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Terror im deutschen Sommerloch

Christoph Strack19. Juli 2016

Das politische Berlin ist nach der blutigen Gewalt von Würzburg auffallend still. Einzelne werden aber auch zu schnell zu laut. Mahnungen kommen aus München von einem entschiedenen, besonnenen Innenminister.

Blutspuren am Tatort (Foto: picture-alliance/dpa/K. Hildenbrand)
Spuren am Tatort in WürzburgBild: picture-alliance/dpa/K. Hildenbrand

Ein 17-jähriger, ein junger Flüchtling aus Afghanistan, verletzt am späten Abend in einem Zug bei Würzburg mehrere Reisende schwer. Mit Axt und Messer. Einige der Opfer schweben in Lebensgefahr. Trotz "breaking news": diese Meldung erreicht viele Deutsche erst am nächsten Tag. Im Hauptbahnhof fallen den Passanten die Polizisten in Schutzwesten, die hier eigentlich jeden Morgen flanieren, stärker auf.

In Berlin ist Sommerpause in diesen Tagen. Es dauert, bis sich Bundespolitiker zu Würzburg äußern. Dazu passt es, dass die erste aktuelle Stellungnahme eines Kabinettsmitglieds an diesem Vormittag zwar dem Terror galt. Allerdings nicht der Attacke von Würzburg, sondern dem schrecklichen Blutbad von Nizza. Gut vier Tage nach der Tat in Frankreich bestätigte Außenminister Frank-Walter Steinmeier Befürchtungen, dass auch drei Deutsche zu den Todesopfern zählen. Zwei Schülerinnen und eine Lehrerin aus Berlin.

"An der Seite unserer europäischen Partner"

Der "schreckliche Anschlag" in Nizza zeige, "dass sich der Terror wahllos gegen alle Menschen richtet. Deshalb ist unsere Botschaft: Wir lassen uns nicht einschüchtern und stehen weiter Seite an Seite mit unseren europäischen und internationalen Partnern gegen Hass, Gewalt und Terror", erklärt Steinmeier.

Jene, die sonst viel und regelmäßig twittern aus den Reihen des Bundeskabinetts, blieben ruhig. Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz, zum Beispiel äußert sich erst nach 13 Uhr am Mittag.

Vier Fragezeichen

Dafür meldete sich sehr früh eine der Vorgängerinnen von Maas, die Grüne Renate Künast, von 2001 bis 2005 die erste Verbraucherschutzministerin überhaupt. Sie äußerte sich nach Mitternacht, kaum zwei Stunden nach der Tat, auf Twitter.

Was dem folgt, ist ein Shitstorm der stürmischeren, auch dreckigeren Sorte, längst nicht nur von jenen, die die Grünen im Netz treu bashen. Auch bayerische Polizisten oder der Sprecher der Polizeigewerkschaft äußern garstig ihr deutliches Unverständnis: unerträgliche "Klugscheißerei"…

Dabei mag Künasts Gedanke eine mögliche Frage sein in einer Republik, in der vor 40 Jahren über die Frage eines "finalen Rettungsschusses" fast Regierungskoalitionen zerbrachen - aber wer sie mitten in der Nacht, fast noch im Geschehen liest, scheint irritiert.

Einer, der sich ruhig und bedächtig äußert in der Nacht, am frühen Morgen, am Mittag, ist der bayerische Innenminiser Joachim Herrmann. Ja, er nimmt Bezug auf Künast. Nur knapp, als er von "merkwürdigen Kommentierungen anderer Personen" in Deutschland spricht. Aber Herrmann warnt zunächst vor Urteilen ohne Erkenntnisse, dankt den Polizisten, verweilt im Reden lange bei der Sorge um die chinesischen Opfer des Täters, betont dann immer wieder, dass ein solcher Anschlag "außerordentlich schwierig zu verhindern" sei. "Wir können nicht in jeden Eisenbahnwagen einen Polizisten setzen." Es gelte, die Situation ernstzunehmen, meint er, und wendet sich gegen pauschale Vorurteile.

“Keine Vernetzung mit islamistischen Netzwerken”

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"Mit Anschlägen muss grundsätzlich gerechnet werden"

Das fränkische Würzburg gehört zum Freistaat Bayern. Deshalb ist der bayerische Innenminister bei einer solchen Lage auch politisch federführend. Zur allgemeinen Gefährdungslage "nach Würzburg" äußert sich am Mittag ein Sprecher des Bundesinnenministeriums gegenüber der Deutschen Welle. "Die grundsätzliche Gefährdungsbewertung für Deutschland ist unverändert", sagte er. Deutschland stehe bekanntermaßen bereits seit längerem im Fokus islamistischer Terroristen. Dabei müsse "auch mit Anschlägen durch Kleinstgruppen oder radikalisierte Einzeltäter grundsätzlich gerechnet werden". Details zum weiteren Schutz gibt es, wie üblich, nicht.

Am Mittwochabend steht der nächste Berliner Auftritt der Bundeskanzlerin an. Ihre erste Begegnung mit der neuen britischen Regierungschefin Theresa May. Politisch hochspannend angesichts des Brexit. Aber danach, bei ihrem nach jetzigem Wissen wohl letzten öffentlichen Stand vor etwas Urlaub, wird Merkel gewiss nach "Würzburg"gefragt werden. Auch da gilt: Der Terror rückt näher für Deutschland.

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