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Politik

Lukaschenkos Rache für Entzug der Eishockey-WM?

Bogdana Alexandrowskaja | Andrey Gurkov
6. Mai 2021

Auf Druck westlicher Sponsoren wurde Minsk die Eishockey-WM entzogen. Nun gibt es belarussische Sanktionen gegen Škoda, Liqui Moly und Beiersdorf. Experten sagen, warum sie vor allem Belarus selbst und Russland treffen.

Putin und Lukaschenko spielen Eishockey in Sotschi
Belarussischer Machthaber Alexander Lukaschenko (im Zentrum) ist bekannt für seine Zuliebe für EishockeyBild: Kremlin/dpa/picture alliance

"Schutz nationaler Interessen unter Berücksichtigung unfreundlicher Maßnahmen gegen das belarussische Volk." So lautet die Begründung für die sogenannten Gegensanktionen gegen drei Unternehmen. Seit dem 5. Mai können die Belarussen keine Produkte mehr von Škoda, einer hundertprozentigen Tochter des deutschen Volkswagen-Konzerns, von Liqui Moly, einem deutschen Hersteller von Schmierstoffen und Motorenölen, und des deutschen Kosmetik-Konzerns Beiersdorf, dessen bekannteste Marke Nivea ist, kaufen.

Die deutsche Wirtschaft hatte entscheidend dazu beigetragen, dass dem Machthaber Alexander Lukaschenko die Ausrichtung der für Mai und Juni geplanten Eishockey-WM entzogen wurde. Jene drei Unternehmen, darunter der Hauptsponsor Škoda, lehnten es ab, das Turnier zu unterstützen, sollte es in Belarus stattfinden - wegen der dortigen Menschenrechtsverletzungen. Die WM hätte eigentlich in Minsk und Riga stattfinden sollen. Die Spielstätten in der belarussischen und lettischen Hauptstadt hätten nur 150 Kilometer voneinander entfernt gelegen. Doch angesichts der politischen Lage in Belarus und des Drucks seitens der Sponsoren entschied sich die Internationale Eishockey-Föderation IIHF Anfang 2021 gegen Minsk. Somit ist Riga alleiniger Austragungsort.

Škoda als Sponsor im EishockeyBild: firo Sportphoto/Jürgen Fromme/picture alliance

Vorerst nur drei Unternehmen betroffen

Der Bann gegen Produkte von Škoda, Liqui Moly und Beiersdorf wurde auf Grundlage eines Dekrets von Lukaschenko von Ende März verhängt. Es untersagt die Einfuhr und den Verkauf bestimmter Waren aus Ländern, die Sanktionen gegen belarussische juristische und physische Personen verhängt oder sich solchen angeschlossen haben. Die EU hat seit Beginn der Proteste gegen das Regime in Belarus vor neun Monaten schon drei Sanktionspakete gegen Minsk beschlossen. Auch die USA verlängerten vor kurzem ihre restriktiven Maßnahmen gegen die belarussische Petrochemie.

Doch die nun verhängten belarussischen Gegensanktionen betreffen nur die drei oben genannten Unternehmen. Schon Ende April waren Nivea-Produkte in Belarus kaum mehr zu finden. In einigen Geschäften wurde sie als "verbotene Waren" aus den Regalen genommen, andere versuchten noch, sie mit Rabatt loszuwerden. Es bleibe aber erlaubt, im Ausland gekaufte Nivea-Creme nach Belarus zu bringen, erklärte der belarussische Zoll.

Ein neues oder gebrauchtes Škoda-Auto wird man aber wohl nicht mehr nach Belarus importieren können. Die Škoda-Zentrale in der Tschechischen Republik bestätigte auf Anfrage der DW, dass die belarussische Regierung ein Importverbot von Škoda-Neuwagen ausgesprochen hat. "Bis zur Klärung der Sachlage stoppt der lokale Importeur in Belarus ab dem 5. Mai 2021 bis auf Weiteres den Vertrieb von Neuwagen", so das Unternehmen. Škoda hofft, die Situation im Interesse seiner Kunden bald klären zu können.

Sanktionen mit wenig Folgen

Beobachter sehen in den belarussischen Gegensanktionen eine Art Rache an den Unternehmen, die die Eishockey-WM in Belarus nicht mehr sponsern wollten. Andrej Kasakewitsch, Direktor des in Litauen ansässigen Belarus-Forschungsinstituts "Palitytschnaja Sfera", meint, Lukaschenko wollte einfach eine Gegenantwort liefern. "Die belarussischen Behörden und vor allem Lukaschenko wollen auf alle Maßnahmen reagieren, die im In- und Ausland gegen sie ergriffen werden", so der belarussische Politologe. Dabei spiele es keine Rolle, dass sich solche Maßnahmen als seltsam erweisen würden.

Diese Einschätzung teilt auch Kateryna Bornukowa. Sie ist Direktorin des BEROC-Zentrums für Wirtschaftsforschung in Minsk, einer von Schweden finanzierten Denkfabrik. Bornukowa meint, die Gegenmaßnahmen machten wirtschaftlich keinen Sinn: "Es musste etwas geschehen, daher verhängten die Behörden Sanktionen gegen offensichtliche 'Verdächtige'. Die großen Unternehmen haben aber nur einen geringen Anteil am belarussischen Markt. Das wird sie nicht erschüttern, zumal ihre Produkte gar nicht in Belarus hergestellt werden."

Die Volkswagen AG lässt Škoda-Autos auch im russischen Kaluga fertigenBild: AP

Lieferanten aus Russland betroffen

Sowohl Bornukowa als auch Kasakewitsch weisen darauf hin, dass sich die belarussischen Gegensanktionen auf Importe aus Russland auswirken werden, da die meisten Produkte von Škoda und Nivea, die in Belarus verkauft werden, gerade dort hergestellt werden. Der belarussische Zoll bekräftigte, das Verbot gelte auch für Waren, die in den Ländern der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU), einem Bund aus fünf Staaten der ehemaligen Sowjetunion, produziert werden.

Laut dem belarussischen Ministerpräsidenten Roman Golowtschenko "akzeptieren und unterstützen" die EAWU-Länder das belarussische Vorgehen. Doch die Wirtschaftsexpertin Bornukowa spricht von einem Präzedenzfall und vermutet: "Trotz des 'Verständnisses', wie Golowtschenko sagt, werden die Russen irgendwann unzufrieden sein."

Russische Experten glauben hingegen nicht, dass die belarussischen Maßnahmen das Verhältnis zwischen Minsk und Moskau beeinträchtigen werden. "Im vergangenen Jahr hat Škoda rund 3700 Autos nach Belarus verkauft. Selbst wenn sie alle aus russischen Fabriken kämen, wären das nur zwei Prozent der Produktion des Konzerns in Russland - ein unangenehmer Verlust, aber kein tödlicher", sagte Andrej Toptun von der russischen Forschungsagentur "Autostat" der DW.

Maßnahmen treffen eigene Bevölkerung

Alexej Kornejew vom russischen Finanzportal meint auch, es handele sich um so geringe Liefermengen, dass die belarussischen Maßnahmen das Verhältnis zwischen Russland und Belarus nicht trüben werden. "Aber ich sehe in ihnen auch keinen Nutzen", betonte er. Zu den Erfahrungen mit den russischen Maßnahmen, die gegen die vom Westen im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Russland-Sanktionen der Jahre 2014-2015 ergriffen worden waren, sagte er: "In Russland lagen danach Produkte minderer Qualität in den Geschäften und dann wurde das ganze Unterfangen aufgegeben."

Laut Kateryna Bornukowa wird es in Belarus ähnlich laufen. "Zuallererst werden die belarussischen Verbraucher unter einer geringeren Auswahl zu leiden haben", so die Expertin. Zudem würden die Gegensanktionen die eigenen inländischen Autohändler und Vertreiber der Waren treffen. Bornukowa zufolge könnten die jetzt sanktionierten Unternehmen von der Maßnahme sogar noch profitieren. Denn der Imagegewinn durch die Weigerung, die WM zu sponsern, könnte sich als viel wichtiger erweisen als der Verlust des belarussischen Marktes.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk

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