Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat das Deutsch-Indische Umweltforum in Neu-Delhi eröffnet. Hier wird vereint am Klimaschutz gefeilt. Wir stellen drei Beispiele vor.
Anzeige
Indien wandelt sich derzeit rasant: Die Wirtschaft wächst, die Industrie entwickelt sich weiter, der Energiebedarf steigt, immer mehr Menschen wollen in die Städte ziehen.
Das stellt Indien nicht nur vor Herausforderungen, was die Infrastruktur betrifft, sondern auch hinsichtlich des Umweltschutzes. Auf der To-do-Liste steht der Kampf gegen die Luftverschmutzung, die Sicherung von sauberem Wasser, der langfristige und nachhaltige Schutz der Böden, die Bekämpfung von Lärm.
Diese Probleme nimmt Indien ernst und arbeitet gemeinsam mit Deutschland und in internationalen Organisationen daran, die vereinbarten Umweltziele zu erreichen.
Zwischen Deutschland und Indien gibt es schon seit vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit.
Wirtschaftlich gesehen gilt Deutschland als Indiens wichtigster Handelspartner in der EU und sechstwichtigster Handelspartner im weltweiten Vergleich. Auch angesichts der Herausforderungen im Umwelt- und Klimabereich setzen Deutschland und Indien auf einen verstärkten politischen Dialog.
So wurde im Rahmen des Deutsch-Indischen Umweltforums eine Reihe von gemeinsamen Arbeitsgruppen auf den Weg gebracht, die zu den Themen Klimaschutz, nachhaltige Stadtentwicklung, Wasser sowie Abfall und Kreislaufwirtschaft tagen.
Ergänzend dazu verfolgt das Energieforum das Ziel, klimafreundliche, effiziente und nachhaltige Lösungen für den wachsenden Energiebedarf Indiens zu entwickeln. 2015 verabschiedeten die beiden Länder eine gemeinsame Klimaschutzerklärung.
Welche Zukunft haben Mega-Cities?
Immer mehr Menschen leben in Städten. Smog, Abfall, Stau: Auf der UN-Konferenz Habitat in Quito werden die Grenzen aber auch die Chancen von Metropolen diskutiert.
Bild: Roslan Rahman/AFP/Getty Images
Immer mehr Städter
Laut UN-Prognosen wird die Weltbevölkerung bis 2050 auf neuen Milliarden wachsen – rund zwei Drittel davon werden in Städten leben. Daher müssen Städte eine boomenden Nachfrage für Infrastruktur und Serviceleistungen bewältigen, wie bezahlbares Wohnen, Wasser, sanitäre Einrichtungen, Beschäftigung, Bildung, Gesundheitseinrichtungen und Transport.
Bild: Getty Images
Wachsende Slums
In manchen Städten führt die rasante Urbanisierung zur gravierenden Ausdehnung von Slums - wie im Khayelitsha Township in Südafrika. In Afrika, Asien und Südamerika leben Millionen von Menschen in Elendsvierteln, wo es meist keinen Zugang zu Trinkwasser, sanitären Einrichtungen und Arbeit gibt.
Bild: Getty Images/D. Kitwood
Grüne Gebäude
Urbanisierung birgt auch Möglichkeiten. Um dem Wohnungsmangel für Niedriglohnarbeiter in Santa Monica in der Nähe von Los Angeles zu begegnen, baute die Stadt umweltfreundliche und erschwingliche Wohnungen in der Nähe des Stadtzentrums. Der Colorado Court war eines der ersten energieneutralen Gebäude in den USA.
Bild: picture alliance/Arcaid/J.-E. Linden
Sauberes Wasser
Um die Frischwasserversorgung sicher zu stellen, liegen Städte traditionell nah an Flüssen oder unterirdischen Wasserläufen. Die Aufgabe, eine schnell wachsende Stadtbevölkerung günstig, verlässlich und nachhaltig mit Wasser zu versorgen gehört zu den großen Herausforderungen der Zukunft. Mehrere indische Städte leiden häufig unter Wasserknappheit und müssen Wasser aus anderen Gebieten importieren
Bild: DW/M. Krishnan
Urbane Landwirtschaft
Besonders in Entwicklungsländern übt die Urbanisierung zusätzlichen Druck auf ohnehin dünne Ressourcen aus. Für die Ärmsten sind gesunde Nahrungsmittel oft unerschwinglich. In Ugandas Hauptstadt Kampala bauen Familien mit Unterstützung von urbanen Landwirtschaftsprojekten auf winzigen Grundstücken ihr eigenes Essen an und verkaufen überschüssige Erzeugnisse.
Bild: AFP/Getty Images
Auf dem Fahrrad
Ein gut vernetztes Transportsystem ist unverzichtbar, um zur Schule oder zur Arbeit zu gelangen. Aber steigende Bevölkerungszahlen in Städten bedeuten zwangsläufig ein höheres Verkehrsaufkommen und Stress für Anwohner und Stadtplaner. Kopenhagen, das bis 2025 klimaneutral sein möchte, verfügt über ein Fahrradnetzwerk das Stadtbewohner animiert, mit dem Rad statt mit dem Auto zu fahren.
Bild: picture alliance / PIXSELL
Die Busse von Bogota
Die kolumbianische Hauptstadt Bogota versucht seit dem Jahr 2000, Verkehrsprobleme mit dem TransMilenio Bus-Schnellverkehrssystem zu bewältigen. Trotz Kritik an der Überfüllung der Busse werden sie jeden Tag von mehr als zwei Millionen Menschen benutzt. Als nächstes plant Bogota, die Dieselflotte mit Hybrid- und Elektrobussen zu ersetzen.
Bild: Guillermo Legaria/AFP/Getty Images
Abfall-Lösungen
Der Umgang mit Müll und Abfall gehört ebenfalls zu den Kernaufgaben einer Stadt. Durch Müllverbrennung wird in schwedischen Städten Energie erzeugt, nur ein Prozent von Haushaltsabfällen landet auf Müllhalden. San Francisco hat Plastiktüten verbannt und möchte 2020 keinen Abfall mehr produzieren. Andere Städte, zum Beispiel englische, nutzen Abfall um öffentliche Verkehrsmittel anzutreiben.
Bild: Envac/Image Bank Sweden
Schlechte Luft
Städte sind eine Hauptquelle der Luftverschmutzung und manche drohen fast daran zu ersticken. Mexiko-Stadt ist bekannt für seine hohe Smog-Belastung. Anfang des Jahres war die Luftverschmutzung so schlimm, dass die Behörden Autos von den Straßen verbannten und die Einwohner aufforderten in ihren Wohnungen zu bleiben.
Bild: Getty Images/AFP/H. Guerrero
Smog-fressende Mauer
Anfang des Jahres wurde in Mexiko-Stadt die Initiative "Hoy No Circula" ("Fahr‘ heute nicht") neu aufgelegt, damit Anwohner an einem Wochentag ihr Auto stehen lassen. Andere Maßnahmen zur Senkung von Emissionen sind Wiederaufforstung und das Begrünen des Stadtverkehrs. Und dann gibt es noch das Torre de Especialidades, ein Krankenhaus mit speziellen, Smog-aufsaugenden Kacheln.
Bild: Alejandro Cartagena
Innovationsantreiber
70 Prozent der Treibhausgasemissionen werden in Städten verursacht. Kopenhagen, Vancouver, das schwedische Malmö und weitere Städte sind Vorreiter im Drosseln von Emissionen. Auch Deutschlands Freiburg hat diverse Maßnahmen ergriffen: Die Stadt investiert verstärkt in Solarenergie, umweltfreundliche Verkehrsmittel und Recycling. Bis 2015 will Freiburg klimaneutral sein.
Bild: Stadt Freiburg im Breisgau
Grüne Städte
Grünflächen sind lebenswichtig für Städte. Sie bieten Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten und reduzieren Hitze. Singapur besteht trotz hoher Bevölkerungsdichte zur Hälfte aus Grünflächen – und belegt damit Platz Eins auf dem Asiatischen Green City Index. Das Grün ist nicht immer Natur: Bäume aus Stahlstrukturen im Garden by the Bay (im Bild) sammeln Solarenergie und Regenwaser.
Bild: Roslan Rahman/AFP/Getty Images
12 Bilder1 | 12
1. Smart Cities
Im April 2015 gab die indische Regierung den Startschuss für das "100 Smart Cities"-Programm. An zunächst 100 Orten sollen intelligente Städte entweder völlig neu gebaut oder bestehende Städte hinsichtlich ihrer Infrastruktur effizienter und lebenswerter gestaltet werden – und somit auch gesünder und sauberer. Deutschland unterstützt drei indische Städte auf dem Weg zur Smart City: Kochi, Coimbatore und Bhubaneswar.
Die "100 Smart Cities"-Maßnahmen schließen vor allem den Ausbau der städtischen Wasserversorgung, der Sanitäranlagen, der Abfallwirtschaft, des bezahlbaren Wohnungsangebots und des öffentlichen Verkehrs mit ein. So berät beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die indischen Smart Cities bei der Planung und Realisierung nicht motorisierter, öffentlicher Mobilität oder der Einbeziehung verschiedener Verkehrsmittel.
2. Mehr Sonnenenergie
Indien hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch in den kommenden Jahren auf 25 Prozent zu verfünffachen, einen Großteil davon über Solaranlagen. Im Rahmen der Deutsch-Indischen Solarpartnerschaft unterstützt Deutschland die indische Regierung beim Bau von Solardächern, Solarparks und Inselsystemen.
Mithilfe der GIZ wurden zum Beispiel Metrostationen mit Solaranlagen bestückt – die Metro von Neu-Delhi erzeugt damit einen erheblichen Teil ihres Stroms selber. Zwar ist die Metro als Fortbewegungsmittel klimafreundlicher als Autos oder Motorräder, dennoch verbraucht sie enorme Mengen an Strom – monatlich etwa so viel wie 100.000 indische Haushalte.
Noch dazu sind die Verkehrsnetze in Indien oft überlastet. Stromausfälle sind die Folge. Mit dem Umstieg auf Solarkraft sollen Indiens Metros in Zukunft zuverlässiger werden.
3. Intelligentes Wassermanagement
In vielen Metropolen Indiens ist das Trinkwasser auf ein paar Stunden pro Tag beschränkt, es gibt Stadtviertel, die nicht mal an die Wasserversorgung angeschlossen sind. Oft fehlen Kanalisationen und Kläranlagen – mit der Folge, dass Abwässer unbehandelt in Flüsse und Seen eingeleitet werden, die zum Teil als Trinkwasserquelle dienen.
Beim Bewältigen dieser Herausforderung unterstützt das vom Bundesumweltministerium (BMU) geförderte Projekt "Smart Water Future India" Indien dabei, ein intelligentes Wassermanagement für seine Metropolen zu entwickeln.
Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB ist an der Koordination des Projekts beteiligt. Am Beispiel der südindischen Millionenstadt Coimbatore soll vorerst ein Konzept für das nachhaltige Wassermanagement einer intelligent vernetzten Stadt entwickelt werden. Im Fokus hierbei steht ein intelligentes Wassermanagement, das auch die Sektoren Energie und Ernährung berücksichtigt sowie Technologien, um die Wasserqualität von gereinigtem Industrieabwasser, Oberflächengewässern und Grundwasser zu überwachen.
Ziel der Stadt Coimbatore ist es, bis 2045 alles Abwasser zu sammeln und zu reinigen. 70 Prozent des Wassers sollen wiederverwendet und auch Regenwasser genutzt werden.
Kranker Ganges: Indiens heiliger Fluss stirbt
Für eine Milliarde Hindus ist er ein Heiligtum, für 400 Millionen Menschen eine Wasserquelle: der Ganges. Doch die Verschmutzung des Flusses schreitet immer weiter voran - trotz jahrzehntelanger Bemühungen der Politik.
Bild: Reuters/D. Siddiqui
Gebete für "Mutter Ganges"
Mehr als 2600 Kilometer fließt der Ganges vom Himalaya zum Indischen Ozean. Der Fluss ist vieles: Trinkwasserquelle, Badeort, Jobgarant, Pilgerstätte, Göttin, Friedhof. Jeden Tag tauchen tausende Hindus in das Wasser ein, um sich von ihren Sünden zu reinigen. Viele wollen am Fluss sterben. An seinen Ufern sprechen die Gläubigen regelmäßig Gebete für "Mutter Ganges".
Bild: Reuters/D. Siddiqui
"Ich habe nie daran gedacht, wegzugehen"
Einer von ihnen ist Lokesh Sharma. Der 19-jährige Priester lebt in Devprayang, einem Bergdorf im Bundesstaat Uttarakhand, wo die Flüsse Bhagirathi und Alaknanda zusammenfließen und den Ganges bilden. "Ich habe nie daran gedacht, wegzugehen und mich irgendwo anders niederzulassen", sagt Sharma. Devprayang liegt in einer der wenigen Regionen, in denen das Ganges-Wasser noch klar ist.
Bild: Reuters/D. Siddiqui
Schmutzfaktor Mensch
Auf seinem Weg durch Indien und Bangladesch fließt der Ganges sowohl an kleinen Dörfern als auch an Metropolen vorbei. Im Ballungsraum Kolkata mit seinen 14 Millionen Einwohnern ist das Ganges-Wasser trüb. Nicht nur hier wird der Fluss unter anderem zum täglichen (Wäsche-) Waschen und Zähneputzen genutzt - eine von vielen Ursachen der zunehmenden Verschmutzung.
Bild: Reuters/D. Siddiqui
Müllkippe Ganges
In einigen Flussabschnitten ist die Schadstoffbelastung so hoch, dass das Baden eine Gefahr darstellt. Vielerorts nutzen Privatpersonen, Kleinunternehmen und Fabriken den Ganges als Müllkippe. Zudem werden jährlich tausende Leichen verbrannt und dem heiligen Fluss übergeben. Schon 1985 führte die indische Regierung erste Rettungsmaßnahmen ein, doch bis heute schreitet die Verschmutzung voran.
Bild: Reuters/D. Siddiqui
Gefährliche Abwässer
Eine Gesundheitsgefahr stellen auch die in den Fluss geleiteten Industrieabwässer dar. Von den fast fünf Millionen Litern Abwasser, die täglich in den Ganges fließen, wird heute weniger als ein Viertel geklärt. In Kampur führt die Lederindustrie Chemikalien durch Abflussrohre direkt in den Fluss. Deshalb bildet sich am Mittellauf häufig Schaum auf der Wasseroberfläche.
Bild: Reuters/D. Siddiqui
Sinkende Artenvielfalt
In einem Abschnitt nahe Kampur ist der Ganges inzwischen so verschmutzt, dass sich das Wasser rot gefärbt hat. Der Fluss ist chronisch sauerstoffarm, viele Tierarten sind vom Aussterben bedroht, der Fischbestand sinkt beständig. Allein die Population des Ganges-Delfins ist nach Angaben des World Wildlife Fund For Nature (WWF) von rund 5000 Tieren in den 1980er Jahren auf aktuell 1800 gesunken.
Bild: Reuters/D. Siddiqui
Politisches Versagen
Das Sterben des Ganges ist seit Jahrzehnten bekannt, doch bisher konnte die indische Politik wenig ausrichten. Auch unter Premierminister Modi hat sich kaum etwas geändert. Zwar hat die Regierung angekündigt, mehr Kläranlagen zu bauen und mindestens 400 Fabriken an den Ufern umsiedeln zu wollen. Doch die umgerechnet drei Milliarden US-Dollar teure Maßnahme bleibt hinter dem Zeitplan zurück.