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Die Folgen der Revolution

Arian Fariborz30. Januar 2009

Nach der Rückkehr Khomeinis aus dem französischen Exil vor 30 Jahren erhofften sich vor allem die liberalen Kräfte der Revolution einen demokratischen Wandel. Doch stattdessen etablierte er ein theokratisches System.

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad, Foto: AP
Beruft sich auf Khomeini: Irans Präsident Mahmud AhmadinedschadBild: AP

Als Ayatollah Khomeini am 1. Februar 1979 aus dem französischen Exil in die iranische Hauptstadt Teheran zurückkehrte, bereiteten ihm über vier Millionen begeisterte Menschen einen triumphalen Empfang. Doch kaum hatte der Schiitenführer iranischen Boden betreten, machte er aus seinen politischen Ambitionen keinen Hehl: "Von jetzt an bin ich es, der die Regierung ernennt!", rief er den jubelnden Menschenmassen in Teheran zu.

Khomeini kehrte am 1. Februar 1979 aus seinem Exil zurück in den IranBild: picture-alliance/dpa

Vier Tage später bestimmte er zunächst den liberalen Politiker Mehdi Bazargan zum Chef einer Gegenregierung. Nach dem Rücktritt des noch vom Schah eingesetzten Premierministers Shahpour Bakhtiars im Februar 1979, wurde er schließlich erster Ministerpräsident nach der Revolution.

Doch was anfangs vom liberalen Bürgertum noch als politisches Zugeständnis Khomeinis an sie verstanden wurde, war in Wirklichkeit nichts weiter als ein geschickter Schachzug des 75jährigen Ayatollahs. Dessen ist sich der Journalist und Iranist an der Universität Göttingen, Ghasem Toulany, sicher: "Von Anfang an wollte Ayatollah Khomeini ein System nach islamischen Werten errichten. Dafür bezog er sich auf die "welayat-e faqih"-Doktrin, also die "Herrschaft der islamischen Rechtsgelehrten." Dieses Herrschaftsmodell hatte Khomeini bereits in den 1960er Jahren entworfen. Es beanspruchte den absoluten politischen Machtanspruch der religiösen Rechtsgelehrten in Staat und Gesellschaft.

Herrschaft der islamischen Rechtsgelehrten

"Doch wurde diese Doktrin weder vom Schah noch von den zahlreichen demokratischen Gruppierungen, die damals gegen den Schah kämpften, ernst genommen", bemerkt Toulany. Ein gravierender Fehler, wie sich kurz nach dem Sturz des verhassten Schahs vom Pfauenthron und dem Sieg der Revolution zeigen sollte. Um einen handlungsfähigen Regierungsapparat aufzubauen und die politische Einheit des Landes herzustellen, war Khomeini zunächst noch auf die Zusammenarbeit mit den liberalen und säkularen Kräften angewiesen, die die Revolution zu großen Teilen mitgetragen hatten.

Der Opposition war vor 1979 nur eins gemeinsam: Der Hass auf den SchahBild: AP

Nur so konnte es dem Schiitenführer gelingen, Stück für Stück die Macht im Staat zu erobern. Anfangs wandte er sich gegen die zahlreichen Minderheiten im persischen Vielvölkerstaat, darunter die Kurden und Turkmenen. Sie hatten sich von der Revolution eine Demokratisierung und regionale Unabhängigkeit erhofft und drohten, sich im Februar 1979 vom Zentralstaat abzuspalten.

Unterdrückung der Minderheiten

Kaum aber waren die separatistischen Aufstände niedergeschlagen, richteten sich die islamischen Kräfte gegen Liberale und Kommunisten. Als politischer Taktierer verstand es Khomeini glänzend, zunächst eine Doppelstruktur der politischen Institutionen für eine Übergangszeit zuzulassen: Auf der einen Seite der liberale, demokratische Flügel unter dem Staats- und Ministerpräsidenten, auf der anderen Seite der islamische Klerus, der das Parlament dominierte, die Justiz und den so genannten Wächterrat.

Doch das Ende des formalen Bündnisses dieser ungleichen Partner war schon bald absehbar: Die Regierung Bazargan trat Anfang November 1979 schließlich zurück. Und mit dem Rücktritt Bazargans wurde der Weg für eine weitere Radikalisierung der Islamischen Republik frei.

"Weder Ost noch West – nur Islamische Republik!"

"Weder Ost noch West – nur Islamische Republik!", lautete fortan der Schlachtruf der radikalen schiitischen Organisationen der Hesbollahis und der "Pasdaran"-Milizen, die seit Ende 1979 immer lauter wurden. Dem Druck der Straße musste sich auch der nachfolgende liberal-islamische Ministerpräsident Bani-Sadr beugen. Als er vor einem schleichenden Staatsstreich durch die immer mächtigere "Islamisch-Republikanische Partei" (IRP) der Ayatollahs warnte, wurde er im Juni 1981 auf Geheiß Khomeinis kurzerhand abgesetzt. Der demokratische Aufbruch nahm ein jähes Ende.

Der Krieg gegen den Irak festigte die Herrschaft KhomeinisBild: AP


Die Revolution fraß ihre Kinder: Zwischen 1981 und 1985 wurden tausende Regimegegner vor islamischen Gerichten im Schnellverfahren angeklagt und hingerichtet. Der bis 1988 währende Iran-Irakkrieg festigte die uneingeschränkte Herrschaft Khomeinis weiter. Notstandsgesetze und permanenter Ausnahmezustand schalteten den letzten Widerstand der verbliebenen, im Untergrund operierenden Opposition endgültig aus. Doch Krieg und wirtschaftlicher Niedergang schwächten das Regime nachhaltig. Der Erdölexport brach dramatisch ein, Schattenwirtschaft und Inflation bestimmten die Jahre nach Khomeinis Tod 1989.

Auch dem nachfolgenden, als Pragmatiker bekannten Staatspräsidenten Rafsanjani gelang es nicht, das Land umfassend zu modernisieren und dem Westen zu öffnen – insbesondere wegen des Widerstandes des Bazars sowie des konservativen Klerus, die um ihre wirtschaftliche Macht fürchteten.

Wirtschaftlicher Niedergang und politische Isolation

Nach 30 Jahren Islamischer Republik nehmen sich die wirtschaftlichen Erfolge mehr als bescheiden aus. Seinem Anspruch, die Revolution in den Dienst der "Barfüßigen und Habenichtse zu stellen" und die verarmten Massen in den Städten zu unterstützen, wurde Khomeini bereits zu Lebzeiten nicht gerecht. Stattdessen profitieren bis heute vor allem die konservativen Kaufleute und Händler, die so genannten Bazaris sowie die religiösen Stiftungen – anstelle der früheren monopolistischen Pahlavi-Stiftung des Schahs – vom wirtschaftlichen Reichtum des Landes. Viele Iraner sind empört darüber, dass ihr Land als viertgrößter Erdölproduzent der Welt noch immer Benzin importieren und staatlich subventionieren muss.

Unter dem neuen Staatspräsidenten Ahmadinedschad, der sich als Erbe Khomeinis im Geiste und als Erneuerer der ursprünglichen Werte der Islamischen Republik sieht, hat sich das Land weiter wirtschaftlich und politisch isoliert – nicht zuletzt wegen der UN-Sanktionen gegen den Mullah-Staat als Folge des Atomkonfliktes. So hat sich das von den Mullahs lange Zeit als Exportmodell für das Ausland favorisierte politische System Khomeinis von der "Herrschaft der Rechtsgelehrten" heute in den Augen der Weltöffentlichkeit weitgehend selbst diskreditiert.

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