Deutsche Fertighäuser nach China
9. Mai 2011Die deutsche Brauanlage in der Hafenstadt Qingdao funktioniert nach über hundert Jahren immer noch einwandfrei. So lange würden auch seine Fertighäuser aus Holz und Glas halten, versichert Georg Huf, Chef des Familienunternehmens Huf Haus aus Hartenfels im Westerwald.
Anfang Mai wird das vierte Huf-Haus nach China verschifft. Die letzten Vorbereitungen werden getroffen. Georg Huf steht vor einem Container und erklärt: "Die Dachelemente werden aufeinander gestapelt, das ist jetzt die Restladung mit Glaswolle und sonstigen Ausbaumaterialien." Dann werde eingepackt, luftdicht verschweißt und Trockenmittel dazugelegt.
Luxushäuser als Nischenmarkt in China
Die 22 Container mit Bauelementen für das knapp 900 Quadratmeter große Luxushaus werden zuerst mit dem LKW nach Rotterdam transportiert. Von dort werden sie auf ein Schiff umgeladen. Dann geht es auf hoher See durch den Suezkanal in Richtung China. Zielort ist die Acht-Millionen-Stadt Qingdao im Osten Chinas, eine Flugstunde von Peking entfernt. Es ist das vierte der insgesamt fünf Häuser, die in einer Reihe die Strandpromenade der ehemaligen deutschen Kolonie schmücken sollten.
Ihre Geschichte kann die Stadt mit dem zehntgrößten Hafen der Welt nicht verbergen. Klassische deutsche Fachwerkbauten aus dem 19. Jahrhundert sind erhalten. Da passt die Holz-Glas-Architektur der Huf-Häuser, eine Art neuer Interpretation des klassischen Fachwerks, gut ins Stadtbild. So oder so ähnlich musste die Führung des chinesischen Elektrokonzerns Hisense auch gedacht haben. Sie ist der Bauherr der Wohnanlage "Golden Coast", zu der die Fertighäuser aus Deutschland gehören. Erste Kontakte mit Hisense entstanden im Jahr 2006. Zwei Jahre später wurde das Zehn-Millionen-Projekt vereinbart.
"Der chinesische Markt tickt ganz anders. Eine Privatperson darf kein Grundstück erwerben, um darauf ein Haus zu bauen", berichtet Georg Huf: "Das geht nur über einen Developer und das sind meistens staatliche Konzerne, die große Development-Abteilungen haben." Nur die seien in der Lage, Grundstücke zu ersteigern. Der Staat sei ja Eigentümer von allem und versteigere diese Einheiten, sagt Huf zu DW-WORLD.DE.
Probleme mit der Verpackung
Vor dem Verladen des ersten Hauses bekam Georg Huf, der das Familienunternehmen in dritter Generation führt, tiefe Sorgenfalten. In den Containern befinden sich lauter Materialien, die Wasser aufnehmen können, vor allem das Holz: "Wir fahren über den Suezkanal, den Indischen Ozean und das Chinesische Meer. Dort haben wir Luftfeuchte von bis zu 95 Prozent." Nach fünf, sechs Wochen - so lange dauert die Schifffahrt - nehme das Produkt so viel Wasser auf, dass es dann schimmelt und aufquillt." Und dann können Sie es praktisch entsorgen", sagt der Chef des Weltmarktführers für moderne Fachwerkarchitektur.
Die Kernfrage lautet: Wie bekommt man es hin, dass Bauelemente genauso in China ankommen, wie sie hier verladen werden. Ein Verpackungsfachmann ist gefragt. Huf hatte Glück: 15 Kilometer entfernt sitzt die Verpackungsfirma hapack, ebenfalls ein traditionsreiches Familienunternehmen. Firmenchef Joachim Hasdenteufel wusste sofort, welche Herausforderungen auf ihn warteten: "Das eine war die Empfindlichkeit der Wandelemente gegen Stoß wegen der eingebauten Scheiben." Die zweite Schwierigkeit sei die Korrosionsempfindlichkeit der eingebauten Elektrik, zum Beispiel zur Steuerung der Rollläden. "Und die dritte Schwierigkeit war der Überstand der Wandelemente über der Containerhöhe."
Sicher durch den hohen See
Denn welcher Architekt achtet bei der Konzeption schon darauf, ob eine Wand auch in einen Container passt. Das hapack-Team fertigte eigens Hauben, um dieses Problem zu lösen. Auch wurden neue dicke Dämpfungselemente entwickelt, damit sich die Holzwände, Türen und Fenster nicht gegenseitig stoßen, wenn das Schiff bei schwerer See schwankt und schlingert. Dann wurde intensiv über den Korrosionsschutz beraten. "Und aus all dem haben wir dann eine Lösung konstruiert, die für alle fünf Häuser gilt", sagt Hasdenteufel von der Verpackungsfirma hapack gegenüber DW-WORLD.DE.
Die ersten drei sind gut angekommen. Das vierte wird Anfang Juli im Fernost erwartet. Ende 2012 wird das Ganze abgeschlossen sein. Ein Anschluss-Projekt hat Georg Huf bereits im Visier: Mit dem Hisense-Chef sei er einig, einen Wohnpark in der neuen Stadt Qingdao zwischen dem Flughafen und der jetzigen Stadt zu bauen: "Dort wird eine neue Stadt entstehen für zweieinhalb Millionen Menschen. Und dort hatte er ein Quartier ersteigert und in diesem Bereich will er rund 19 Appartements mit uns bauen."
"Die Marktumgebung in China wird sich ändern"
Das China-Geschäft kam für die Firma Huf Haus zum richtigen Zeitpunkt. Denn durch die Wirtschaftskrise ist der Hauptmarkt Großbritannien eingebrochen. Dank China und einigen Nachbarländern Deutschlands konnten die Verluste aufgefangen werden. Insgesamt werden 68 Prozent des Umsatzes im Ausland generiert. Zwar spielt China mit nur zwei Prozent vom Gesamtumsatz für die Bilanz der Firma noch keine große Rolle. Doch Georg Huf misst dem chinesischen Markt eine strategische Bedeutung bei: "Ich gehe davon aus, dass sich die Marktumgebung in China ändern wird. Es wird privates Eigentum geben, es wird auch privates Bauen geben." Schließlich würden viele Chinesen ja auch in der Welt sehen, was sonst noch geht und wie es gehen kann. Huf ist davon überzeugt, "dass wir in China einen etwas lockereren Markt haben werden als heute."
Während er vor einem Musterhaus im firmeneigenen Hufdorf sitzt und von einem freien Markt in China träumt, werden in der Produktionshalle am Rande des Dorfs die letzten Türen und Wände im LKW gestapelt - denn bald geht es los mit der großen Reise.
Autorin: Zhang Danhong
Redaktion: Henrik Böhme