Der verfressene Herr Brahms
9. Mai 2002Komponieren konnte der Junggeselle Brahms nur in einsamer Abgeschiedenheit. In größerer Gesellschaft soll er nur schwer zugänglich gewesen sein, geradezu launenhaft und ungenießbar. Doch für die Musikwissenschaftler Kurt und Renate Hofmann ist dies nur die eine Seite des Komponisten. Brahms sei auch ein ausgiebig genießender und sehr geselliger Gast gewesen - lustig, offen und zu jedem Schabernack aufgelegt.
Johannes, das Schleckermäulchen
"Ich habe noch nie in meinem Leben eine Mahlzeit ausgelassen und niemals einen Tropfen Medizin genommen", soll Brahms vor der Frau seines Verlegers Fritz Simrock beim Morgenkaffee geprahlt haben. Tags zuvor hatte er vom Austernfrühstück bis zum Nachtmahl ununterbrochen bis in den nächsten Morgen getafelt. "Jede Essenszeit ist für mich täglich ein Fest." Und schlechte Laune kommt vom schlechtem Essen. "Wenn ich mir einmal etwas Dummes bestelle, so bedaure ich das den ganzen Tag lang", war Brahms untröstlich.
Wein, Weib und Gesang?
Während seiner Zeit in Wien trank er vor dem Schlafengehen immer eine halbe Flasche Champagner, die ihm sein Verleger spendierte. "Um besser schlafen zu können, hat mir Doktor Fröschl Champagner verordnet", so die offizielle Version aus dem Hause Brahms. Seine Vorliebe für guten Wein war unter Freunden wohlbekannt. Auf die Frage, ob er Rot- oder Weißwein bevorzuge, erklärte er augenzwinkernd: "Weißwein, und nachher Rotwein, damit der's nicht übel nimmt."
Deftiges für den Komponisten
Brahms schätzte nicht nur die gehobene Gastronomie. Knackwürste sollen seine Leibspeise gewesen sein und außerdem Kartoffelfrikadellen mit Backpflaumen. Von Hamburg ließ er sich Aale nach Wien schicken. Die Frau eines Wiener Großindustriellen, Olga von Miller, versorgte ihn mit Hummer, Lachsforelle, Kalbsschnitzel, Hühnerbrust, Fasan und Rehrücken. Später schickte sie dem todkranken Brahms täglich Fleischpüree ins Haus.
Musik hält Leib und Seele zusammen!
Schon während Brahms' erster Konzertreise als Zwanzigjähriger versuchte seine Mutter, ihren Johannes mit gutem Essen wieder ins heimatliche Hamburg zu locken. Sie wolle Schokolade und Eier-Punsch besorgen. Dazu gäbe es Johannisbeergrütze und Beerpfannkuchen. Doch wichtiger als gutes Essen, Wein und Tabak war dem Sohnemann die Musik. Statt daheim bei Muttern die Beine unter den Tisch zu stecken, besuchte er Robert und Clara Schumann in Düsseldorf. Und auch dort hat er mit Sicherheit nicht Hunger leiden müssen ... epd/(arn)