Neues Terror-Video aufgetaucht
21. April 2010Neues Video aufgetaucht
Vor wenigen Tagen tauchte ein neues Video auf, das deutschsprachige Kämpfer beim Schießtraining in einem Ausbildungscamp in Afghanistan zeigt. In dem 31 Minuten langen Film treten fünf deutschsprechende Dschihadisten auf, die sich zu zwei Angriffen auf US-amerikanische Militäreinrichtigen in Afghanistan bekennen. Sie nennen sich "Deutsche Taliban Mujahideen" und sind eine relativ neue Gruppierung, erklärt Yassin Musharbash, Redakteur bei "Spiegel-Online" und Experte für islamistischen Terror.
"Das scheinen zwischen sechs und zehn deutsch-sprachige Kämpfer zu sein, die sich offenbar in Afghanistan aufhalten und offenbar unter dem Kommando der afghanischen Taliban agieren." Zum ersten Mal seien sie im Herbst 2009 in Erscheinung getreten.
Deutsche Taliban
Seit Jahren beobachtet Musharbash die Dschihadisten-Szene im Internet. Die "Deutschen Mujahideen Taliban", kurz DTM, sind seiner Einschätzung nach die versprengten Reste der Islamischen Jihad-Union IJU, einer relativ kleinen Gruppe, die seit Jahren in Afghanistan aktiv ist. Ihr gehörten auch die vier jungen Männer an, die in Deutschland als Sauerland-Gruppe bekannt wurden. Sie wurden im März wegen der Planung und Vorbereitung von Terroranschlägen in Deutschland zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
"Mein Eindruck ist, dass die IJU relativ aufgerieben ist", sagt Musharbash. Von der Gruppe gäbe es nur noch vereinzelte Spuren im Netz. Die marodierenden ausländischen Kämpfer der IJU seien offenbar unter die Fittiche der afghanischen Taliban geschlüpft. Die deutschen Dschihadisten hätten dort eine eigene Brigade gebildet, eben die "Deutschen Mujahideen Taliban". Ihre Beteiligung an Angriffen auf US-amerikanische und afghanische Stützpunkte, zu denen sie sich in dem Video bekannt hatten, könnten für sie so eine Art Praktikum gewesen sein, mutmaßt Musharbash. "Die afghanischen Taliban haben die halt mal mitgenommen zu zwei Anschlägen. So stellt sich das für mich dar. Und die haben dann wiederum ihrerseits für das deutschsprachige Publikum ein großes Propaganda-Video daraus gemacht, um zu demonstrieren, dass sie nicht nur rumsitzen, sondern auch etwas tun."
Deutsche Dschihadisten am Hindukusch
Nach Einschätzung von Sicherheitsexperten gibt es etwa 100 Deutsche, die sich auf den Weg nach Afghanistan und Pakistan gemacht haben, um sich mutmaßlich in Terrorcamps ausbilden zu lassen oder um an der Seite der Taliban gegen die ausländischen Soldaten zu kämpfen. Viele von ihnen stammen aus bürgerlichen deutschen Elternhäusern und sind zum Islam konvertiert. Andere sind die Söhne oder Enkel von muslimischen Migranten, die schon lange in der Bundesrepublik leben. Ihnen allen ist gemein, dass sie den Islam entweder als Konvertiten neu entdeckt oder als Muslime wieder gefunden und sich schnell radikalisiert haben.
"Neu ist, dass viele von ihnen ihre Familien mitnehmen, wenn sie nach Afghanistan gehen", sagt Musharbash. Mit Ehefrau und Kindern ziehen diese deutschsprachigen Dschihadisten an den Hindukusch, um sich am Kampf gegen die ISAF-Truppen zu beteiligen. Einige von ihnen seien inzwischen in die Heimat zurückgekehrt, im schlimmsten Fall mit dem Hintergedanken, hier Anschläge vorzubereiten. Einige Dutzend seien aber definitiv noch vor Ort, so Musharbash. Kämpfen also deutsche Taliban gegen deutsche Soldaten?
Krieg gegen die Bundeswehr?
Der Krieg der Taliban sei gegen die ausländischen Truppen in Afghanistan gerichtet, egal woher sie stammten, erklärt Musharbash. "Die Deutschen sind nicht das Ziel Nummer 1 der Taliban und werden es auch nicht werden. Sondern die kämpfen, so gut sie können, gegen alle Nato-Soldaten."
Wenn man so wie er die Bekennerschreiben und Strategiepapiere der Taliban lese, dann sehe man sehr deutlich, dass sie sich über getötete Rumänen genauso freuten, wie über getötete Deutsche.
Man sollte die Taliban nicht überschätzen, so Musharbash. Sie seien nicht einmal immer zuverlässig in der Lage, deutsche Soldaten von anderen ausländischen Soldaten zu unterscheiden. Im Fall der kürzlich getöteten Bundeswehrsoldaten sei zwar ein Bekennerschreiben der Taliban eingegangen. Daraus sei aber nicht hervorgegangen, dass den Taliban klar war, dass sie Bundeswehrsoldaten angegriffen hatten.
Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Silke Wünsch