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Der Tankstellensänger

Guy Degen / Christine Harjes30. März 2004

Weit sichtbar leuchtet das Grün der Raiffeisen-Tankstelle in dem Industriegebiet von Münster. Auch akustisch sticht die Tankstelle hervor. Ein singender Prinz wäscht hier die Autos: Bawa Abudu aus Ghana.

In Ghana ein Star: Bawa Abudu

Die Geschichte des Tankwarts aus Tamale im Norden Ghanas klingt wie ein (schlechtes) Globalisierungsmärchen. 1979 verließ Bawa Abudu seine Heimat. Sein Vater, der Chef des Busanga-Stammes, König Haltilaw Abudu III., hatte ihn nach Deutschland geschickt, um Landmaschinen für den Stamm zu kaufen. Bawa Abudu verliebte sich in eine deutsche Frau und blieb.

Reggae-Beats

Er spielte in Reggae-Bands und begann in Ghana Platten herauszubringen. Mittlerweile hat er in seiner Heimat schon sieben CDs veröffentlicht. Jedes Kind kennt dort seine Lieder und er ist ein gefeierter Popstar. Trotz des Ruhmes in Ghana: Bisher reicht das Geld aus dem Musikgeschäft noch nicht, um seine Familie davon zu ernähren. In Ghana ist es fast unmöglich von Musik zu leben, weil die Künstler keine Tantiemen bekommen, wenn ihre Musik im Radio läuft. CDs werden kaum verkauft; stattdessen floriert der Handel mit Raubkopien.

Waschen und singen

Das Autowaschen ist für Bawa Abudu nur ein Job, um die Familie ernähren zu können. Der große Vorteil bei dieser Arbeit: Der 50-Jährige kann den ganzen Tag singen und seine Kunden freuen sich offensichtlich darüber. Die aktuelle Single "Ayamayoto" war beim "Saturn"-Markt in Münster schon drei Mal ausverkauft. Die große Straße, an der Bawa Abudus Tankstelle liegt, ist gut befahren. Die vorbeifahrenden Autos hupen, blenden ihr Licht auf und ab, oder die Fahrer winken dem "singenden Tankstellenmann" einfach nur zu. Seine Musik kommt gut an in Münster. Im Sommer wird sein achtes Album erscheinen. Dieses Mal bei einem der ganz großen Musik-Labels, der Bertelsmann Music Group (BMG), die auch Musiker wie Britney Spears, Christina Aguilera und Pink unter Vertrag hat.

Haussa-Texte

Mit dem "Daumenklavier", einer Gitarre und dem afrikanischen Xylophon bezieht sich Bawa Abudu auf traditionelle Musik aus Ghana. Auch wenn seine Songs von Produzenten mit elektronischen Beats unterlegt und so einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden - in einem Punkt lässt sich Bawa Abudu von den Plattenfirmen nicht reinreden: "Ich singe in Haussa, weil das nach Swahili die wichtigste Sprache in Afrika ist. So kann ich viele Leute erreichen."

Die Texte seiner Lieder erzählen von sozialen Problemen, den Vorfahren, Sklaverei, Armut, Hunger und dem Leben im Allgemeinen. "In meinem Stamm ist es wichtig, immer jemanden zu haben, der die Geschichte seines Volkes weitergibt", sagt Bawa Abudu. Diese Aufgabe hat er, dessen Name auf Deutsch "bescheidener Prinz" bedeutet, von seiner Mutter übernommen. "Sie musste die Geschichte unseres Stammes singen und als Musik an die anderen Generationen weitergeben. So bin ich aufgewachsen."

Seelen-Wäsche

Bawa Abudu an einer Raiffeisen Tankstelle,

Die Deutschen, deren Autos Bawa Abudu an der Tankstelle wäscht, können die genaue Bedeutung seiner Lieder nicht verstehen. Trotzdem berührt sie die Musik. Stammkunde Karl Kramer erzählt, er wisse nicht, ob er wirklich wegen der Autowäsche käme oder zu seinem eigenen Vergnügen: "Ich habe das Gefühl, bei Bawa wird die Seele und nicht nur das Auto gereinigt."

Talent-Suche

Bawa Abudu hofft weiter darauf, eines Tages von seiner Musik leben zu können. Dann will er nach Ghana zurückkehren und einen Kindergarten sowie ein Musik-Studio aufbauen. "Mein größter Traum ist es, in Ghana nach jungen Talenten zu suchen und ihnen bei der Musik-Produktion zu helfen, um dann in Europa einen Markt für sie zu finden."

Für den Moment aber ist Bawa Abudu zufrieden mit den beiden Polen in seinem Leben. Einerseits die harte körperliche Arbeit in Deutschland und den Respekt, den er dafür bekommt. Andererseite die Bewunderung, mit der er in Ghana empfangen wird.

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