.

Geniestreich gegen Deutschland

Doch ohne ihren Regisseur wäre vielleicht im Halbfinale gegen Deutschland Endstation gewesen. Der bei der WM zweimal zum "Man of the Match" gewählte Pirlo zog in der 119. Minute vier deutsche Spieler auf sich, um dann mit einem Pass in den Sechzehnmeterraum Siegtorschütze Fabio Grosso zu bedienen. Der deutsche Kapitän Michael Ballack, der nicht nah genug bei Grosso stand, zeigte sich nach dem Spiel beeindruckt von dem Geniestreich des Italieners: "Normalerweise hätte Pirlo schießen müssen. Wir haben den Pass in die Tiefe nicht verhindern können. Das war optimal."

Doch die Fußball-Welt musste lange auf solche magischen Momente von Pirlo warten. Der Durchbruch gelang ihm erst nach seinem Wechsel von Inter Mailand zum Stadtrivalen AC Milan. Erst bei den "Rossoneri" durfte Pirlo auf seiner Lieblingsposition im defensiven Mittelfeld agieren und bildete fortan mit dem Brasilianer Kaka ein kongeniales Duo. Mit Milan gewann Pirlo 2003 die Champions League und ein Jahr darauf die italienische Meisterschaft. Seine Leistungen machten ihn bald auch für die "Squadra Azzurra" unentbehrlich. (wga)