1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sechs Jahre für Achenbach

Silke Wünsch16. März 2015

Der Düsseldorfer Kunstberater hat seine schwerreichen Kunden betrogen und bekommt dafür die ganze Härte der Justiz zu spüren. Obwohl er Geständnisse abgelegt und Reue gezeigt hat, wird er empfindlich bestraft.

Prozess gegen Helge Achenbach im Landgericht Essen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Zwei Prozesse gleichzeitig liefen gegen den 62-Jährigen, der seit Juni 2014 in Untersuchungshaft sitzt. Im Zivilprozess verklagte ihn die Familie des Aldi-Erben Bertold Albrecht und verlangte Schadensersatz. Ende Januar 2015 bekamen sie vom Zivilgericht 19,4 Millionen Euro zugesprochen.

Im parallel laufenden Strafprozess am Essener Landgericht, bei dem es um insgesamt 24 Millionen Euro ging, die Achenbach veruntreut haben soll, sprach ihn der Richter des Betrugs in 18 Fällen schuldig. Der ehemalige Kunstberater wurde zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die Verteidigung hatte auf ein deutlich niedrigeres Strafmaß plädiert.

Achenbach – der Mann, der die Fäden in der Hand hielt

Es ist ein tiefer Fall für einen Mann, der noch im vergangenen Frühsommer ganz oben in der Kunstszene stand. Der gelernte Sozialpädagoge hatte schon vor Jahrzehnten erkannt, welches Potenzial in dem Beruf "Kunstberater" steckt. In den USA war das "Art Consulting" längst zu einem lukrativen Geschäft geworden. In Deutschland lief der Kunsthandel damals weitgehend ohne Makler ab. Achenbach witterte seine Chance und trat als selbsternannter "erster Kunstberater Deutschlands" in Erscheinung. Seine Auftraggeber waren Banken, Versicherungen, Unternehmen und reiche Privatleute. Achenbachs Kenntnis der Kunstszene, sein enger Kontakt zu Künstlern und Galeristen waren bei seinen Kunden hochgeschätzt – er galt als äußerst professionell mit dem richtigen Gespür für Wertsteigerungen.

Achenbach verkaufte an große Unternehmen wie die Telekom oder die Allianz Versicherung millionenschwere Kunstwerke, er war in der Düsseldorfer Kunstszene bekannt, zu seinen Freunden zählten der Fotokünstler Andreas Gursky oder der inzwischen verstorbene Jörg Immendorff, sowie Politiker und Wirtschaftsbosse.

Bis nach New York reichte sein Einfluss, wo er 2011 erfolgreich einen Sponsorenvertrag zwischen dem Museum of Modern Art (MoMa) und dem Volkswagen-Konzern gedeichselt hat.

Achenbach handelte auch mit Oldtimern und fuhr selbst diesen Bentley von Joseph BeuysBild: picture-alliance/dpa/A. Endermann

Seine Partys waren legendär, egal ob sie in Manhattan stattfanden, in Basel oder in Miami: Wenn "Helge" einlud, dann kamen die Leute gerne, Promis, Künstler, Galeristen – und genossen die prickelnde Atmosphäre zwischen Kunst und Geld.

Die Moral verloren

Irgendwo, sagt Achenbach beim Prozess über sich selbst, sei ihm in diesem schillernden Umfeld die Moral abhanden gekommen. Es schien aber auch zu leicht zu sein. Achenbach vereinbarte mit seinen Kunden etwa, dass er die Werke zum Einkaufspreis an sie weiter reichte, von ihnen aber eine Provision bekam. Dabei manipulierte er die Rechnungsbeträge geschickt zu seinen Gunsten. Es ging um Gemälde von Picasso, Gerhard Richter, Roy Lichtenstein oder Ernst Ludwig Kirchner – ein Millionengeschäft also, bei dem die eine oder andere Million schon mal verschwinden konnte.

Bis die Familie Albrecht auf einen Hinweis hin die Rechnungen genauer unter die Lupe nahm und den Betrug aufdeckte: Der 2012 verstorbene Bertold Albrecht hatte über Achenbach 14 Kunstwerke und neun Oldtimer bezogen und ist um gut 20 Millionen Euro betrogen worden. Albrecht war Achenbachs dickster Fisch, aber auch andere schwerreiche Kunden wie etwa der Großindustrielle Christian Boehringer wurden von Achenbach über den Tisch gezogen.

Vielen Künstlern kaufte Achenbach mit seiner feinen Spürnase für das, was Jahre später angesagt sein würde, Werke für Spottpreise ab – die später Millionen wert waren. Bemerkenswert dabei war: Sie alle schätzen den Betrüger Achenbach als charmanten und großzügigen Gesprächs- und Geschäftspartner, dem man nun unglücklicherweise auf den Leim gegangen ist. Gerhard Richter nannte ihn sogar fast liebevoll einen "Filou".

Schuldbekenntnisse unter Tränen

Trotz der offenbar immer noch herrschenden Zuneigung, die Achenbach auch im Gerichtssaal entgegen schlug, ist der Kunstberater im Verlauf der beiden Prozesse immer weiter in sich zusammen gesunken. Zwei Geständnisse hat er unter Tränen abgelegt, mehrmals hat er sich für sein "unmögliches" und "unverzeihliches" Handeln entschuldigt. Das alles hat den Richter offenbar nicht allzu sehr beeindruckt, in einigen Punkten glaubte er Achenbach auch schlichtweg nicht. Überdies bleibt der Haftbefehl gegen Achenbach bestehen - es bestehe Fluchtgefahr, so die Begründung.

Die Haftstrafe kommt nicht ganz überraschend: Achenbach hatte damit gerechnetBild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Damit geht einer der spektakulärsten Strafprozesse im Kunstbetrieb vorläufig zu Ende. Gegen die Schadensersatzzahlung legte Achenbach allerdings Berufung ein – er hat längst Insolvenz angemeldet, seine Kunstsammlung mit rund 2000 Objekten soll versteigert werden, wovon sich sein Insolvenzverwalter mindestes etwa sechs Millionen Euro verspricht.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen